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Benutzer:Tojol/Verschiedenes/AnrufungOPT

12.527 Bytes hinzugefügt, 20:39, 6. Apr. 2017
Einstellung Klageschrift
== Anrufung der Schiedsgerichtsbarkeit bezüglich des Onlineparteitages ==

Diese Seite dokumentiert meine Anrufung der Schiedsgerichtsbarkeit in Folge des ersten Online-Landesparteitages. Bis auf Weiteres gehe ich gehe davon aus, dass dies im Einverständnis der übrigen Prozessbeteiligten erfolgt.

Diese "Benutzerseite ist" nur von mir selbst zu bearbeiten.

Etwaige Beiträge auf der Seite "Diskussion" behalte ich mir vor als Statement stehenzulassen oder auch zu löschen - also mein "Hausrecht" zu nutzen. Insbesondere Unterstellungen oder Vermutungen zu Handlungsmotiven haben schlechte Überlebenschancen. Inhaltlich werde ich mich während des Verfahrens nicht äußern.

[[Benutzer:Tojol|Tojol]] ([[Benutzer Diskussion:Tojol|Diskussion]]) 20:38, 6. Apr. 2017 (CEST)

=== Text der Klageschrift vom 20. März 2017 (korrigierte Fassung) ===

===== Klage =====
des Thomas Langen, <Adresse gelöscht>,
gegen
den Online-Parteitag (die virtuelle Mitgliederversammlung) des
Landesverbandes Brandenburg der Piratenpartei Deutschland, diese
vertreten durch den
amtierenden Vorstand des Landesverbandes Brandenburg der Piratenpartei
Deutschland, Garnstr. 36, 14482 Potsdam.

Es wird beantragt festzustellen,

1. dass die Akkreditierung der Mitglieder des Online-Parteitages vom 26.Februar 2017 nicht den gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben entsprochen hat;

2. dass weder nachvollziehbar war, dass alle anwesenden stimmfähigen Beteiligten des Online-Parteitages auch stimmberechtigte Mitglieder
waren noch dass alle stimmberechtigten Mitglieder die Möglichkeit zur Beteiligung hatten;

3. dass die Möglichkeit zur Verfälschung des Abstimmergebnisses durch einzelne Beteiligte oder unbeteiligte Dritte in nicht hinnehmbaren Maße gegeben war;

4. dass damit die Willensbildung auf dem Online-Parteitag in nicht hinnehmbaren Maße beeinträchtigt war;

5. dass zudem die Vertraulichkeit des Abstimmungsverhaltens aufgrund nicht durchsetzbare Verbote umfassender visueller Aufzeichnungen („Screenshots“) nicht gewährleistet werden kann;

6. dass damit alle Abstimmungsergebnisse des genannten Onlineparteitags, hilfsweise das Abstimmungsergebnis zum Positionspapier 4, ungültig sind.

Darüber hinaus wird beantragt, dass durch eine einstweilige Anordnung
die weitere Durchführung von Onlineparteitagen in einer Form, die die
aufgeführten Klagepunkte (oder einen vom Schiedsgericht festgelegten
Teil davon) nicht ausräumt, bis zur Entscheidung in der Hauptverhandlung
untersagt wird.

Ferner wird angeregt von Amts wegen zu überprüfen, ob das Schiedsgericht
als Ganzes oder einzelne Richter des Schiedsgericht als Beteiligte des
Online-Parteitages befangen sind.

===== Begründung =====

zu Punkt 1:

Die Mitgliederversammlung muss gemäß Parteiengesetz (§ 10 (2)) allen
Mitgliedern das gleiche Stimmrecht gewährleisten. Diese Gewährleistung
ist bereits durch die technischen Hürden der eingesetzten Software
(Mumble) und notwendigen stabilen Onlineverbindung insbesondere im
Flächenland Brandenburg mit seiner immer noch unzureichenden
Netzausstattung fraglich. Diese Hürden können bereits im Vorfeld zu
einem Verzicht führen, auch damit eigene oder äußere Unzulänglichkeiten
persönlicher, organisatorischer oder technischer Natur nicht offenbar
werden.

Gemäß § 24a (2) der Landessatzung muss der Abstimmende persönlich als
stimmberechtigt identifizierbar sein. Diese Bindung gilt nicht nur für
die Versammlungsleitung und die Akkreditierenden, sondern für alle
Mitglieder des Landesverbandes. Die Feststellung der Stimmberechtigung
durch die Akkreditierung wird, wie in den Erläuterungen zu den folgenden
Punkten dargelegt, bezweifelt. Eine Identifizierung von Teilnehmern, die
mit beliebigen Namen oder Pseudonymen auftreten, ist für am
Onlineparteitag teilnehmende oder nicht teilnehmende Mitglieder ohne
besondere Rechte nicht möglich. Einerseits ist unklar, wer sich hinter
einem Mumble-Nutzernamen verbirgt, andererseits bietet Mumble für
Mitglieder ohne besondere Rechte -auch aufgrund derer Stummschaltung-
nicht die Möglichkeit, durch Kommunikation Zweifel an einer persönlichen
Identität in einer Weise auszuräumen, die der visuellen und akustischen
Überprüfung auf Präsenzparteitagen auch nur annähernd vergleichbar ist.

