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'''Teil I'''
'''Teil I'''
'''== Das Ende der Gerechtigkeit =='''
 
'''Das Ende der Gerechtigkeit'''
   
   
Die Frage, ob Chancengleichheit, Sozialpartnerschaft und Gerechtigkeit einen alten Hut darstellen, lässt sich nach der Analyse unseres Systems leicht beantworten: Diese, für den Einzelnen so entscheidend wichtigen Umstände, werden in unserer Welt weiter an Bedeutung verlieren, genauso, wie im gleichen Zug die Kapitalrendite zum alles beherrschenden Faktor werden wird. Doch damit nicht genug: Wir stehen in diesem Prozess vor gewaltigen Veränderungen, welche leicht im Zerfall unserer gewohnten Lebensumstände enden könnten. Ein deutliches Symptom für die Entwicklung ist der steigende Produktivitätsdruck.
Die Frage, ob Chancengleichheit, Sozialpartnerschaft und Gerechtigkeit einen alten Hut darstellen, lässt sich nach der Analyse unseres Systems leicht beantworten: Diese, für den Einzelnen so entscheidend wichtigen Umstände, werden in unserer Welt weiter an Bedeutung verlieren, genauso, wie im gleichen Zug die Kapitalrendite zum alles beherrschenden Faktor werden wird. Doch damit nicht genug: Wir stehen in diesem Prozess vor gewaltigen Veränderungen, welche leicht im Zerfall unserer gewohnten Lebensumstände enden könnten. Ein deutliches Symptom für die Entwicklung ist der steigende Produktivitätsdruck.
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'''Teil II'''
'''Teil II'''
'''Expansion bis zum Zerfall'''
'''Expansion bis zum Zerfall'''


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'''Teil III'''
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'''Die Ursache der Entwicklung - das explodierende Kapitalsystem'''
'''Die Ursache der Entwicklung - das explodierende Kapitalsystem'''


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'''Teil IV'''
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'''Die Chancengleichheit verschwindet'''
'''Die Chancengleichheit verschwindet'''


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'''Teil V'''
'''Teil V'''
'''Umverteilung von unten nach oben'''
'''Umverteilung von unten nach oben'''


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'''Teil VI'''
'''Teil VI'''
'''Die deflationäre Abwärtsspirale - verlorene Gerechtigkeit'''
'''Die deflationäre Abwärtsspirale - verlorene Gerechtigkeit'''


Im Börsencrash entsteht eine große Unsicherheit auf dem Markt, weshalb niemand mehr bereit ist, Geld irgendwo zu investieren. Das Geld zieht sich deshalb aus der Wirtschaft zurück und wartet auf bessere Anlagemöglichkeiten. Durch einen Rückzug von Geld aus der Wirtschaft verfallen die Preise, weil das Gleichgewicht zwischen umlaufender Geldmenge und Warenangebot gestört ist. Sinkende Preise wiederum führen zu einer zurückhaltenden Kaufhaltung der Verbraucher, weil jeder geplante Käufe in Erwartung weiter sinkender Preise auf die Zukunft verschiebt. Dadurch kommen die Unternehmen in Schwierigkeiten, da der Umsatz einbricht. Diese sind deshalb dazu gezwungen, entweder Bankrott anzumelden oder Arbeitskräfte zu entlassen. Weil der Absatz stockt, müssen die Betriebe die Preise senken, was der Entwicklung weiteren Schub verleiht. Die entstehende Massenarbeitslosigkeit reduziert die Kaufkraft der Bevölkerung, weshalb der Unternehmensabsatz weiter einbricht. Gleichzeitig werden in einer Deflation die Schulden aufgewertet, weil der reale Kaufwert des Geldes durch sinkende Preise steigt. Viele Schuldner sind in dieser Lage nicht mehr dazu imstande, die Kredite zu bedienen. Die Banken greifen deshalb zum Mittel der Zwangsversteigerung, was die Realgüterpreise weiter stark unter Druck setzt. Dem verschuldeten Häuslebauer kann es dann leicht passieren, dass sein Haus zwangsversteigert wird, die Verkaufsumme jedoch nicht den Kredit abdeckt, weshalb er ohne Haus aber weiterhin mit Schulden auf der Straße steht. Auf der anderen Seiten haben diejenigen, welche schon vor dem Crash über viel Kapital verfügten nun die besten Bedingungen, da sie mit zunehmender Zeit immer mehr mit ihrem Geld kaufen können. Während der Faktor Arbeit nun vollkommen unattraktiv geworden ist, hat das Kapital die Vorherrschaft über alle anderen Werte erreicht. In einer solchen Situation entstehen leicht radikale Strömungen, welche in einem Krieg oder Bürgerkrieg enden können. Dass es dazu nicht kommen muss, zeigt eine lange zinsfreie Periode in unserer Geschichte: das Hochmittelalter.
Im Börsencrash entsteht eine große Unsicherheit auf dem Markt, weshalb niemand mehr bereit ist, Geld irgendwo zu investieren. Das Geld zieht sich deshalb aus der Wirtschaft zurück und wartet auf bessere Anlagemöglichkeiten. Durch einen Rückzug von Geld aus der Wirtschaft verfallen die Preise, weil das Gleichgewicht zwischen umlaufender Geldmenge und Warenangebot gestört ist. Sinkende Preise wiederum führen zu einer zurückhaltenden Kaufhaltung der Verbraucher, weil jeder geplante Käufe in Erwartung weiter sinkender Preise auf die Zukunft verschiebt. Dadurch kommen die Unternehmen in Schwierigkeiten, da der Umsatz einbricht. Diese sind deshalb dazu gezwungen, entweder Bankrott anzumelden oder Arbeitskräfte zu entlassen. Weil der Absatz stockt, müssen die Betriebe die Preise senken, was der Entwicklung weiteren Schub verleiht. Die entstehende Massenarbeitslosigkeit reduziert die Kaufkraft der Bevölkerung, weshalb der Unternehmensabsatz weiter einbricht. Gleichzeitig werden in einer Deflation die Schulden aufgewertet, weil der reale Kaufwert des Geldes durch sinkende Preise steigt. Viele Schuldner sind in dieser Lage nicht mehr dazu imstande, die Kredite zu bedienen. Die Banken greifen deshalb zum Mittel der Zwangsversteigerung, was die Realgüterpreise weiter stark unter Druck setzt. Dem verschuldeten Häuslebauer kann es dann leicht passieren, dass sein Haus zwangsversteigert wird, die Verkaufsumme jedoch nicht den Kredit abdeckt, weshalb er ohne Haus aber weiterhin mit Schulden auf der Straße steht. Auf der anderen Seiten haben diejenigen, welche schon vor dem Crash über viel Kapital verfügten nun die besten Bedingungen, da sie mit zunehmender Zeit immer mehr mit ihrem Geld kaufen können. Während der Faktor Arbeit nun vollkommen unattraktiv geworden ist, hat das Kapital die Vorherrschaft über alle anderen Werte erreicht. In einer solchen Situation entstehen leicht radikale Strömungen, welche in einem Krieg oder Bürgerkrieg enden können. Dass es dazu nicht kommen muss, zeigt eine lange zinsfreie Periode in unserer Geschichte: das Hochmittelalter.
Das goldene Mittelalter
 
