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(Beschluss im Verfahren LSG Bbg 17/1 vom 11.04.2017)
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Thomas Langen
 
Thomas Langen
  
=== Beschluss im Verfahren LSG Bbg 17/1 vom 11.04.2017 ===
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=== Beschluss des Landesschiedsgerichtes im Verfahren LSG Bbg 17/1 vom 11.04.2017 ===
  
 
In dem Verfahren Verfahren LSG Bbg 17/1
 
In dem Verfahren Verfahren LSG Bbg 17/1
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''Der vollständige Beschluss ist [https://wiki.piratenbrandenburg.de/images/b/b3/Schiedsgericht_17-1-anonym.pdf hier].''
 
''Der vollständige Beschluss ist [https://wiki.piratenbrandenburg.de/images/b/b3/Schiedsgericht_17-1-anonym.pdf hier].''
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=== Beschluss des Bundesschiedsgerichtes im Verfahren PP#100276262 vom 27.04.2017 ===
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In dem Verfahren PP#100276262
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'''Thomas Langen''', xxx,
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— Antragssteller und Beschwerdeführer —
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gegen
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den '''Online-Parteitag der Piratenpartei Brandenburg''',
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vertreten durch den Vorstand des Landesverbandes Brandenburg der Piratenpartei, Garnstraße 36,
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14482 Potsdam,
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— Antragsgegner —
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wegen
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'''Feststellung der Unzulässigkeit des Online-Parteitages Brandenburg'''
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hat das Bundesschiedsgericht am 27. April 2017 durch die Richter Mario Longobardi, Klaus Sommer-
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feld, Michael Ebner, Gregory Engels und Stefan Thöni entschieden
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1. '''Die Ziffern 3, 4 und 6 des Beschlusses des Landesschiedsgerichts Brandenburg vom 11. April
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2017 werden aufgehoben.'''
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2. '''Das Verfahren wird ans Landesschiedsgericht Brandenburg zurückverwiesen.'''
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==== I. Sachverhalt ====
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'''1.'''
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Am 26. Februar 2017 führte der Landesverband Brandenburg der Piratenpartei Deutschland einen
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Online-Parteitag gemäß § 22 der Landessatzung Brandenburg durch. Dieser fand auf dem Mumble-
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Server des Landesverbandes Brandenburg statt.
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'''2.'''
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Mit Klage vom 20. März 2017 beantragt der Antragssteller festzustellen,
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1. dass die Akkreditierung der Mitglieder des Online-Parteitages vom 26. Februar 2017 nicht den
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gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben entsprochen hat;
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2. dass weder nachvollziehbar war, dass alle anwesenden stimmfähigen Beteiligten des Online-
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Parteitages auch stimmberechtigte Mitglieder waren, noch dass alle stimmberechtigten Mitglie-
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der die Möglichkeit zur Beteiligung hatten;
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3. dass die Möglichkeit zur Verfälschung des Abstimmergebnisses durch einzelne Beteiligte oder
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unbeteiligte Dritte Stimmabgabe in nicht hinnehmbaren Maße gegeben war;
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4. dass damit die Willensbildung auf dem Online-Parteitag in nicht hinnehmbaren Maße beein-
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trächtigt war;
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5. dass zudem die Vertraulichkeit des Abstimmungsverhaltens aufgrund nicht durchsetzbare Ver-
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bote umfassender visueller Aufzeichnungen („Screenshots“) nicht gewährleistet werden kann;
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6. dass damit alle Abstimmungsergebnisse des genannten Onlineparteitags, hilfsweise das Ab-
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stimmungsergebnis zum Positionspapier 3, ungültig sind.
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'''3.'''
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Mit Beschluss vom 11. April 2017 schloss das Landesschiedsgericht Brandenburg in verschiedenen Be-
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setzungen drei seiner Richter von diesem Verfahren aus und erklärte sich daraufhin gegenüber dem
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Bundesschiedsgericht handlungsunfähig.
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'''4.'''
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Der Richter Holger van Lengerich ist aktuell beurlaubt und wird gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Schiedsgerichts-
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ordnung (SGO) durch den Ersatzrichter Stefan Thöni ersetzt.
