Benutzer:MorgenlandfahrtBRB/gaucksiko
Man kann gar nicht soviel essen, wie man kotzen möchte
Alle Jahre wieder findet zu Beginn des Jahres die Münchener Sicherheitskonferenz, eine Tagung von internationalen Sicherheitspolitikern, Militärs und Rüstungsindustriellen, statt. [1] Bundespräsident Gauck nutzte die Gelegenheit Deutschlands zukünftige Rolle in der Welt zu beschreiben. [2] Militärische Intervention rund um den Globus sollen nach Gauck zum Normalfall werden. Natürlich nicht im Alleingang, sondern im Rahmen der EU oder NATO. In diesem Zusammenhang fordert unser Bundespräsident dann auch indirekt den Umbau der NATO zu einem offensiven globalen Interventionsbündnis und ganz direkt höhere Militärausgaben. Zitat: "An der Nato halten wir fest. Aber über die Ausrichtung der Allianz debattieren wir seit Jahren, und ihrer finanziellen Auszehrung werfen wir uns nicht entgegen." Wie titelt der Spiegel-online so schön: "Gauck auf Sicherheitskonferenz: Deutschland, auf in die Welt" [3]
Zitat Gauck: "Seit der Wiedervereinigung hat sich Deutschland auf den Weg gemacht. Schritt um Schritt wird die Bundesrepublik von einem Nutznießer zu einem Garanten internationaler Sicherheit und Ordnung. [...] Die Bundesrepublik muss dabei auch bereit sein, mehr zu tun für jene Sicherheit, die ihr über Jahrzehnte von anderen gewährt wurde."
Wie begründet Gauck Deutschlands neue Rolle als globale Ordnungsmacht? Zitat: "Deutschland ist überdurchschnittlich globalisiert und profitiert deshalb überdurchschnittlich von einer offenen Weltordnung - einer Weltordnung, die Deutschland erlaubt, Interessen mit grundlegenden Werten zu verbinden. Aus all dem leitet sich Deutschlands wichtigstes außenpolitisches Interesse im 21. Jahrhundert ab: dieses Ordnungsgefüge, dieses System zu erhalten und zukunftsfähig zu machen." Die aktuelle Weltordnung ist für uns profitabel, deshalb sollten wir sie mit militärischer Gewalt aufrecht erhalten. Deutschlands Sicherheit wird also am Hindukusch verteidigt und auch die Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen mit militärischer Gewalt wird durch diesen Begründungszusammenhang gedeckt. Werteorientierung meint wohl militärische Angriffe zum vermeindlichen Schutz von Menschenrechten. Zitat: "Zudem sollte es heute für Deutschland und seine Verbündeten selbstverständlich sein, Hilfe anderen nicht einfach zu versagen, wenn Menschenrechtsverletzungen in Völkermord, Kriegsverbrechen, ethnischen Säuberungen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit münden."
Kein Wort zur verlogenen Doppelmoral in den internationalen Beziehungen. Kein Wort zu politischen Lösungsansätzen für die globalen Verwerfungen oder zu der fehlenden Demokratie auf diesem Planeten. Niemand, auch der Bundespräsident, käme auf die Idee Russland, China oder Saudi-Arabien anzugreifen. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit im Rahmen einer globalisierten Welt gestaltet sich profitabel, da stören fehlende Menschenrechte doch nicht wirklich. Und was interessiert uns die Ausbeutung von Mensch und Natur am anderen Ende der Welt, solange sie für uns profitabel ist. Deutschland will weiterhin die Sahne des globalen Kapitalismus abschöpfen und ist nach Gauck dafür bereit diesen Anspruch zukünftig stärker militärisch zu unterstreichen. Gemäß den offizellen Zahlen des Weltflüchtlingswerkes (UNHCR) ist Kolumbien mit Abstand das Land mit den meisten Flüchtlingen weltweit. Man ist mit Gauck fast geneigt zu sagen: Bundeswehr, auf in die kolumbianischen Dschungel Ordung und Sicherheit wieder herstellen.
Wir PIRATEN lehnen diese Haltung ab. In unserem Grundsatzprogramm heißt es: "PIRATEN denken und handeln global. Wir formulieren nicht die Interessen Deutschlands oder Europas, sondern eine Außenpolitik, welche die Bedürfnisse aller Menschen im Blick hat." [4] Wir stehen für eine postnationale Außenpolitik, weil wir begriffen haben, dass Konflikte in der heutigen Zeit nicht mehr vorrangig zwischen Nationalstaaten, sondern zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen verlaufen. Uns geht es um Teilhabe an der Gesellschaft. Milliarden Menschen leben am Rand der von Gauck propagierten Weltordnung. Ohne Rechte, ohne Stimme. Und wer hat diese Weltordnung geschaffen? Es sind genau jene Sicherheitspolitiker, Militärs und Rüstungsindustriellen, welche sich jedes Jahr in München treffen. Globale Demokratie scheitert nicht an Afrika, Asien oder Südamerika, sondern an Europa und Nordamerika. Wir sind vergleichsweise wenige Menschen und nicht gewillt dem Rest der Welt gleichberechtigten Zugang zu globalen Entscheidungen zu gewähren. 'One (wo)man, one vote' bedeutet, dass die Entrechteten dieser Welt die Regeln setzen könnten. Die Frage nach einem sozialen Ausgleich auf diesem Planeten wäre schnell entschieden. Seit Jahrhunderten begründen wir die westliche Vormachtstellung und die damit verbundenen Privilegien durch militärische Gewalt. Wir wären gut beraten, diese Logik endlich zu durchbrechen.
Und auch zum digitalen Ausverkauf unserer Menschen- und Bürgerrechte hat Gauck noch etwas zu sagen. Zitat: "Wir beschweren uns, zu Recht, wenn Verbündete bei der elektronischen Gefahrenabwehr über das Ziel hinausschießen. Und doch ziehen wir es vor, auf sie angewiesen zu bleiben, und zögern, die eigenen Fähigkeiten zur Gefahrenabwehr zu verbessern." Aha! Die offensichtliche Tatsache, dass es bei den digitalen Spionageprogrammen um Wirtschaftsspionage und allgemein Kontrolle über die Menschen geht wird einfach ignoriert (Stichwort #Merkelphone) und als durchaus legitime Gefahrenabwehr verharmlost. Nett, dass uns Gauck wenigstens das Recht zuspricht sich beschweren zu dürfen. Weniger nett, dass er im nächsten Atemzug gleich eine deutsche NSA fordert.
[1] http://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%BCnchner_Sicherheitskonferenz
[4] http://wiki.piratenpartei.de/Parteiprogramm#Au.C3.9Fen-_und_Sicherheitspolitik