'''Teil VII'''
 
'''Das goldene Mittelalter'''
 
In der Zeit von 1150 bis 1450 gab es in Mitteleuropa eine krisenfreie Zeit, welche durch eine geniale zinsfreie Währung erreicht wurde: Um 1150 begann Erzbischof Wichmann (1110-1192) aus Magdeburg damit, Münzen herauszugeben, welche zweimal im Jahr zum Umtausch aufgerufen wurden. Ziel war es, die Steuern einfach und regelmäßig einzutreiben. Dabei wurden 12 alte Pfennige gegen 9 neue ausgetauscht, die Differenz war Steuer. Anders als heute, musste damals gerade das Kapital Abgaben entrichten, während die Arbeit davon befreit war. Um die Münzen schnell und ohne viel Aufwand wieder einschmelzen und umprägen zu können, waren sie nur einseitig geprägt und aus dünnem Blech, daher ihr Name "Brakteaten" (bractes = dünnes Blech). Bald schon breitete sich diese Methode über das ganze Land aus. Das führte dazu, dass sich Geldhortung nicht mehr lohnte. Um dem nächsten Umtausch zu entgehen, wurde Geld zinslos weiterverliehen, da nur der Besitzer der Münzen die Umtauschgebühr zahlen musste. Damit war Geld wieder reines Tauschmittel, nicht mehr Wertaufbewahrungsmittel, das nur durch Zinsangebote wieder in den Wirtschaftskreislauf gelockt werden konnte. Das Ergebnis war die größte Entwicklungsperiode der deutschen Geschichte. Damals waren die sozialen Unterschiede so ausgeglichen wie nachher nie mehr im historischen Verlauf. Wer viel hatte, erwarb den Wohlstand durch Arbeit, nicht durch leistungslose Zinsen. Das Minimum der arbeitsfreien Tage pro Jahr lag bei 90, oftmals über 150. Sehr bald wurde auch der arbeitsfreie Montag eingeführt. Damit mussten die Handwerker nur vier Tage in der Woche arbeiten. Noch am Ausgang dieses Zeitalters, um 1450, konnte Erzbischof Antonin von Florenz es als selbstverständlich bezeichnen, dass für die Gewinnung des notwendigen Lebensunterhaltes eine kurze Arbeitszeit genüge und dass nur derjenige lange und viel arbeiten müsse, der nach Reichtum und Überfluss strebe. Die tägliche Arbeitszeit war z.B. bei Bergwerksknappen in Freiburg auf sechs Stunden begrenzt. Auch auf dem Land wurde die Ausbeutung zurückgedrängt, weil der geknechtete Bauer die Möglichkeit hatte, in den schnell wachsenden Städten einem Handwerk nachzugehen. Das Einkommen war so hoch, daß sich etwa in Augsburg ein Tagelöhner mit seinem täglichen Verdienst fünf bis sechs Pfund des teuersten Fleisches leisten konnte. In Meißen mussten jedem Maurergesellen wöchentlich fünf Groschen Badegeld gegeben werden, in einer Zeit, in der ein einziger Scheffel Korn sechs Groschen und fünf Pfennige kostete. Der sächsische Scheffel fasste 103,8l. Wie gewaltig dieser wirtschaftliche Aufschwung gewesen sein muss, zeigt die Entwicklung der Städte in Deutschland.
In der Zeit von 1150 bis 1450 gab es in Mitteleuropa eine krisenfreie Zeit, welche durch eine geniale zinsfreie Währung erreicht wurde: Um 1150 begann Erzbischof Wichmann (1110-1192) aus Magdeburg damit, Münzen herauszugeben, welche zweimal im Jahr zum Umtausch aufgerufen wurden. Ziel war es, die Steuern einfach und regelmäßig einzutreiben. Dabei wurden 12 alte Pfennige gegen 9 neue ausgetauscht, die Differenz war Steuer. Anders als heute, musste damals gerade das Kapital Abgaben entrichten, während die Arbeit davon befreit war. Um die Münzen schnell und ohne viel Aufwand wieder einschmelzen und umprägen zu können, waren sie nur einseitig geprägt und aus dünnem Blech, daher ihr Name "Brakteaten" (bractes = dünnes Blech). Bald schon breitete sich diese Methode über das ganze Land aus. Das führte dazu, dass sich Geldhortung nicht mehr lohnte. Um dem nächsten Umtausch zu entgehen, wurde Geld zinslos weiterverliehen, da nur der Besitzer der Münzen die Umtauschgebühr zahlen musste. Damit war Geld wieder reines Tauschmittel, nicht mehr Wertaufbewahrungsmittel, das nur durch Zinsangebote wieder in den Wirtschaftskreislauf gelockt werden konnte. Das Ergebnis war die größte Entwicklungsperiode der deutschen Geschichte. Damals waren die sozialen Unterschiede so ausgeglichen wie nachher nie mehr im historischen Verlauf. Wer viel hatte, erwarb den Wohlstand durch Arbeit, nicht durch leistungslose Zinsen. Das Minimum der arbeitsfreien Tage pro Jahr lag bei 90, oftmals über 150. Sehr bald wurde auch der arbeitsfreie Montag eingeführt. Damit mussten die Handwerker nur vier Tage in der Woche arbeiten. Noch am Ausgang dieses Zeitalters, um 1450, konnte Erzbischof Antonin von Florenz es als selbstverständlich bezeichnen, dass für die Gewinnung des notwendigen Lebensunterhaltes eine kurze Arbeitszeit genüge und dass nur derjenige lange und viel arbeiten müsse, der nach Reichtum und Überfluss strebe. Die tägliche Arbeitszeit war z.B. bei Bergwerksknappen in Freiburg auf sechs Stunden begrenzt. Auch auf dem Land wurde die Ausbeutung zurückgedrängt, weil der geknechtete Bauer die Möglichkeit hatte, in den schnell wachsenden Städten einem Handwerk nachzugehen. Das Einkommen war so hoch, daß sich etwa in Augsburg ein Tagelöhner mit seinem täglichen Verdienst fünf bis sechs Pfund des teuersten Fleisches leisten konnte. In Meißen mussten jedem Maurergesellen wöchentlich fünf Groschen Badegeld gegeben werden, in einer Zeit, in der ein einziger Scheffel Korn sechs Groschen und fünf Pfennige kostete. Der sächsische Scheffel fasste 103,8l. Wie gewaltig dieser wirtschaftliche Aufschwung gewesen sein muss, zeigt die Entwicklung der Städte in Deutschland.
