Konzept zur Durchführung eines hybriden Wahlparteitages in Zeiten von Corona
Vorbemerkung
Die derzeitige Corona-Situation bedeutet auch für unsere Partei empfindliche Einschränkungen. Gleichwohl möchten wir so schnell als möglich einen LPT durchführen, der einen ordentlichen Vorstand wählt und damit die volle Handlungsfähigkeit des Landesverbandes wiederherstellt. Das nachfolgende Dokument beschreibt daher ein mögliches Konzept für die Durchführung eines solchen Parteitages, der sowohl den rechtlichen Vorgaben als auch den speziellen Bedingungen der Corona-Pandemie gerecht wird. Sofern dieses Konzept unter den Mitgliedern des Landesverbandes eine Mehrheit findet, möchten wir dieses dem Bundesvorstand als Umsetzungsvorschlag für den LPT 2021.1 unterbreiten.
Rechtliche Einordnung
Landessatzung
In § 22 der Landessatzung ist der Online-Parteitag als Organ des Landesverbandes geregelt. Er kann nach § 22 Abs. 6 Aufgaben des Landesparteitages übernehmen. Dies erstreckt sich jedoch ausschließlich auf die in § 13 Abs. 2 und 3 geregelten Aufgaben, also Beschlüsse zum Grundsatz- und Wahlprogramm sowie über die Satzung und ihre ergänzenden Ordnungen und Richtlinien. § 16 Abs. 1 der Landessatzung bestimmt hingegen explizit, dass die Wahl des Landesvorstandes nur einem (Präsenz-)Landesparteitag vorbehalten ist. Dies ist insoweit von Relevanz, da § 26 Abs. 1 Urabstimmungen nur für Angelegenheiten erlaubt, die nicht einem bestimmten Organ (hier also dem LPT) vorbehalten sind. Dies bedeutet, dass die in § 26 festgelegten Bestimmungen zur Urwahl hier keine unmittelbare Anwendung finden. Gleichwohl bilden die dort fixierten Vorgaben eine wichtige Orientierung. Von besonderer Bedeutung für die nachfolgenden Ausführungen sind auch die §§ 24 Abs. 3 Satz 9 lit. A sowie 24a. Demnach hat die Wahl des Vorstands geheim zu erfolgen und die die demokratischen Standards zu erfüllen, die für geheime Wahlen entsprechend des Grundgesetzes gelten. Die Wahl von Versammlungsämtern muss nicht geheim erfolgen, sondern kann auch offen geschehen, sofern die persönliche Stimmberechtigung der Mitglieder sichergestellt werden kann.
Rechtliche Vorgaben
Das „Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie“ (GesRuaCOVBekG) vom 27.03.2020 erlaubt Vereine, Parteien und Stiftungen während der Corona-Pandemie gewisse Ausnahmen.
So heißt es in § 5 Abs. 2:
- „Abweichend von § 32 Absatz 1 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung Vereinsmitgliedern ermöglichen,
- 1. an der Mitgliederversammlung ohne Anwesenheit am Versammlungsort teilzunehmen und Mitgliederrechte im Wege der elektronischen Kommunikation auszuüben oder
- 2. ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung ihre Stimmen vor der Durchführung der Mitgliederversammlung schriftlich abzugeben.“
Während Nr. 1 (i. V. m. Abs. 4 Satz 2) also lediglich die Zulässigkeit von Online-Parteitagen festlegt, die in der Landessatzung bereits ohnehin implementiert sind, erlaubt Nr. 2 auch die schriftliche Stimmabgabe ohne (physische) Teilnahme am Parteitag.
Absatz 3 erlaubt Beschlüsse „ohne Versammlung der Mitglieder […], wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.“
Die erforderliche Beteiligung aller Mitglieder kann durch die satzungsgemäße Einladung zum LPT sichergestellt werden. Die Abgabe der Stimmen von mindestens der Hälfte der Mitglieder kann sich im vorliegenden Fall ausschließlich auf die Hälfte jener Mitglieder beziehen, die zum Zeitpunkt der Abstimmung gemäß der Satzung berechtigt sind, ihre Stimme abzugeben. Dies bedeutet, dass sich insgesamt mindestens die Hälfte der stimmberechtigten Mitglieder an der Abstimmung beteiligen müssen. Mit Stand zum Jahresende 2020 waren dies rund 100 Mitglieder. Das Quorum läge demnach bei rund 50 Mitgliedern – wobei zu berücksichtigen ist, dass die Zahl der stimmberechtigten Mitglieder im Jahresverlauf ansteigt, das tatsächliche Quorum vermutlich also signifikant niedriger liegen dürfte.
