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Antragsfabrik/LPT 2012.2/Wählbarkeit von Richtern und Staatsanwälten und vergleichbaren Entscheidungsträgern in der Justiz: Unterschied zwischen den Versionen

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(Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen)
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==== Piraten, die sich vrstl. enthalten ====
 
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Aktuelle Version vom 27. Juli 2012, 12:44 Uhr

Pictogram voting wait blue.svg Dies ist ein am 12.07.2012 eingereichter Programmantrag für den LPT 2012.2 von Edmund Müller.

Bitte diskutiere den Antrag, und bekunde Deine Unterstützung oder Ablehnung auf dieser Seite.
Der Antragstext darf nicht mehr verändert werden!
Eine Übersicht aller Anträge findest Du auf der Seite Antragsfabrik/LPT 2012.2.

Änderungsantrag Nr.
GP003
Beantragt von
Edmund Müller
Betrifft
Parteiprogramm
Beantragte Änderungen

Gemäß ihres basisdemokratischen Selbstverständnisses setzen sich die Piraten dafür ein, dass Richter, Staatsanwälte und andere Entscheidungsträger mit richterähnlichen Befugnissen in der Justiz in ihren Ämtern regelmäßig demokratisch auf begrenzte Zeit legitimiert werden. In Anlehnung an die Legislaturperioden der Parlamente soll die entsprechende "Judikaturperiode" eine gewählten Amtsträgers regelmäßig ebenfalls vier Jahre betragen. Gewählt werden die Amtsträger von den wahlberechtigten Bürgern ihres jeweiligen Gerichtsbezirkes.

Begründung

Kein staatliches Amt erlaubt es einzelnen Personen so einschneidend in das Leben der Bürger einzugreifen, wie das Amt des Richters. Dabei ist dieses Amt gleichzeitig aufgrund der überspannten Auffassung vom Sinn richterlicher Unabhängigkeit sowenig Kontrollen zugänglich wie sonst keines (Siehe hierzu Antrag zu gewählten Ombudsmännern in der Justiz).

In strafrechtlichen Ermittlungsverfahren haben Staatsanwälte richterähnliche Entscheidungsbefugnisse. Manche Rechtssachen werden auch von Rechtspflegern geleitet.

Richter werden beispielsweise in Brandenburg von einem 12-köpfigen Richterwahlausschuss gewählt, welchem unter anderem lediglich 8 Mitglieder des Landtages angehören. Die ohnehin schon vorhandene Reduktion der direkten Demokratie durch die gewählten Volksvertreter wird nochmal auf eine Auswahl derselben reduziert. Ist ein Richter einmal vom Ausschuss gewählt bleibt er lebenslang im Amt und kann zwar theoretisch, praktisch aber nicht mehr aus diesem entfernt werden, gleich welche dienstlichen Verfehlungen er in Ausübung seines Amtes begehen mag (Siehe hierzu Antrag zu gewählten Ombudsmännern in der Justiz). Eine Qualtitätskontrolle seiner Arbeit erfährt der Richter dadurch nicht mehr.

In Brandenburg haben die kritischen Äusserungen einer Landtagsabgeordneten der Linken, Frau Margitta Mächtig, welche dem Richterwahlausschuss angehört, zu emotionalen politischen Diskussionen geführt. Siehe: http://www.fdp-fraktion-brandenburg.de/Linke-missbraucht-Entscheidungen-des-Richterwahlausschusses-fuer-billige-Profilierung/4904c7366i1p/index.html. Dabei hat Frau Mächtig meines Erachtens als "Nahezu-Whistleblower" die Fragwürdigkeit des Prozederes zu Recht plastisch dargestellt. Ihre Beschreibung erinnert ein wenig an die Abstimmung zum Verkauf der Daten durch die Meldeämter im Bundestag, welche ja erhebliche Wellen geschlagen hat.

Wählbarkeit von Amtsträgern in entscheidenden Positionen ist das Herz einer jeden Demokratie. Es ist nicht nachvollziehbar, dass die gesamte Säule der dritten Gewalt einer demokratischen Legitimation weitgehend entzogen ist.