Um 1300 wurde ein Höhepunkt der Städteneugründungen als Maß für die wirtschaftliche Entwicklung erreicht, welcher in der ganzen Geschichte vor und nach dieser Zeit nie mehr geschah. In der Zeit von 1150-1450 wurden die großen Dome und Kathedralen in Europa gebaut - Finanziert durch freiwillige Spenden der Bürger. Allein schon hieraus wird deutlich, wie zuversichtlich die Menschen damals gewesen sein müssen. Wer spendet schon für ein Jahrhundertprojekt, wenn er nicht weiß, ob er am nächsten Tag noch leben wird?
Um 1300 wurde ein Höhepunkt der Städteneugründungen als Maß für die wirtschaftliche Entwicklung erreicht, welcher in der ganzen Geschichte vor und nach dieser Zeit nie mehr geschah. In der Zeit von 1150-1450 wurden die großen Dome und Kathedralen in Europa gebaut - Finanziert durch freiwillige Spenden der Bürger. Allein schon hieraus wird deutlich, wie zuversichtlich die Menschen damals gewesen sein müssen. Wer spendet schon für ein Jahrhundertprojekt, wenn er nicht weiß, ob er am nächsten Tag noch leben wird?
Die Situation änderte sich, als auf Druck von machtsüchtigen Kaufleuten hin, schrittweise Geld eingeführt wurde, welches nicht mehr verrufen wurde. Das Augsburg der Fugger gehörte mit zu den ersten Plätzen, an denen die Münzverrufung um vier Jahre hinausgeschoben wurde. Nach vollständiger Einführung des Dickpfennigs (beidseitig geprägtes schweres Geld) konnten die Fugger sich zwischen 1480 und 1560 zu einer der mächtigsten Familien der damaligen Welt aufschwingen. Geld wurde dann nur noch hochverzinst verliehen. Beispielsweise brachte eine Anlage von 900 Gulden nach sechs Jahren 30.000 Gulden Zinsertrag. Bei den dem Bauern auferlegten Geldabgaben musste er im Falle von Säumigkeit Zinsen zahlen, und zwar nach dem sogenannten "Rutscherzins" für jeden Tag des Verzuges den verdoppelten Zinssatz. Mit der schrittweisen Einführung des "Ewigen Pfennigs" verschob sich damit die Vermögensverteilung innerhalb weniger Jahrzehnte so drastisch, dass die gotischen Bauten aus Geldmangel in ganz Mitteleuropa nicht mehr fertiggestellt werden konnten. Überall in Europa wurden die Dome mehr als 300 Jahre lang nicht weitergebaut und erst im letzten Jahrhundert vollendet. Die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung verschlechterte sich so stark, dass es Anfang des 16. Jahrhunderts zu blutigen Bauernkriegen kam. Die Zünfte waren nicht mehr für jeden frei, den meisten war der Weg in die Selbständigkeit versperrt, es entstand eine neue Schicht der abhängigen Lohnarbeiter. Gleichzeitig wurden neue Entdeckungen und Erfindungen unterdrückt. So verbot die Zunft beispielsweise den Vorläufer des mechanischen Webstuhls im Jahr 1586 und ermordete deren Erfinder. Da sich die Menschen die schnelle wirtschaftliche Verschlechterung nicht erklären konnten, kam es zu Hexenverbrennungen, die ab 1484 zunehmend veranstaltet wurden. Das finstere Mittelalter zog herauf und hält im Prinzip bis heute an.
Die Situation änderte sich, als auf Druck von machtsüchtigen Kaufleuten hin, schrittweise Geld eingeführt wurde, welches nicht mehr verrufen wurde. Das Augsburg der Fugger gehörte mit zu den ersten Plätzen, an denen die Münzverrufung um vier Jahre hinausgeschoben wurde. Nach vollständiger Einführung des Dickpfennigs (beidseitig geprägtes schweres Geld) konnten die Fugger sich zwischen 1480 und 1560 zu einer der mächtigsten Familien der damaligen Welt aufschwingen. Geld wurde dann nur noch hochverzinst verliehen. Beispielsweise brachte eine Anlage von 900 Gulden nach sechs Jahren 30.000 Gulden Zinsertrag. Bei den dem Bauern auferlegten Geldabgaben musste er im Falle von Säumigkeit Zinsen zahlen, und zwar nach dem sogenannten "Rutscherzins" für jeden Tag des Verzuges den verdoppelten Zinssatz. Mit der schrittweisen Einführung des "Ewigen Pfennigs" verschob sich damit die Vermögensverteilung innerhalb weniger Jahrzehnte so drastisch, dass die gotischen Bauten aus Geldmangel in ganz Mitteleuropa nicht mehr fertiggestellt werden konnten. Überall in Europa wurden die Dome mehr als 300 Jahre lang nicht weitergebaut und erst im letzten Jahrhundert vollendet. Die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung verschlechterte sich so stark, dass es Anfang des 16. Jahrhunderts zu blutigen Bauernkriegen kam. Die Zünfte waren nicht mehr für jeden frei, den meisten war der Weg in die Selbständigkeit versperrt, es entstand eine neue Schicht der abhängigen Lohnarbeiter. Gleichzeitig wurden neue Entdeckungen und Erfindungen unterdrückt. So verbot die Zunft beispielsweise den Vorläufer des mechanischen Webstuhls im Jahr 1586 und ermordete deren Erfinder. Da sich die Menschen die schnelle wirtschaftliche Verschlechterung nicht erklären konnten, kam es zu Hexenverbrennungen, die ab 1484 zunehmend veranstaltet wurden. Das finstere Mittelalter zog herauf und hält im Prinzip bis heute an.
Schlußbetrachtung
 