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==== II. Gründe ====
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'''1.'''
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Zwar steht den Verfahrensparteien gemäß § 5 Abs. 6 S. 1 SGO gegen Entscheidungen, welche auf den
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Ausschluss eines Richters aus dem Verfahren lauten, kein Rechtsbehelf zur Verfügung, im Falle der
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Verweisung gemäß § 4 Abs. 4 S. 3 SGO prüft das Bundesschiedsgericht jedoch das Vorliegen der Vor-
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aussetzungen von Amtes wegen. Dabei trägt es insbesondere der Garantie des gesetzlichen Richters
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aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG) Rechnung. Die rechtswidrige Besetzung des Instanzgerichts
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nach einer Verweisung erst in der Berufung zu berücksichtigen wäre widersinnig.
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'''2.'''
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Entgegen den Erwägungen des Landesschiedsgerichts Brandenburg sind die Richter nicht bereits durch
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ihre Teilnahme an oder Akkreditierung auf einem Parteitag oder Online-Parteitag in allen Verfahren,
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welche diesen betreffen, durch § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGO i.V.m § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGO ausgeschlossen.
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In § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGO sind ersichtlich nur Organe der Exekutive gemeint. Parteitage, Online-Parteitage
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und der Basisentscheid sind jedoch Organe der Legislative. Einen Interessenkonflikt eines Richters,
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der lediglich Teilnehmer eines Parteitags war, wurde vom Satzungsgeber ersichtlich nicht unterstellt.
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(Beschluss des Bundesschiedsgerichts zu PP#100127862, II. A. 2.; vgl. auch Beschluss des Bundesschieds-
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gerichts zu PP#100271029). Ob § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGO auf die Inhaber von Versammlungsämtern Anwen-
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dung finden könnte, braucht hier nicht geklärt zu werden.
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Eine andere Auslegung wäre mit höherrangigem Recht aus § 10 Abs. 2 Parteiengesetz (PartG) unverein-
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bar. So müssen einerseits sämtliche Richter nach § 3 Abs. 1 SGO Parteimitglieder sein, andererseits ha-
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ben diese nach § 10 Abs. 2 PartG gleiches Stimmrecht und müssen zu diesem Zweck auch zur Teilnah-
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me an Parteitagen ihrer entsprechenden Gliederung als akkreditierte Mitglieder berechtigt sein. Die-
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ses zwingend zu garantierende Mitgliederrecht würde bei der Auslegung des Landesschiedsgerichts
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Brandenburg verletzt (Beschluss des Bundesschiedsgerichts zu PP#100127862, II. A. 3.).
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Das Landesschiedsgericht Brandenburg übersieht zudem, dass im Allgemeinen alle Gliederungen frei
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sind, weitere für den Bundessatzungsgeber nicht vorhersehbare Organe in ihren Satzungen vorzuse-
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hen. Selbst wenn zur Zeit kein von § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGO i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGO erfasstes Organ existiert, ist diese Norm nicht inhaltsleer.
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Somit sind die Richter Markus Hoffmann und Steffen Kern nicht aus dem Verfahren auszuschließen.
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3. Der Richter Holger Hoffmann hingegen ist als Antragssteller gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 7 SGO vom Verfahren,
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welches auch seinen Antrag betrifft, ausgeschlossen.
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4. Somit bleibt das Landesschiedsgericht Brandenburg in dieser Sache handlungsfähig, und das Verfah-
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ren ist an dieses zurückzuverweisen.
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Für das Bundesschiedsgericht
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Michael Ebner, Vorsitzender Richter
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Klaus Sommerfeld, Richter
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Gregory Engels , Richter
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Mario Longobardi , Richter
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Stefan Thöni, Richter
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==== Rechtsmittel ====
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Gegen Entscheidungen des Bundesschiedsgerichtes sind innerparteilich keine Rechtsmittel möglich.
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Gegebenenfalls können die ordentlichen Gerichte angerufen werden.