zu Punkt 2:

Die Feststellung der Identität aller Teilnehmer am Onlineparteitag und
deren Stimmberechtigung obliegt vollständig den Akkreditierenden. Diesen
können einerseits Irrtümer unterlaufen -wie auch auf
Präsenzparteitagen-, zum Anderen ist es ihnen aber ohne größere
Entdeckungsgefahr möglich, unberechtigte Teilnehmer (mit beliebigen
Mumble-Nutzernamen) zuzulassen oder diese gar vollständig zu erfinden
(„Fake-Mitglieder“). Diese Möglichkeit der Manipulation ist bei
Onlineparteitagen ungleich größer als bei Präsenz-Parteitagen. Zudem
lässt sie sich nach Ablauf des Parteitages nicht mehr überprüfen; das
Entdeckungsrisiko beschränkt sich also im Wesentlichen auf den Zeitraum
des erstmaligen Erscheinens eines Teilnehmers im Mumble.
Die verwendete Technik ist intransparent für mindestens einen Großteil
der Teilnehmer – inwieweit die Mumble-Zertifizierung eine hinreichend
stabile persönliche Bindung für die gesamte Dauer des Online-Parteitages
an einen stimmberechtigten Teilnehmer gewährleistet, ist nicht
nachzuvollziehen. Genauso wenig ist es nachzuvollziehen, wer überhaupt
Zugriff auf die verwendete Mumble-Instanz hat, und welche Möglichkeiten
sich hieraus ergeben. Weiterhin ist die Integrität der verwendeten
Software fraglich – es handelt sich zwar um Open-Source-Software; aber
ob sie in der Originalversion oder modifiziert eingesetzt wird, lässt
sich nicht überprüfen. Gegen mögliche „Backdoors“ (Zugriffsmöglichkeiten
Dritter) sind keinerlei Vorsichtsmaßnahmen erkennbar.

Die Akkreditierung des Klägers ist vollständig nicht nur ohne visuellen,
sondern auch ohne akustischen Kontakt (mit einer zumindest rudimentären
Erkennbarkeit), erfolgt. Die einzige Kontaktaufnahme erfolgte über den
schriftlichen Mumble-Chat („Hallo Thomas!“ - „Hallo“), unmittelbar
danach wurde der offenbar bekannte und zertifizierte Mumble-Account des
Klägers ohne Abfrage der im Vorfeld per unverschlüsselter und
unsignierter (und damit leicht manipulierbaren) E-Mail versandten PIN
freigeschaltet – zu diesem Zeitpunkt hätte jeder, der Zugriff auf den
Rechner des Klägers hat, sich als berechtigter Teilnehmer ausgeben
können. Eine gewisse Identifizierung des Klägers durch Dritte war erst
zu dem Zeitpunkt möglich, als dieser sich akustisch an der
Meinungsfindung beteiligte (charakteristische Sprache). Es ist
anzunehmen, dass Fehlakkreditierungen problemlos möglich gewesen sind
und spätestens nach Auswertung dieses Onlineparteitages auch versucht
werden.

Weiterhin ist nicht nachzuvollziehen, ob alle stimmberechtigten
Mitglieder über ihre Teilnahmemöglichkeit informiert waren (allerdings
haben sie hierbei auch eine gewisse eigene Informationspflicht) und ob
sie tatsächlich ihre per offener E-Mail versandte PIN erhalten haben,
die (eine) Grundlage für ihre Akkreditierung bilden sollte.

zu Punkt 3 und 5:

Es existieren mindestens folgende Möglichkeiten, selbst bei einer
erfolgreichen und ursprünglich an die stimmberechtigte Person gebundenen
Mumble-Zertifizierung, dass das letztlich protokollierte
Abstimmungsverhalten nicht dem Willen der am Online-Parteitag
teilnehmenden Mitglieder entspricht:

* Während der Online-Sitzung verfügt jemand Drittes am Ort des Mitgliedes über dessen Zugang.
* Ein berechtigtes Mitglied wird zu einem bestimmten Stimmverhalten genötigt. Dies wird bei einem Präsenzpartei wesentlich einfacher offenbar als bei einem Online-Parteitag.
* Aus Angst vor Sanktionen stimmt ein berechtigtes Mitglied entgegen seiner eigentlichen Meinung ab. Diese Sanktionsangst wird durch die einfache Aufzeichnung („Screenshots“) des Abstimmungsverhaltens befördert. Letzteres per Geschäftsordnung zu verbieten ist wirkungslos, besonders für Außenstehende. Die Vertraulichkeit des Abstimmungsverhaltens ist massiv beeinträchtigt.
* Während der Online-Sitzung verschafft sich jemand Drittes, der Zugang zur Software hat, Verfügungsgewalt über den Mumble-Account.
* Durch zusätzliche „Fake-Mitglieder“ (s. Punkt 2) ist insbesondere bei knappen Abstimmungsergebnissen dieses leicht verfälschbar.
* Die automatisierte Erfassung der „Ja“- und „Nein“-Stimmen durch ein Sich-Verschieben der abstimmenden Teilnehmer in entsprechende Mumble-“Räume“ ist softwaremäßig verfälschbar. Dies ist bei geringer Teilnehmerzahl aufgrund der einfachen visuellen Kontrolle der Abstimmungsräume unproblematisch, bei größerer Teilnehmerzahl sind knappe Ergebnisse softwaremäßig leicht verfälschend darstellbar.
* Offensichtlich abwesende, aber weiterhin eingeloggte, Teilnehmer werden durch mit besonderen Mumble-Rechten ausgestatteten Beteiligte in Abstimmungsräume manuell verschoben. Dies ist allerdings mit einer beachtlichen Entdeckungsgefahr verbunden.
* Technische Probleme werden bei unliebsamen Abstimmungen durch Personen, die Zugriff auf die serverseitige Technik haben, vorgetäuscht. Dieses Verfahren kann besonders bei eng terminierten Sitzungen erfolgreich sein und stellt eine qualitativ neue Möglichkeit des „Trollens“ dar.

Diese Manipulationsmöglichkeiten zeichnen sich weitgehend durch ein
geringes Entdeckungsrisiko aus, was charakteristisch für softwaremäßig
unterstützte Abstimmungsverfahren ist. Notwendige besondere
Absicherungsmaßnahmen dagegen sind nicht erkennbar.

zu Punkt 4:

Wie dargestellt, beruht der gesamte Online-Parteitag darauf, dass alle
Verantwortlichen ohne bösartige Absichten gehandelt haben und die
eingesetzte Technik einwandfrei und unbeeinträchtigt durch den Zugriff
Dritter funktioniert.

Diese Annahme lässt sich aber bestenfalls als „blauäugig“ bezeichnen.
Bisherige Piraten-Präsenz-Parteitage sind immer wieder mit der Vermutung
konfrontiert worden, dass seitens der Versammlungsleitung oder durch
Dritte unzulässig in deren Ablauf und insbesondere in die Abstimmungen
eingegriffen haben. Diese Möglichkeiten verlagern sich auf dem
Online-Parteitag zum Teil auf diejenigen, die administrativen oder
technischen Zugang zur verwendeten Soft- und Hardware haben.

Der administrative oder technische Zugang kann -unberechtigt- auch durch
externe Dritte erfolgen. Obwohl dieses Szenario für den (erstmalig
durchgeführten) Online-Parteitag der Brandenburger Piraten mit seiner
sehr begrenzten Wirkung auch vom Kläger für unwahrscheinlich gehalten
wird, steigt diese Wahrscheinlichkeit jedoch mit weiteren derartig
durchgeführten Online-Parteitagen. Die bekannte Technik-Affinität eines
Großteils von Piraten lässt derartige Versuche selbst aus dem
Parteiumfeld geradezu vermuten. Umso mehr besteht die Gefahr einer
Manipulation durch parteiferne Akteure, sobald zu vermuten ist, dass von
Online-Parteitagen unliebsame Wirkungen ausgehen.

Aus Sicht des Klägers sind die aufgeführten Punkte hinreichend, um
bereits die Integrität des durchgeführten Online-Parteitages in Frage zu
stellen. Ohne ausreichende Sicherungsmaßnahmen, die nach Meinung des
Klägers allerdings zu weiteren Komplikationen führen werden und die
Vefahrenstransparenz weiter absenken werden, sind Folge-Onlineparteitage
aber geradezu fahrlässig.

zu Punkt 6:

Die aufgeführten Manipulationsmöglichkeiten lassen ausreichend Zweifel
an der Willensbildung auf dem durchgeführten Online-Parteitag aufkommen,
so dass die Feststellung der Ungültigkeit aller Abstimmungsergebnisse
als geboten erscheint. Da die meisten Abstimmungsergebnisse jedoch mit
sehr deutlichen Mehrheiten versehen waren, ist insbesondere das
Abstimmungsergebnis zum Positionspapier 4 mit 10 „Ja“-Stimmen und 6
„Nein“-Stimmen bei 6 Enthaltungen begründet in Frage zu stellen.

Das Gericht möge berücksichtigen, dass der Nachweis von Manipulationen
von softwaretechnisch unterstützten Systemen mit zeitlich beschränkter
Existenz durchweg schwierig ist, und dass im Gegenzug ein
Entdeckungsrisiko wesentlich geringer ist als bei herkömmlichen Verfahren.

Der Kläger erhofft sich mit der Entscheidung zu dieser Klage bessere
Klarheit über die rechtliche Zulässigkeit von mit technischen
Hilfsmitteln durchgeführte Online-Piraten-Parteitage. Hinweise zu den
Möglichkeiten, wie diese zukünftig auszugestalten sind, sind ihm willkommen.

Cottbus, 20. März 2017

Thomas Langen
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