'''Teil VIII'''
 
'''Schlußbetrachtung'''
 
Die Werte von Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Sozialpartnerschaft werden, wenn die derzeitigen Entwicklungen anhalten, langfristig völlig verschwinden und nur noch in den Erinnerungen der Menschen vorhanden sein. Ursache dafür ist ein wegen des Zinseszinsmechanismus auf ständige Expansion angewiesenes System, in welchem sich die Rendite langfristig nur dann aufrechterhalten lässt, wenn scheinbar überholte Werte verschwinden. Diese Entwicklung führt sowohl zu einer ungerechten, weil nicht mehr an die Leistung gebundenen, Vermögensumverteilung von unten nach oben, wie auch zur Globalisierung, in welcher der Druck auf die Erdenbewohner unvorstellbare Ausmaße annehmen wird. Am Ende wird sogar dieser steigende Arbeitszwang - bei sinkenden Löhnen - nicht mehr ausreichen, um die explodierenden Schulden zu bedienen. Wie schon immer in der Geschichte, zerfällt dann das System durch Kapitalmangel in einer deflationären Abwärtsspirale. Parallelen beispielsweise zum Untergang des antiken Roms lassen sich heute schon finden: Grenzenloser Reichtum weniger bei zunehmender Armut vieler wie auch Brot und Spiele, um Unruhen durch die Ungerechtigkeiten im System zu unterbinden. Es gibt heute keinen Grund, anzunehmen, dass unsere Gesellschaft ein anderes Schicksal zu erwarten hätte, wenn die momentanen explodierenden Entwicklungen im Kapitalsystem andauern. Im Gegenteil: Die entstandenen technischen Möglichkeiten erhöhen sogar das Risiko von Verzweiflungstaten, welche schnell in einer Katastrophe enden könnten. Dass es nicht immer so war, zeigte die kulturelle Blütezeit im Hochmittelalter, in der 300 Jahre lang ein zinsfreies Geld umlief, welches sowohl die Armut beseitigte als auch zu einer Gesellschaft führte, in der Chancengleichheit und Gerechtigkeit nicht bloße Worte, sondern lebendige Tatsache waren. Unsere Verpflichtung ist es, aus der Geschichte zu lernen und eine Ordnung, wenn auch in moderner Form, zu schaffen, welche jedem die freie Entfaltung der Persönlichkeit ohne Druck und Zwang von außen ermöglicht, wie dies auch die Begründer des deutschen Grundgesetzes im Auge hatten.
Die Werte von Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Sozialpartnerschaft werden, wenn die derzeitigen Entwicklungen anhalten, langfristig völlig verschwinden und nur noch in den Erinnerungen der Menschen vorhanden sein. Ursache dafür ist ein wegen des Zinseszinsmechanismus auf ständige Expansion angewiesenes System, in welchem sich die Rendite langfristig nur dann aufrechterhalten lässt, wenn scheinbar überholte Werte verschwinden. Diese Entwicklung führt sowohl zu einer ungerechten, weil nicht mehr an die Leistung gebundenen, Vermögensumverteilung von unten nach oben, wie auch zur Globalisierung, in welcher der Druck auf die Erdenbewohner unvorstellbare Ausmaße annehmen wird. Am Ende wird sogar dieser steigende Arbeitszwang - bei sinkenden Löhnen - nicht mehr ausreichen, um die explodierenden Schulden zu bedienen. Wie schon immer in der Geschichte, zerfällt dann das System durch Kapitalmangel in einer deflationären Abwärtsspirale. Parallelen beispielsweise zum Untergang des antiken Roms lassen sich heute schon finden: Grenzenloser Reichtum weniger bei zunehmender Armut vieler wie auch Brot und Spiele, um Unruhen durch die Ungerechtigkeiten im System zu unterbinden. Es gibt heute keinen Grund, anzunehmen, dass unsere Gesellschaft ein anderes Schicksal zu erwarten hätte, wenn die momentanen explodierenden Entwicklungen im Kapitalsystem andauern. Im Gegenteil: Die entstandenen technischen Möglichkeiten erhöhen sogar das Risiko von Verzweiflungstaten, welche schnell in einer Katastrophe enden könnten. Dass es nicht immer so war, zeigte die kulturelle Blütezeit im Hochmittelalter, in der 300 Jahre lang ein zinsfreies Geld umlief, welches sowohl die Armut beseitigte als auch zu einer Gesellschaft führte, in der Chancengleichheit und Gerechtigkeit nicht bloße Worte, sondern lebendige Tatsache waren. Unsere Verpflichtung ist es, aus der Geschichte zu lernen und eine Ordnung, wenn auch in moderner Form, zu schaffen, welche jedem die freie Entfaltung der Persönlichkeit ohne Druck und Zwang von außen ermöglicht, wie dies auch die Begründer des deutschen Grundgesetzes im Auge hatten.