Version vom 28. April 2017, 09:03 Uhr

Anrufung der Schiedsgerichtsbarkeit bezüglich des Onlineparteitages

Diese Seite dokumentiert meine Anrufung der Schiedsgerichtsbarkeit in Folge des ersten Online-Landesparteitages. Bis auf Weiteres gehe ich gehe davon aus, dass dies im Einverständnis der übrigen Prozessbeteiligten erfolgt.

Diese "Benutzerseite" ist nur von mir selbst zu bearbeiten.

Etwaige Beiträge auf der Seite "Diskussion" behalte ich mir vor als Statement stehenzulassen oder auch zu löschen - also mein "Hausrecht" zu nutzen. Insbesondere Unterstellungen oder Vermutungen zu Handlungsmotiven haben schlechte Überlebenschancen. Inhaltlich werde ich mich während des Verfahrens nicht äußern.

Tojol (Diskussion) 20:38, 6. Apr. 2017 (CEST)

Text der Klageschrift vom 20. März 2017 (korrigierte Fassung)

Klage

des Thomas Langen, <Adresse gelöscht>, gegen den Online-Parteitag (die virtuelle Mitgliederversammlung) des Landesverbandes Brandenburg der Piratenpartei Deutschland, diese vertreten durch den amtierenden Vorstand des Landesverbandes Brandenburg der Piratenpartei Deutschland, Garnstr. 36, 14482 Potsdam.

Es wird beantragt festzustellen,

1. dass die Akkreditierung der Mitglieder des Online-Parteitages vom 26.Februar 2017 nicht den gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben entsprochen hat;

2. dass weder nachvollziehbar war, dass alle anwesenden stimmfähigen Beteiligten des Online-Parteitages auch stimmberechtigte Mitglieder waren noch dass alle stimmberechtigten Mitglieder die Möglichkeit zur Beteiligung hatten;

3. dass die Möglichkeit zur Verfälschung des Abstimmergebnisses durch einzelne Beteiligte oder unbeteiligte Dritte in nicht hinnehmbaren Maße gegeben war;

4. dass damit die Willensbildung auf dem Online-Parteitag in nicht hinnehmbaren Maße beeinträchtigt war;

5. dass zudem die Vertraulichkeit des Abstimmungsverhaltens aufgrund nicht durchsetzbare Verbote umfassender visueller Aufzeichnungen („Screenshots“) nicht gewährleistet werden kann;

6. dass damit alle Abstimmungsergebnisse des genannten Onlineparteitags, hilfsweise das Abstimmungsergebnis zum Positionspapier 4, ungültig sind.

Darüber hinaus wird beantragt, dass durch eine einstweilige Anordnung die weitere Durchführung von Onlineparteitagen in einer Form, die die aufgeführten Klagepunkte (oder einen vom Schiedsgericht festgelegten Teil davon) nicht ausräumt, bis zur Entscheidung in der Hauptverhandlung untersagt wird.

Ferner wird angeregt von Amts wegen zu überprüfen, ob das Schiedsgericht als Ganzes oder einzelne Richter des Schiedsgericht als Beteiligte des Online-Parteitages befangen sind.

Begründung

zu Punkt 1:

Die Mitgliederversammlung muss gemäß Parteiengesetz (§ 10 (2)) allen Mitgliedern das gleiche Stimmrecht gewährleisten. Diese Gewährleistung ist bereits durch die technischen Hürden der eingesetzten Software (Mumble) und notwendigen stabilen Onlineverbindung insbesondere im Flächenland Brandenburg mit seiner immer noch unzureichenden Netzausstattung fraglich. Diese Hürden können bereits im Vorfeld zu einem Verzicht führen, auch damit eigene oder äußere Unzulänglichkeiten persönlicher, organisatorischer oder technischer Natur nicht offenbar werden.