Absatz 4 hingegen nimmt eine Reihe von Einschränkungen vor:
- „Absatz 2 Nummer 1 gilt für Mitglieder- und Vertreterversammlungen der Parteien und ihrer Gliederungen sowie ihrer sonstigen Organe entsprechend. Dies gilt nicht für die Beschlussfassung über die Satzung und die Schlussabstimmung bei Wahlen nach § 9 Absatz 4 des Parteiengesetzes. Die Wahrnehmung von Mitgliedschaftsrechten kann der Vorstand auch ohne Ermächtigung in der Satzung im Wege der Briefwahl oder auch zeitlich versetzt als Urnenwahl an verschiedenen Orten zulassen.“
Diese Einschränkung bezieht sich jedoch lediglich auf den Absatz 2 Nr. 1, also die Online-Versammlung, nicht jedoch auf die schriftliche Stimmabgabe per Briefwahl. Demnach darf die Schlussabstimmung der Vorstandswahl nicht auf einem Online-Parteitag stattfinden, sehr wohl aber durch schriftliche Abgabe der Stimmen. Dies darf insbesondere auch dann durchgeführt werden, wenn der Satzung eine explizite Regelung zur Durchführung von Briefwahlen fehlt.
Hinweis: Die zuvor ausgeführten Regelungen waren ursprünglich bis zum 31.12.2020 begrenzt. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) hat diese jedoch mit der am 28. Oktober 2020 im Bundesgesetzblatt verkündeten und zum 29. Oktober 2020 in Kraft getretenen „Verordnung zur Verlängerung von Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie (GesRGenRCOVMVV)“ vom 20. Oktober 2020 bis zum 31. Dezember 2021 verlängert.
Fazit
Basierend auf der Satzung des Landesverbandes Brandenburg und den rechtlichen Vorgaben des GesRuaCOVBekG darf ein Wahlparteitag online stattfinden, sofern die Schlussabstimmung auf dem Wege der Briefwahl erfolgt.
Ablauf des hybriden Landesparteitages
Basierend auf den vorherigen Ausführungen ist folgendes Vorgehen denkbar:
Der Bundesvorstand lädt zu einem hybriden Wahlparteitag entsprechend der Satzung des Landesverbandes Brandenburg ein.
Die Versammlung selbst findet über einen Zeitraum von mehreren Wochen in verschiedenen Phasen statt:
Phase 0: Bewerbungsphase und Einladung
Bereits vor dem LPT werden Interessenten auf Ämter im künftigen Landesvorstand gebeten, ihre Bewerbung anzuzeigen (Öffnung der Kandidatenliste). Dies kann beispielsweise durch die Erklärung einer Kandidatur im Wiki erfolgen. Zudem sollte bereits im Vorfeld schriftlich erklärt werden, dass man die Wahl im Erfolgsfall annimmt, für den Fall, dass man am Auszählungstag telefonisch nicht erreichbar ist. Eine ergänzende Vorstellung und Befragung der Kandidaten kann auf einem oder mehreren Mumble-Terminen bereits im Vorfeld erfolgen.
Mit der Einladung zum LPT sollte zudem darauf hingewiesen werden, dass die Abstimmung im Briefwahlverfahren vorgesehen ist. Alle Mitglieder sollten daher dazu aufgerufen werden, sicherzustellen, dass der Landesverband über eine aktuelle Postanschrift jedes Mitgliedes verfügt. Zur Reduzierung der Portokosten sowie zur besseren Planung des Auszählungstages kann zudem vorab abgefragt werden, welche Mitglieder (k)eine Übersendung der Briefwahlunterlagen wünschen.