Version vom 21. November 2008, 20:33 Uhr

Teil I

Das Ende der Gerechtigkeit

Die Frage, ob Chancengleichheit, Sozialpartnerschaft und Gerechtigkeit einen alten Hut darstellen, lässt sich nach der Analyse unseres Systems leicht beantworten: Diese, für den Einzelnen so entscheidend wichtigen Umstände, werden in unserer Welt weiter an Bedeutung verlieren, genauso, wie im gleichen Zug die Kapitalrendite zum alles beherrschenden Faktor werden wird. Doch damit nicht genug: Wir stehen in diesem Prozess vor gewaltigen Veränderungen, welche leicht im Zerfall unserer gewohnten Lebensumstände enden könnten. Ein deutliches Symptom für die Entwicklung ist der steigende Produktivitätsdruck.

"Bei der nur zu oft maßlosen Inanspruchnahme des Kredits vollzieht sich hier mit Hilfe des Bank- und Börsenkapitals in einer anscheinend planvollen Weise eine nationale wie internationale Verkettung der Privatunternehmungen, die in unserem Kriegszeitalter uns eines Tages einer Krise entgegen zu führen droht, wie sie kaum in der Geschichte der Völker schon erlebt wurde." Prof. Ruhland, System der politischen Ökonomie, 1908

Teil II

Expansion bis zum Zerfall

Wer heute aufmerksam die Entwicklungen in der Welt beobachtet, muss feststellen, dass alle Abläufe immer schneller vor sich gehen. In diesem Prozess nimmt der Druck auf den Einzelnen ständig zu, weil die Produktivität immer schneller gesteigert werden muss, ohne dass man Rücksicht auf die Lebensbedingungen oder die Umwelt nimmt. Durch den zunehmenden Expansionszwang auf Unternehmen und Beschäftigte kommt es in der Gesellschaft zu einem gnadenlosen Ausleseprozess: Wer nicht den neuen Kriterien der selbsterklärten Leistungsgesellschaft entspricht, wird in das Heer der Arbeitslosen ausgestoßen. Weil die Entwicklung mit steigender Geschwindigkeit abläuft, enden letztlich immer größere Teile der Bevölkerung in einem wenig lebenswerten Zustand.

Weil Unruhen die Rendite gefährden würden und das System möglichst lange Laufen soll, muss der Sozialetat ausgeweitet werden, um die Ausgestoßenen vorerst vor dem ansonsten sicheren Ende zu bewahren. Mit richtiger Sozialpartnerschaft, also Hilfen für unschuldig in Not Geratene, hat dies allerdings wenig zu tun, sondern letztlich wird durch solche Maßnahmen, wie wir noch sehen werden, nur an Symptomen herumgedoktert, nicht jedoch die Ursache davon beseitigt. Die Sozialausgaben im Staatshaushalt steigerten sich dabei seit 1960 um mehr als 1800%.

Teil III

Die Ursache der Entwicklung - das explodierende Kapitalsystem

Die Grundlage unseres Wirtschaftssystems stellt das Geld als Tauschmittel dar. Es ist deshalb sinnvoll, den Störfaktor in diesem Bereich zu suchen. Geld wird heute jedoch nur dann weiterverliehen oder investiert, wenn ein ausreichend hoher Zins bezahlt wird. Anhand einer einfachen Rechnung lässt sich jedoch zeigen, dass dieses Zinssystem mit zunehmender Zeit immer schneller ablaufen und damit instabiler werden und letztlich zerbrechen muss: Hätte jemand beispielsweise im Jahre 1 nur 1 Pfennig zu 5% Zins angelegt (bzw. 1 Pf. Schulden gemacht), würde diese Anlage im Jahre 1466 den Wert einer Erdkugel aus Gold und im Jahr 1990 bereits den Gegenwert von 134 Mrd. Erdkugeln aus Gold erlangt haben (Abb. 2). Heute wären daraus schon unvorstellbare 200 Milliarden Erdkugeln aus Gold entstanden. An dieser Entwicklung ändert auch die Inflation wenig, da eine erhöhte Preissteigerungsrate nur den Zins erhöht und damit die Entwicklung beschleunigt.