Gemäß § 24a (2) der Landessatzung muss der Abstimmende persönlich als stimmberechtigt identifizierbar sein. Diese Bindung gilt nicht nur für die Versammlungsleitung und die Akkreditierenden, sondern für alle Mitglieder des Landesverbandes. Die Feststellung der Stimmberechtigung durch die Akkreditierung wird, wie in den Erläuterungen zu den folgenden Punkten dargelegt, bezweifelt. Eine Identifizierung von Teilnehmern, die mit beliebigen Namen oder Pseudonymen auftreten, ist für am Onlineparteitag teilnehmende oder nicht teilnehmende Mitglieder ohne besondere Rechte nicht möglich. Einerseits ist unklar, wer sich hinter einem Mumble-Nutzernamen verbirgt, andererseits bietet Mumble für Mitglieder ohne besondere Rechte -auch aufgrund derer Stummschaltung- nicht die Möglichkeit, durch Kommunikation Zweifel an einer persönlichen Identität in einer Weise auszuräumen, die der visuellen und akustischen Überprüfung auf Präsenzparteitagen auch nur annähernd vergleichbar ist.

zu Punkt 2:

Die Feststellung der Identität aller Teilnehmer am Onlineparteitag und deren Stimmberechtigung obliegt vollständig den Akkreditierenden. Diesen können einerseits Irrtümer unterlaufen -wie auch auf Präsenzparteitagen-, zum Anderen ist es ihnen aber ohne größere Entdeckungsgefahr möglich, unberechtigte Teilnehmer (mit beliebigen Mumble-Nutzernamen) zuzulassen oder diese gar vollständig zu erfinden („Fake-Mitglieder“). Diese Möglichkeit der Manipulation ist bei Onlineparteitagen ungleich größer als bei Präsenz-Parteitagen. Zudem lässt sie sich nach Ablauf des Parteitages nicht mehr überprüfen; das Entdeckungsrisiko beschränkt sich also im Wesentlichen auf den Zeitraum des erstmaligen Erscheinens eines Teilnehmers im Mumble.

Die verwendete Technik ist intransparent für mindestens einen Großteil der Teilnehmer – inwieweit die Mumble-Zertifizierung eine hinreichend stabile persönliche Bindung für die gesamte Dauer des Online-Parteitages an einen stimmberechtigten Teilnehmer gewährleistet, ist nicht nachzuvollziehen. Genauso wenig ist es nachzuvollziehen, wer überhaupt Zugriff auf die verwendete Mumble-Instanz hat, und welche Möglichkeiten sich hieraus ergeben. Weiterhin ist die Integrität der verwendeten Software fraglich – es handelt sich zwar um Open-Source-Software; aber ob sie in der Originalversion oder modifiziert eingesetzt wird, lässt sich nicht überprüfen. Gegen mögliche „Backdoors“ (Zugriffsmöglichkeiten Dritter) sind keinerlei Vorsichtsmaßnahmen erkennbar.

Die Akkreditierung des Klägers ist vollständig nicht nur ohne visuellen, sondern auch ohne akustischen Kontakt (mit einer zumindest rudimentären Erkennbarkeit), erfolgt. Die einzige Kontaktaufnahme erfolgte über den schriftlichen Mumble-Chat („Hallo Thomas!“ - „Hallo“), unmittelbar danach wurde der offenbar bekannte und zertifizierte Mumble-Account des Klägers ohne Abfrage der im Vorfeld per unverschlüsselter und unsignierter (und damit leicht manipulierbaren) E-Mail versandten PIN freigeschaltet – zu diesem Zeitpunkt hätte jeder, der Zugriff auf den Rechner des Klägers hat, sich als berechtigter Teilnehmer ausgeben können. Eine gewisse Identifizierung des Klägers durch Dritte war erst zu dem Zeitpunkt möglich, als dieser sich akustisch an der Meinungsfindung beteiligte (charakteristische Sprache). Es ist anzunehmen, dass Fehlakkreditierungen problemlos möglich gewesen sind und spätestens nach Auswertung dieses Onlineparteitages auch versucht werden.

