Offener Brief an den Bundespräsidenten
An den Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland
z.Hd. Herrn Christian Wulff
Schloss Bellevue
Spreeweg 1
11010 Berlin Potsdam, 09.01.2012
Sehr geehrter Herr Wulff,
seit dem Beginn der Kreditaffäre um Ihre Person verfolge nicht nur ich mit Spannung den Verlauf der schon an die Öffentlichkeit geratenen Details und hoffe inständig, dass sich selbige nicht noch vermehren.
Auch wenn mein Verständnis eines „überparteilichen“ und „unparteiischen“ Bundespräsidenten, welchen das Amt des Bundespräsidenten fordert, dem Anschein nach nicht mit Ihrem oder dem der Bundesregierung übereinstimmt, hatten Sie trotz ihres ehemaligen Amtes als Ministerpräsident Niedersachsens und langjähriges Parteimitglied der CDU die Möglichkeit die Bedenken auszuräumen.
Es ist möglich, dass Sie so manchen aufgebrachten Bürger mit der Abgabe Ihrer Erklärung in Kombination mit dem TV-Interview und dem Bekunden, dass niemandem ein „unberechtigter Vorteil“ zu Gute gekommen sei, überzeugt haben. Allerdings fällt es mir schwer zwischen Ihrem Amtsantritt als Ministerpräsident Niedersachsens im Jahr 2003 und der im selben Jahr beginnenden Urlaubseinladungen keinerlei Vermutungen bezüglich eines möglichen Zusammenhangs anzustellen. Durch die jährliche Wiederholung der Urlaubsreise während Ihrer Amtszeit und dem Unterlassen dieser Urlaubsfahrten mit der Niederlegung Ihres Ministeramtes im Jahr 2010 werden die Vermutungen zudem nicht entkräftet. Die Tatsache, dass Sie lediglich von einem „unberechtigten Vorteil“ nicht aber vom Vorteil allgemein sprechen, wirft bei mir weitere Fragen auf.
Mit der von Ihnen angekündigten Transparenz-Offensive haben Sie bei „Ihrem Volk“ hohe Erwartungen in eine lückenlose Aufklärung des Sachverhaltes geweckt. Die Medienberichte der letzten Tage und Wochen zeigen hingegen, dass Sie das Vertrauen der Bürger und den Gedanken von Transparenz keinen besonders hohen Stellenwert beimessen.
Bitte stellen Sie sich selbst die Frage, ob Ihrer Person noch der nötige Respekt, den das Amt einfordert, entgegengebracht werden kann und ob Sie selbst dem Amt den nötigen Respekt erweisen.
Dieser Brief spiegelt meine Sicht der Dinge dar und ist keine offizielle Meinung der Piratenpartei Deutschland.
Im Sinne der Transparenz werde ich dieses Schreiben veröffentlichen.
Hochachtungsvoll
Thomas Goede
Piratenpartei Deutschland
1. Vorsitzender Stadtverband Potsdam