Eine ähnliche Rechnung brachte der Investmentexperte Marc Faber, als er betonte, dass noch keine einzige wachsende Geldanlage je langfristig funktioniert hätte. Er nahm an, dass ein Dollar im Jahre 1000 zu 5% Zins angelegt worden wäre und kam zum Ergebnis, dass allein die Zinsgewinne dieses Vermögens heute das gesamte Bruttosozialprodukt der Welt um das vier Millionen fache übertreffen würde! An diesen Beispielen wird deutlich, dass ein auf Zins aufgebautes System immer nur wenige Jahrzehnte funktionieren kann, bis es von neuem zusammenbricht. Da das Zinssystem nur begrenzte Zeit funktioniert, stellt es ein System mit Verfallsdatum dar. Um diesen Ruin so weit wie möglich hinauszuschieben gibt es nur eine Möglichkeit, nämlich die gesamte Wirtschaft zu ständigem Wachstum anzutreiben, um die zur Verzinsung des Kapitals nötigen, anwachsenden Mittel erwirtschaften zu können. Den Zinsgewinnen auf der einen, stehen aber auch Zinslasten auf der anderen Seite gegenüber. Aus diesem Grund explodieren in jeder Zinswirtschaft sowohl die Geldvermögen als auch die Schulden. Was jemand als Zinsgewinn für sein Vermögen verbuchen kann, muss automatisch ein anderer als Kredit nachfragen. (Abb. 4). Dabei sind die gesamten Geldvermögen und die gesamten Verbindlichkeiten des finanziellen Sektors (Staat, Unternehmen, private Haushalte und Banken) von 1995 bis 1999 inzwischen von über 15 Bio. DM auf etwa 22 000 Mrd. DM explodiert. Es verwundert deshalb wenig, daß bei diesem Wachstumszwang jede soziale Verantwortung zum Scheitern verurteilt ist, wenn nur noch die Erwirtschaftung einer immer größeren Rendite zum Zielobjekt wird.

Teil IV

Die Chancengleichheit verschwindet

Was in diesem Zusammenhang häufig vergessen wird, ist der Effekt der Vermögensanreicherung im Zinssystem, die alleine schon jede Chancengleichheit im Keim erstickt: Mit der Ausweitung der Geldvermögen werden diese automatisch in immer weniger Händen konzentriert. Wer viel Geld besitzt, kann dieses verzinst anlegen und am Jahresende noch mehr Zinsen verbuchen und wieder renditeträchtig anlegen. So wächst sein Vermögen nach der Zinseszinsrechnung immer schneller an, ohne dass damit ein größerer Leistungsaufwand für ihn verbunden wäre. mehr und mehr Kapital kommt aus diesem Grund immer dort zusammen, wo schon viel vorhanden ist. Auf der anderen Seite fehlt das Geld genau da, wo es gebraucht würde: Es fehlt Geld für Arbeitsplätze, Kultur oder für den Umweltschutz. Da dieser Umverteilungsmechanismus unabhängig von der Leistung des Einzelnen abläuft und die Verteilung von Möglichkeiten mit dem Geldbesitz in enger Verbindung steht, gewinnt eine Minderheit an Chancen, während die Mehrheit diese einbüßt. Da Geld heute wie eh und je Macht bedeutet, entsteht mit der Vermögenskonzentration zunehmend auch ein Gewaltenmonopol.

Teil V

Umverteilung von unten nach oben

Kaum bekannt ist in diesem Zusammenhang, dass die meisten Bürger wesentlich mehr Zins zahlen, als sie bekommen. Da ist einmal die Staatsverschuldung, für die jeder in Form von Steuern Zins erwirtschaften muss. Dabei müssen sich die öffentlichen Haushalte immer weiter verschulden, allein weil die Schulden nicht mehr getilgt, sondern nur die Zinsen durch Neuverschuldung bezahlt werden können. Auch muss der Staat um eine Rezession zu vermeiden in regelmäßigen Zeitabschnitten wieder Konjunkturimpulse durch Verschuldung setzen. Doch macht die Staatsverschuldung nur etwa ein Viertel der volkswirtschaftlich bedeutsamen Gesamtverschuldung aus, womit ein Abbau der Verbindlichkeiten in diesem Sektor keine Besserung der Lage bringt, wenn sich dann wie in den USA die Unternehmen umso höher verschulden müssen. Die Verschuldung der Wirtschaft belastet ebenfalls die ganze Bevölkerung, weil die Zinslasten in Form erhöhter Preise an den Verbraucher weitergegeben werden, der die entsprechenden Kapitalkosten zu tragen hat.

Durch den Effekt der Verzinsung bestehen heute beispielsweise die Wohnraummieten zu 70 - 80% nur aus Zinskosten.

Die meisten Menschen denken, dass nur derjenige Zinsen zu zahlen hätte, welcher persönlich verschuldet ist. Das ist jedoch nur die halbe Wahrheit: Indirekt müssen wir auch für die Schulden der Gemeinschaft und der Unternehmen aufkommen. Jeder Haushalt musste also im Jahr 2000 auf 35.000 DM Einkommen verzichten, um die Zinsansprüche des Kapitals sicherzustellen. Dabei wird schnell klar, dass nur derjenige, welcher mehr als 35.000 DM im Jahr Zinsgewinn hat, mit dem jetzigen System Erträge erwirtschaftet. Hallo? Und das war vor 8 Jahren!