Weiterhin ist nicht nachzuvollziehen, ob alle stimmberechtigten Mitglieder über ihre Teilnahmemöglichkeit informiert waren (allerdings haben sie hierbei auch eine gewisse eigene Informationspflicht) und ob sie tatsächlich ihre per offener E-Mail versandte PIN erhalten haben, die (eine) Grundlage für ihre Akkreditierung bilden sollte.

zu Punkt 3 und 5:

Es existieren mindestens folgende Möglichkeiten, selbst bei einer erfolgreichen und ursprünglich an die stimmberechtigte Person gebundenen Mumble-Zertifizierung, dass das letztlich protokollierte Abstimmungsverhalten nicht dem Willen der am Online-Parteitag teilnehmenden Mitglieder entspricht:

  • Während der Online-Sitzung verfügt jemand Drittes am Ort des Mitgliedes über dessen Zugang.
  • Ein berechtigtes Mitglied wird zu einem bestimmten Stimmverhalten genötigt. Dies wird bei einem Präsenzpartei wesentlich einfacher offenbar als bei einem Online-Parteitag.
  • Aus Angst vor Sanktionen stimmt ein berechtigtes Mitglied entgegen seiner eigentlichen Meinung ab. Diese Sanktionsangst wird durch die einfache Aufzeichnung („Screenshots“) des Abstimmungsverhaltens befördert. Letzteres per Geschäftsordnung zu verbieten ist wirkungslos, besonders für Außenstehende. Die Vertraulichkeit des Abstimmungsverhaltens ist massiv beeinträchtigt.
  • Während der Online-Sitzung verschafft sich jemand Drittes, der Zugang zur Software hat, Verfügungsgewalt über den Mumble-Account.
  • Durch zusätzliche „Fake-Mitglieder“ (s. Punkt 2) ist insbesondere bei knappen Abstimmungsergebnissen dieses leicht verfälschbar.
  • Die automatisierte Erfassung der „Ja“- und „Nein“-Stimmen durch ein Sich-Verschieben der abstimmenden Teilnehmer in entsprechende Mumble-“Räume“ ist softwaremäßig verfälschbar. Dies ist bei geringer Teilnehmerzahl aufgrund der einfachen visuellen Kontrolle der Abstimmungsräume unproblematisch, bei größerer Teilnehmerzahl sind knappe Ergebnisse softwaremäßig leicht verfälschend darstellbar.
  • Offensichtlich abwesende, aber weiterhin eingeloggte, Teilnehmer werden durch mit besonderen Mumble-Rechten ausgestatteten Beteiligte in Abstimmungsräume manuell verschoben. Dies ist allerdings mit einer beachtlichen Entdeckungsgefahr verbunden.
  • Technische Probleme werden bei unliebsamen Abstimmungen durch Personen, die Zugriff auf die serverseitige Technik haben, vorgetäuscht. Dieses Verfahren kann besonders bei eng terminierten Sitzungen erfolgreich sein und stellt eine qualitativ neue Möglichkeit des „Trollens“ dar.

Diese Manipulationsmöglichkeiten zeichnen sich weitgehend durch ein geringes Entdeckungsrisiko aus, was charakteristisch für softwaremäßig unterstützte Abstimmungsverfahren ist. Notwendige besondere Absicherungsmaßnahmen dagegen sind nicht erkennbar.

zu Punkt 4:

Wie dargestellt, beruht der gesamte Online-Parteitag darauf, dass alle Verantwortlichen ohne bösartige Absichten gehandelt haben und die eingesetzte Technik einwandfrei und unbeeinträchtigt durch den Zugriff Dritter funktioniert.

Diese Annahme lässt sich aber bestenfalls als „blauäugig“ bezeichnen. Bisherige Piraten-Präsenz-Parteitage sind immer wieder mit der Vermutung konfrontiert worden, dass seitens der Versammlungsleitung oder durch Dritte unzulässig in deren Ablauf und insbesondere in die Abstimmungen eingegriffen haben. Diese Möglichkeiten verlagern sich auf dem Online-Parteitag zum Teil auf diejenigen, die administrativen oder technischen Zugang zur verwendeten Soft- und Hardware haben.