Wählbarkeit hat auch zur Folge, dass Nachwuchsjuristen mit frischen Ideen und modernen Auffassungen die Justiz leichter bereichern können. Gewählte Amtsträger haben einen Ansporn ihre Arbeit sorgfältig und selbstkritisch zu verrichten. Die weithin feststellbare Abgehobenheit der Justiz von der Bevölkerung würde reduziert. Sie würde basisnäher werden.

Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Dazu gehört auch die Dritte Gewalt. Die Auslegung der Gesetze, welche von gewählten Volksvertretern erlassen werden, ist nicht minder wichtig, als deren Entstehungs- und Änderungsprozess. Erst die Auslegung der Gesetze durch die Rechtsprechung setzt diese praktisch um. Diese Auslegung muss daher auf ebenso breiter demokratischer Basis geschehen.



Unterstützung / Ablehnung

Piraten, die vrstl. FÜR diesen Antrag stimmen

  1. Achim Ag (Agnito)
  2.  ?
  3. ...

Piraten, die vrstl. GEGEN diesen Antrag stimmen

  1. Kdr Kay Drews
  2. RicoB CB Das hat in diesem Detailierungsgrad (gesehen im Zusammenhang mit den folgenden GP-Anträgen!) nichts im Grundsatzprogramm zu suchen.
  3. Frank Steinert
  4. niewi
  5. ...

Piraten, die sich vrstl. enthalten

  1.  ?
  2.  ?
  3. ...

Diskussion

Bitte hier das für und wider eintragen.

Argument 1

Achim Ag (Agnito)

Dein Antrag ist verführerisch, als Basispirat konnte ich mich nicht entziehen mit "Ja" zu stimmen. Allerdings ist er auch sehr problematisch. Ich habe eine Weile in Florida gelebt. Ein Verwandter war dort Richter und wurde, wie dort üblich, durch das Volk gewählt. Interessante Gerichtsverfahren werden dort vollständig im Fernsehen gezeigt, der Job ist sehr populär. Das Problem liegt darin, dass Richter in der Regel nicht vom liberalen Geist umweht werden, eher anfällig für die Augenblicksstimmung im Wahlvolk sind. Trotzdem ein gequältes "Ja" für Deinen Antrag. Staatsanwälte sollten nicht gewählt werden.


Edmund Müller

Es freut mich, dass der basisdemokratische Ansatz ein spontanes "Ja" entlocken würde. Wie Du schreibst, macht es uns die Nation, die schon lange vor uns die Demokratie einführte, während bei uns noch absolutistische Fürsten regierten vor, wie die dritte Gewalt konstituiert werden kann. Anscheinend seit fast einem viertel Jahrtausend funktionierend. Über langfristige Justizunzufriedenheit und -verdrossenheit hört man aus den USA nichts. Kein Wunder, man kann ja untragbare Richter abwählen.

Was Du als Problem erwähnst, kann für Basisdemokraten eigentlich keines sein. Im Kern argumentierst Du, der Richter wäre nicht mehr objektiv, sondern beeinflusst, weil er nach der Stimmung im Wahlvolk schielt.

In der Demokratie geht alle Staatsgewalt vom Volke aus. Es ist der Souverän. Sein Wille und seine Stimmung ist sozusagen das nonplusultra in Sachen Maßgeblichkeit. Alles was das Volk demokratisch wählt, soll ja gerade seinen Willen und seine Stimmung repräsentieren, ist die Legitimation jedes demokratisch gewählten Organs.

Wer für die Demokratie eintritt muss damit leben. Irgendeine Stimmung wird das Volk immer haben. Die Zusammensetzung der Parlamente ist ja sozusagen auch ein Spiegel der Stimmung im Volk. Es käme ja auch keiner auf die Idee die Paralmentswahlen kritisch zu sehen, weil die Zusammensetzung des Parlament für die Augenblicksstimmung des Volkes zum Zeitpunkt der Wahl anfällig ist.

Ist es nicht besser, wenn sich ein Richter Gedanken macht, welchen Eindruck seine Arbeit beim Wahlvolk hinterlässt? Sein Amt ist ja kein Selbstzweck, damit er was zu tun hat, sondern Dienst an eben jenem Volk.

Wodurch könnte denn heute seine Entscheidung nicht objektiv beeinflusst sein?