Alle anderen müssen für diese Gewinne arbeiten und selbst auf Einkommen verzichten. Je mehr Zeit vergeht, umso schneller wächst dieser Kapitalstrom von arm zu reich. Während der normale Erwerbstätige nur dann Vermögen bilden kann, wenn er einen Teil seines Arbeitslohnes spart, hat sich der Großteil des Geldvermögens in so wenigen Händen konzentriert, dass der jährliche Zinsgewinn nicht mehr verkonsumiert werden kann und automatisch wieder angelegt wird. Zunehmend erlangt man so mehr Reichtum nicht mehr durch Arbeit, sondern durch leistungslose Geldanlageformen vergrößert. Die Verschiebung des Geldes von der Arbeit zum Besitz zeigt sich auch am verfügbaren Einkommen der Haushalte. Seit 1970 ist ein stetig abnehmender Anteil der Nettolöhne am verfügbaren Einkommen der Haushalte erkennbar. Gleichzeitig steigt fast in gleichem Ausmaß der Anteil der Gewinne aus Geldvermögen und Unternehmen an.

Teil VI

Die deflationäre Abwärtsspirale - verlorene Gerechtigkeit

Im Börsencrash entsteht eine große Unsicherheit auf dem Markt, weshalb niemand mehr bereit ist, Geld irgendwo zu investieren. Das Geld zieht sich deshalb aus der Wirtschaft zurück und wartet auf bessere Anlagemöglichkeiten. Durch einen Rückzug von Geld aus der Wirtschaft verfallen die Preise, weil das Gleichgewicht zwischen umlaufender Geldmenge und Warenangebot gestört ist. Sinkende Preise wiederum führen zu einer zurückhaltenden Kaufhaltung der Verbraucher, weil jeder geplante Käufe in Erwartung weiter sinkender Preise auf die Zukunft verschiebt. Dadurch kommen die Unternehmen in Schwierigkeiten, da der Umsatz einbricht. Diese sind deshalb dazu gezwungen, entweder Bankrott anzumelden oder Arbeitskräfte zu entlassen. Weil der Absatz stockt, müssen die Betriebe die Preise senken, was der Entwicklung weiteren Schub verleiht. Die entstehende Massenarbeitslosigkeit reduziert die Kaufkraft der Bevölkerung, weshalb der Unternehmensabsatz weiter einbricht. Gleichzeitig werden in einer Deflation die Schulden aufgewertet, weil der reale Kaufwert des Geldes durch sinkende Preise steigt. Viele Schuldner sind in dieser Lage nicht mehr dazu imstande, die Kredite zu bedienen. Die Banken greifen deshalb zum Mittel der Zwangsversteigerung, was die Realgüterpreise weiter stark unter Druck setzt. Dem verschuldeten Häuslebauer kann es dann leicht passieren, dass sein Haus zwangsversteigert wird, die Verkaufsumme jedoch nicht den Kredit abdeckt, weshalb er ohne Haus aber weiterhin mit Schulden auf der Straße steht. Auf der anderen Seiten haben diejenigen, welche schon vor dem Crash über viel Kapital verfügten nun die besten Bedingungen, da sie mit zunehmender Zeit immer mehr mit ihrem Geld kaufen können. Während der Faktor Arbeit nun vollkommen unattraktiv geworden ist, hat das Kapital die Vorherrschaft über alle anderen Werte erreicht. In einer solchen Situation entstehen leicht radikale Strömungen, welche in einem Krieg oder Bürgerkrieg enden können. Dass es dazu nicht kommen muss, zeigt eine lange zinsfreie Periode in unserer Geschichte: das Hochmittelalter.

Teil VII

Das goldene Mittelalter

In der Zeit von 1150 bis 1450 gab es in Mitteleuropa eine krisenfreie Zeit, welche durch eine geniale zinsfreie Währung erreicht wurde: Um 1150 begann Erzbischof Wichmann (1110-1192) aus Magdeburg damit, Münzen herauszugeben, welche zweimal im Jahr zum Umtausch aufgerufen wurden. Ziel war es, die Steuern einfach und regelmäßig einzutreiben. Dabei wurden 12 alte Pfennige gegen 9 neue ausgetauscht, die Differenz war Steuer. Anders als heute, musste damals gerade das Kapital Abgaben entrichten, während die Arbeit davon befreit war. Um die Münzen schnell und ohne viel Aufwand wieder einschmelzen und umprägen zu können, waren sie nur einseitig geprägt und aus dünnem Blech, daher ihr Name "Brakteaten" (bractes = dünnes Blech). Bald schon breitete sich diese Methode über das ganze Land aus. Das führte dazu, dass sich Geldhortung nicht mehr lohnte. Um dem nächsten Umtausch zu entgehen, wurde Geld zinslos weiterverliehen, da nur der Besitzer der Münzen die Umtauschgebühr zahlen musste. Damit war Geld wieder reines Tauschmittel, nicht mehr Wertaufbewahrungsmittel, das nur durch Zinsangebote wieder in den Wirtschaftskreislauf gelockt werden konnte. Das Ergebnis war die größte Entwicklungsperiode der deutschen Geschichte. Damals waren die sozialen Unterschiede so ausgeglichen wie nachher nie mehr im historischen Verlauf. Wer viel hatte, erwarb den Wohlstand durch Arbeit, nicht durch leistungslose Zinsen. Das Minimum der arbeitsfreien Tage pro Jahr lag bei 90, oftmals über 150. Sehr bald wurde auch der arbeitsfreie Montag eingeführt. Damit mussten die Handwerker nur vier Tage in der Woche arbeiten. Noch am Ausgang dieses Zeitalters, um 1450, konnte Erzbischof Antonin von Florenz es als selbstverständlich bezeichnen, dass für die Gewinnung des notwendigen Lebensunterhaltes eine kurze Arbeitszeit genüge und dass nur derjenige lange und viel arbeiten müsse, der nach Reichtum und Überfluss strebe. Die tägliche Arbeitszeit war z.B. bei Bergwerksknappen in Freiburg auf sechs Stunden begrenzt. Auch auf dem Land wurde die Ausbeutung zurückgedrängt, weil der geknechtete Bauer die Möglichkeit hatte, in den schnell wachsenden Städten einem Handwerk nachzugehen. Das Einkommen war so hoch, daß sich etwa in Augsburg ein Tagelöhner mit seinem täglichen Verdienst fünf bis sechs Pfund des teuersten Fleisches leisten konnte. In Meißen mussten jedem Maurergesellen wöchentlich fünf Groschen Badegeld gegeben werden, in einer Zeit, in der ein einziger Scheffel Korn sechs Groschen und fünf Pfennige kostete. Der sächsische Scheffel fasste 103,8l. Wie gewaltig dieser wirtschaftliche Aufschwung gewesen sein muss, zeigt die Entwicklung der Städte in Deutschland. Um 1300 wurde ein Höhepunkt der Städteneugründungen als Maß für die wirtschaftliche Entwicklung erreicht, welcher in der ganzen Geschichte vor und nach dieser Zeit nie mehr geschah. In der Zeit von 1150-1450 wurden die großen Dome und Kathedralen in Europa gebaut - Finanziert durch freiwillige Spenden der Bürger. Allein schon hieraus wird deutlich, wie zuversichtlich die Menschen damals gewesen sein müssen. Wer spendet schon für ein Jahrhundertprojekt, wenn er nicht weiß, ob er am nächsten Tag noch leben wird?