Der administrative oder technische Zugang kann -unberechtigt- auch durch externe Dritte erfolgen. Obwohl dieses Szenario für den (erstmalig durchgeführten) Online-Parteitag der Brandenburger Piraten mit seiner sehr begrenzten Wirkung auch vom Kläger für unwahrscheinlich gehalten wird, steigt diese Wahrscheinlichkeit jedoch mit weiteren derartig durchgeführten Online-Parteitagen. Die bekannte Technik-Affinität eines Großteils von Piraten lässt derartige Versuche selbst aus dem Parteiumfeld geradezu vermuten. Umso mehr besteht die Gefahr einer Manipulation durch parteiferne Akteure, sobald zu vermuten ist, dass von Online-Parteitagen unliebsame Wirkungen ausgehen.

Aus Sicht des Klägers sind die aufgeführten Punkte hinreichend, um bereits die Integrität des durchgeführten Online-Parteitages in Frage zu stellen. Ohne ausreichende Sicherungsmaßnahmen, die nach Meinung des Klägers allerdings zu weiteren Komplikationen führen werden und die Vefahrenstransparenz weiter absenken werden, sind Folge-Onlineparteitage aber geradezu fahrlässig.

zu Punkt 6:

Die aufgeführten Manipulationsmöglichkeiten lassen ausreichend Zweifel an der Willensbildung auf dem durchgeführten Online-Parteitag aufkommen, so dass die Feststellung der Ungültigkeit aller Abstimmungsergebnisse als geboten erscheint. Da die meisten Abstimmungsergebnisse jedoch mit sehr deutlichen Mehrheiten versehen waren, ist insbesondere das Abstimmungsergebnis zum Positionspapier 4 mit 10 „Ja“-Stimmen und 6 „Nein“-Stimmen bei 6 Enthaltungen begründet in Frage zu stellen.

Das Gericht möge berücksichtigen, dass der Nachweis von Manipulationen von softwaretechnisch unterstützten Systemen mit zeitlich beschränkter Existenz durchweg schwierig ist, und dass im Gegenzug ein Entdeckungsrisiko wesentlich geringer ist als bei herkömmlichen Verfahren.

Der Kläger erhofft sich mit der Entscheidung zu dieser Klage bessere Klarheit über die rechtliche Zulässigkeit von mit technischen Hilfsmitteln durchgeführte Online-Piraten-Parteitage. Hinweise zu den Möglichkeiten, wie diese zukünftig auszugestalten sind, sind ihm willkommen.

Cottbus, 20. März 2017

Thomas Langen

Beschluss des Landesschiedsgerichtes im Verfahren LSG Bbg 17/1 vom 11.04.2017

In dem Verfahren Verfahren LSG Bbg 17/1

Thomas Langen, xxx

– Antragsteller –

gegen

den Online-Parteitag der Piratenpartei Brandenburg

– Antragsgegner –

vertreten durch den Vorstand des Landesverbandes Brandenburg der Piratenpartei, Garnstraße 36, 14482 Potsdam

ergehen folgende Beschlüsse:

1. Das Verfahren wird eröffnet.

2. Dem Landesvorstand der Piratenpartei Deutschland, Landesverband Brandenburg wird aufgegeben,

   1. einen Vertreter, jedoch nicht den Antragsteller, für das Verfahren zu benennen (§ 9 Abs. 3 SGO).

   2. innerhalb eines Monats zur Klage gegenüber dem zuständigen Schiedsgericht (siehe Beschluss zu 6.1) Stellung zu nehmen.

   3. während des Verfahrens dem zuständigen Schiedsgericht (siehe Beschluss zu 6.1) unverzüglich anzuzeigen, wenn ein konkreter weiterer Online-Parteitag geplant wird.

3. Der Richter Markus Hoffmann wird aufgrund § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 SGO vom Verfahren wegen Befangenheit von Amts wegen durch die Richter Holger Hofmann, Lutz Conrad und die Ersatzrichterin Myriam Kalipke ausgeschlossen.