Phase 1: Eröffnung des LPT als Online-Veranstaltung
Der Landesparteitag wird analog zur Regelung für Onlineparteitage eröffnet. Die Mitglieder erhalten hierbei ein Zugangstoken, mit Hilfe dessen sie sich online im Mumble akkreditieren können. Während der Onlinephase werden:
- die Versammlungsämter (VL, WL, Wahlhelfer) in offener Wahl gewählt
- den Kandidaten die Möglichkeit zur Vorstellung und den Mitgliedern die Möglichkeit zur Befragung der Kandidaten gegeben,
- die Kandidatenliste geschlossen
- der Beschluss über die Zusammensetzung des Landesvorstandes gemäß § 17 Abs. 1 lit d. gefällt
- Beschluss, ob eine Ämterkumulation zugelassen wird
Phase 2: Briefwahlphase
Basierend auf den in Phase 0 und 1 erklärten Kandidaturen werden die Stimmzettel ausgefertigt und an alle (nicht nur die stimmberechtigten) Mitglieder des Landesverbandes verschickt. Das Schreiben enthält hierbei neben dem Stimmzettel auch zwei Briefumschläge. Briefumschlag 1 dient dem Verschließen des Stimmzettels. Er ist unbeschrieben und stellt sicher, dass eine Stimmabgabe geheim erfolgen kann. Dieser wird vom Mitglied anschließend in den Briefumschlag 2 gesteckt, welcher an die Landesgeschäftsstelle adressiert ist und auf welchem der Name des Mitgliedes vermerkt ist. Auf diese Weise kann in Phase 3 festgestellt werden, ob das Mitglied stimmberechtigt ist. Briefe von zum Zeitpunkt der Auszählung nicht stimmberechtigten Mitgliedern werden vor der Auszählung aussortiert. Bei stimmberechtigten Mitgliedern wird der unbeschriebene Umschlag 1 (welcher den Stimmzettel enthält) entnommen und in die Urne geworfen; der namentlich gekennzeichnete Umschlag 2 wird vernichtet.
Die Landessatzung ermöglicht hierbei verschiedene Wahlformate, wobei das Approval-Voting/Wahl durch Zustimmung (Wahl jedes einzelnen Kandidaten mit ja/nein, Enthaltung bei Nicht-Ankreuzen) auf Grund der geringsten Wahrscheinlichkeit einer Patt-Situation zu bevorzugen ist. Eine Vorzugswahl (z. B. Schulze) – um die Gefahr von Pattsituationen und damit das Erfordernis einer weiteren Abstimmung zusätzlich zu verringern - lässt die Landessatzung nicht zu.
Um Mitgliedern, die entweder wegen offener Mitgliedsbeiträge nicht stimmberechtigt sind, oder die dem Verfahren der Briefwahl misstrauen, ebenso eine Stimmabgabe zu ermöglichen, wird eine Zahlmöglichkeit sowie die Möglichkeit einer Stimmabgabe in der LGS ermöglicht. Da dies vermutlich nur eine geringe Zahl an Mitgliedern betrifft, stellt die Sicherstellung der Hygiene- und Abstandsregeln auch in der LGS kein Problem dar.
Phase 3: Auszählung und Bekanntgabe des Ergebnisses
Am Tag der Auszählung wird die Versammlung online fortgeführt. Bis zum Beginn der Auszählung bleibt die LGS für Nachzahlungen und Stimmabgaben stimmberechtigter Mitglieder geöffnet. Der in Phase 1 bestimmte Wahlleiter – der ebenso wie seine Wahlhelfer und die VL in der LGS präsent sein müssen – schließt den Wahlgang und beginnt gemeinsam mit dem/den Wahlhelfern mit der Auszählung. Diese wird zugleich via LiveStream übertragen, um eine Beobachtung zu ermöglichen. Entsprechend der geltenden Hygieneverordnung kann eine begrenzte Anzahl an Wahlbeobachtern zusätzlich in der LGS präsent sein, um das Vertrauen in den Ablauf der Wahl zu erhöhen.
Zeitplan
- Tag 1: Einladung per E-Mail und Webseite, inkl. Aufforderung, Kandidaturen für Vorstands- und Versammlungsämter einzureichen und ggf. aktuelle Adresse mitzuteilen. Die Ladungsfrist gem. §9 Abs. 1 der Landessatzung beträgt 4 Wochen (Phase 0)
- optional dazwischen: Vorstellungs-Mumble für Bewerber
- Tag 29: Eröffnung der Versammlung als OPT, öffentliche Wahl der Versammlungsämter, Vorstellung und Befragung der Kandidaten, Schließung der Kandidatenliste, Beschluss über Zusammensetzung des LaVos und mögliche Ämterkumulation (Phase 1)
- Tag 30: Versand der Briefwahlunterlagen, Rücksendefrist 14 Tage (Phase 2)
- Tag 45: bis 12 Uhr Möglichkeit der Stimmabgabe in der LGS, danach öffentliche Auszählung inkl. Stream