Er ist lebenslang zum Richter ernannt, hat quasi absolutistische Entscheidungsfreiheit, sofern die "Selbstkontrolle" der Justiz nicht greift, also ein Kollege eine Entscheidung gegen ihn fällt. Es ist anzunehmen, dass er hierbei nach der Stimmung, dem Gruppenkodex, dem Korpsgeist der Kollegen schielt, die einzigen, welche ihm nahe treten könnten.

Hier hat sich eine Oligarchie von Amtsträgern herausgebildet, die sich demokratisch unzureichend legitimiert dennoch als staatstragend und staatswahrend empfindet, keiner Kontrolle von aussen unterliegt, und jedem Neuankömmling beibringt, wie "wir die Sachen hier am Gericht" regeln. Die zur Verfügung stehenden "Selbstkontrollmechanismen" der Justiz werden dann allenfalls angewandt um Abweichler auszusieben.

Aus demokratischer Sicht, halte ich es für weit besser, wenn der Richter sich bei seinen Entscheidungen am Wahlvolk orientiert, als am Gruppenzwang eines fürwahr elitären Kreises, zu dem man die Zugehörigkeit ungern verspielt. Der Hintergedanke nicht den eigenen lebenslangen Job zu verlieren, in dem man sich gut einrichten kann, kann auch beträchtlichen Einfluss nehmen.

Und warum sollte eine einzelne Person, welche lebenslang ernannt wird und danach keiner Qualitätskontrolle mehr unterliegt, es soviel besser machen, als das Volk, in dessen Namen sie Recht spricht?

Bei der Schaffung der Demokratie hatte man einige Schwierigkeiten in unserem Land. Die Konstitutierung der dritten Gewalt in ihrer jetztigen Form sind noch Reminiszenzen aus absolutistischen und monarchistischen Zeiten. Eine der tragenden Säulen der Demokratie, oder besser die mächtigste Gewalt im Staat, ist im Grunde kaum demokratisch legitimiert, bildet eine Elite, welche bei jedem Kontrollversuch exzessiv auf ihre Unabhängigkeit pocht. Da kann man sich am Modell der USA finde ich, viel abgucken.

Bei der Schaffung der Demokratie hat man sich auf die Aufteilung der Macht in Legislative, Exekutive und Judikative festgelegt. Wie würde man die Sache denn handhaben, hätte man die Judikative einfach "vergessen"? Wie würde dann Recht gesprochen? Man würde dann vermutlich die Sachen demokratisch durch das Volk entscheiden lassen.

Beispielsweise hatten die Germanen keine Richter, und Recht wurde in der Versammlung der Freien gesprochen, dem Thing. Alle (Freien) waren für Recht und Gerechtigkeit zuständig. Nun, das Wahlvolk war damals auch überschaubar. Wir haben das heute, wie so vieles, auf einige Personen delegiert. Diese Delegation sollte aber auch demokratisch erfolgen.

Der Thing ist auch ein schönes Beispiel, wie ein in und für sich demokratisch erscheinendes Institut schon undemokratisch konstituiert werden kann: Die Versammlung der "Freien" beinhaltete ja nicht alle. Frauen waren da beispielsweise nicht dabei.

Ähnlich sieht es mit unserer Judikativen aus. Äusserlich in ein demokratisches Gewand gekleidet, ist ein entscheidendes Element, nämlich ihre personelle Besetzung ziemlich undemokratisch.

Wenn "Richter in der Regel nicht vom liberalen Geist umweht werden", könnte dies auch daran liegen, dass dieser Geist nicht durch demokratische Wahlprozesse Einzug finden kann. Stattdessen werden die Werte eines oligarchischen Kreises, welcher auf lebenslange Ernennung basiert, von Richtergeneration zu Richtergeneration tradiert. Während sich die demokratische Meinung im Volk längst gewandelt haben könnte, würde sich in seiner Judikativen Jahrzehnte alte Attitüden weiterhin halten.

Interessant, dass Gerichtsverhandlungen in den USA sogar im Fernshen übetragen werden. Könnte bei uns diese unrealistischen Gerichtssendungen in den privaten Sendern realitätsnah ersetzen :-)

Und warum sollen Staatsanwälte nicht gewählt werden?

Argument 2

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