4. Der Ersatzrichter Steffen Kern wird aufgrund § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 SGO vom Verfahren wegen Befangenheit von Amts wegen durch die Richter Holger Hofmann, Lutz Conrad und die Ersatzrichterin Myriam Kalipke ausgeschlossen.

5. Der Richter Holger Hofmann wird aufgrund § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i.V.m. Nr. 1 und nach § 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 SGO vom Verfahren wegen Befangenheit von Amts wegen durch die Richter Lutz Conrad und die Ersatzrichterin Myriam Kalipke ausgeschlossen.

6. Das Landesschiedsgericht Brandenburg ist mit nur noch zwei Richtern im vorliegenden Verfahren handlungsunfähig.

   1. Das Verfahren wird an das Bundesschiedsgericht zwecks Verweisung an ein anderes Landesschiedsgericht übergeben (§ 4 Abs. 4 SGO).

   2. Ob und inwieweit das Bundesschiedsgericht über den Antrag auf einstweilige Anordnung selbst entscheidet oder diesen Antrag ebenfalls an ein anderes Landesschiedsgericht verweist, bleibt dem Bundesschiedsgericht selbst vorbehalten.

Der vollständige Beschluss ist hier.

Beschluss des Bundesschiedsgerichtes im Verfahren PP#100276262 vom 27.04.2017

In dem Verfahren PP#100276262

Thomas Langen, xxx,

— Antragssteller und Beschwerdeführer —

gegen

den Online-Parteitag der Piratenpartei Brandenburg,

vertreten durch den Vorstand des Landesverbandes Brandenburg der Piratenpartei, Garnstraße 36, 14482 Potsdam,

— Antragsgegner —

wegen

Feststellung der Unzulässigkeit des Online-Parteitages Brandenburg

hat das Bundesschiedsgericht am 27. April 2017 durch die Richter Mario Longobardi, Klaus Sommer- feld, Michael Ebner, Gregory Engels und Stefan Thöni entschieden

1. Die Ziffern 3, 4 und 6 des Beschlusses des Landesschiedsgerichts Brandenburg vom 11. April 2017 werden aufgehoben.

2. Das Verfahren wird ans Landesschiedsgericht Brandenburg zurückverwiesen.

I. Sachverhalt

1.

Am 26. Februar 2017 führte der Landesverband Brandenburg der Piratenpartei Deutschland einen Online-Parteitag gemäß § 22 der Landessatzung Brandenburg durch. Dieser fand auf dem Mumble- Server des Landesverbandes Brandenburg statt.

2.

Mit Klage vom 20. März 2017 beantragt der Antragssteller festzustellen,

1. dass die Akkreditierung der Mitglieder des Online-Parteitages vom 26. Februar 2017 nicht den gesetzlichen und satzungsgemäßen Vorgaben entsprochen hat;

2. dass weder nachvollziehbar war, dass alle anwesenden stimmfähigen Beteiligten des Online- Parteitages auch stimmberechtigte Mitglieder waren, noch dass alle stimmberechtigten Mitglie- der die Möglichkeit zur Beteiligung hatten;

3. dass die Möglichkeit zur Verfälschung des Abstimmergebnisses durch einzelne Beteiligte oder unbeteiligte Dritte Stimmabgabe in nicht hinnehmbaren Maße gegeben war;

4. dass damit die Willensbildung auf dem Online-Parteitag in nicht hinnehmbaren Maße beein- trächtigt war;

5. dass zudem die Vertraulichkeit des Abstimmungsverhaltens aufgrund nicht durchsetzbare Ver- bote umfassender visueller Aufzeichnungen („Screenshots“) nicht gewährleistet werden kann;

6. dass damit alle Abstimmungsergebnisse des genannten Onlineparteitags, hilfsweise das Ab- stimmungsergebnis zum Positionspapier 3, ungültig sind.

3.

Mit Beschluss vom 11. April 2017 schloss das Landesschiedsgericht Brandenburg in verschiedenen Be- setzungen drei seiner Richter von diesem Verfahren aus und erklärte sich daraufhin gegenüber dem Bundesschiedsgericht handlungsunfähig.

4.

Der Richter Holger van Lengerich ist aktuell beurlaubt und wird gemäß § 4 Abs. 3 S. 1 Schiedsgerichts- ordnung (SGO) durch den Ersatzrichter Stefan Thöni ersetzt.

II. Gründe

1.

Zwar steht den Verfahrensparteien gemäß § 5 Abs. 6 S. 1 SGO gegen Entscheidungen, welche auf den Ausschluss eines Richters aus dem Verfahren lauten, kein Rechtsbehelf zur Verfügung, im Falle der Verweisung gemäß § 4 Abs. 4 S. 3 SGO prüft das Bundesschiedsgericht jedoch das Vorliegen der Vor- aussetzungen von Amtes wegen. Dabei trägt es insbesondere der Garantie des gesetzlichen Richters aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 Grundgesetz (GG) Rechnung. Die rechtswidrige Besetzung des Instanzgerichts nach einer Verweisung erst in der Berufung zu berücksichtigen wäre widersinnig.

2.

Entgegen den Erwägungen des Landesschiedsgerichts Brandenburg sind die Richter nicht bereits durch ihre Teilnahme an oder Akkreditierung auf einem Parteitag oder Online-Parteitag in allen Verfahren, welche diesen betreffen, durch § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGO i.V.m § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGO ausgeschlossen.

In § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGO sind ersichtlich nur Organe der Exekutive gemeint. Parteitage, Online-Parteitage und der Basisentscheid sind jedoch Organe der Legislative. Einen Interessenkonflikt eines Richters, der lediglich Teilnehmer eines Parteitags war, wurde vom Satzungsgeber ersichtlich nicht unterstellt. (Beschluss des Bundesschiedsgerichts zu PP#100127862, II. A. 2.; vgl. auch Beschluss des Bundesschieds- gerichts zu PP#100271029). Ob § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGO auf die Inhaber von Versammlungsämtern Anwen- dung finden könnte, braucht hier nicht geklärt zu werden.

Eine andere Auslegung wäre mit höherrangigem Recht aus § 10 Abs. 2 Parteiengesetz (PartG) unverein- bar. So müssen einerseits sämtliche Richter nach § 3 Abs. 1 SGO Parteimitglieder sein, andererseits ha- ben diese nach § 10 Abs. 2 PartG gleiches Stimmrecht und müssen zu diesem Zweck auch zur Teilnah- me an Parteitagen ihrer entsprechenden Gliederung als akkreditierte Mitglieder berechtigt sein. Die- ses zwingend zu garantierende Mitgliederrecht würde bei der Auslegung des Landesschiedsgerichts Brandenburg verletzt (Beschluss des Bundesschiedsgerichts zu PP#100127862, II. A. 3.).

Das Landesschiedsgericht Brandenburg übersieht zudem, dass im Allgemeinen alle Gliederungen frei sind, weitere für den Bundessatzungsgeber nicht vorhersehbare Organe in ihren Satzungen vorzuse- hen. Selbst wenn zur Zeit kein von § 5 Abs. 1 Nr. 4 SGO i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGO erfasstes Organ existiert, ist diese Norm nicht inhaltsleer.

Somit sind die Richter Markus Hoffmann und Steffen Kern nicht aus dem Verfahren auszuschließen.

3. Der Richter Holger Hoffmann hingegen ist als Antragssteller gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 7 SGO vom Verfahren, welches auch seinen Antrag betrifft, ausgeschlossen.

4. Somit bleibt das Landesschiedsgericht Brandenburg in dieser Sache handlungsfähig, und das Verfah- ren ist an dieses zurückzuverweisen.

Für das Bundesschiedsgericht

Michael Ebner, Vorsitzender Richter

Klaus Sommerfeld, Richter

Gregory Engels , Richter

Mario Longobardi , Richter

Stefan Thöni, Richter

Rechtsmittel

Gegen Entscheidungen des Bundesschiedsgerichtes sind innerparteilich keine Rechtsmittel möglich. Gegebenenfalls können die ordentlichen Gerichte angerufen werden.