Die Situation änderte sich, als auf Druck von machtsüchtigen Kaufleuten hin, schrittweise Geld eingeführt wurde, welches nicht mehr verrufen wurde. Das Augsburg der Fugger gehörte mit zu den ersten Plätzen, an denen die Münzverrufung um vier Jahre hinausgeschoben wurde. Nach vollständiger Einführung des Dickpfennigs (beidseitig geprägtes schweres Geld) konnten die Fugger sich zwischen 1480 und 1560 zu einer der mächtigsten Familien der damaligen Welt aufschwingen. Geld wurde dann nur noch hochverzinst verliehen. Beispielsweise brachte eine Anlage von 900 Gulden nach sechs Jahren 30.000 Gulden Zinsertrag. Bei den dem Bauern auferlegten Geldabgaben musste er im Falle von Säumigkeit Zinsen zahlen, und zwar nach dem sogenannten "Rutscherzins" für jeden Tag des Verzuges den verdoppelten Zinssatz. Mit der schrittweisen Einführung des "Ewigen Pfennigs" verschob sich damit die Vermögensverteilung innerhalb weniger Jahrzehnte so drastisch, dass die gotischen Bauten aus Geldmangel in ganz Mitteleuropa nicht mehr fertiggestellt werden konnten. Überall in Europa wurden die Dome mehr als 300 Jahre lang nicht weitergebaut und erst im letzten Jahrhundert vollendet. Die wirtschaftliche Situation der Bevölkerung verschlechterte sich so stark, dass es Anfang des 16. Jahrhunderts zu blutigen Bauernkriegen kam. Die Zünfte waren nicht mehr für jeden frei, den meisten war der Weg in die Selbständigkeit versperrt, es entstand eine neue Schicht der abhängigen Lohnarbeiter. Gleichzeitig wurden neue Entdeckungen und Erfindungen unterdrückt. So verbot die Zunft beispielsweise den Vorläufer des mechanischen Webstuhls im Jahr 1586 und ermordete deren Erfinder. Da sich die Menschen die schnelle wirtschaftliche Verschlechterung nicht erklären konnten, kam es zu Hexenverbrennungen, die ab 1484 zunehmend veranstaltet wurden. Das finstere Mittelalter zog herauf und hält im Prinzip bis heute an.

Teil VIII

Schlußbetrachtung

Die Werte von Chancengleichheit, Gerechtigkeit und Sozialpartnerschaft werden, wenn die derzeitigen Entwicklungen anhalten, langfristig völlig verschwinden und nur noch in den Erinnerungen der Menschen vorhanden sein. Ursache dafür ist ein wegen des Zinseszinsmechanismus auf ständige Expansion angewiesenes System, in welchem sich die Rendite langfristig nur dann aufrechterhalten lässt, wenn scheinbar überholte Werte verschwinden. Diese Entwicklung führt sowohl zu einer ungerechten, weil nicht mehr an die Leistung gebundenen, Vermögensumverteilung von unten nach oben, wie auch zur Globalisierung, in welcher der Druck auf die Erdenbewohner unvorstellbare Ausmaße annehmen wird. Am Ende wird sogar dieser steigende Arbeitszwang - bei sinkenden Löhnen - nicht mehr ausreichen, um die explodierenden Schulden zu bedienen. Wie schon immer in der Geschichte, zerfällt dann das System durch Kapitalmangel in einer deflationären Abwärtsspirale. Parallelen beispielsweise zum Untergang des antiken Roms lassen sich heute schon finden: Grenzenloser Reichtum weniger bei zunehmender Armut vieler wie auch Brot und Spiele, um Unruhen durch die Ungerechtigkeiten im System zu unterbinden. Es gibt heute keinen Grund, anzunehmen, dass unsere Gesellschaft ein anderes Schicksal zu erwarten hätte, wenn die momentanen explodierenden Entwicklungen im Kapitalsystem andauern. Im Gegenteil: Die entstandenen technischen Möglichkeiten erhöhen sogar das Risiko von Verzweiflungstaten, welche schnell in einer Katastrophe enden könnten. Dass es nicht immer so war, zeigte die kulturelle Blütezeit im Hochmittelalter, in der 300 Jahre lang ein zinsfreies Geld umlief, welches sowohl die Armut beseitigte als auch zu einer Gesellschaft führte, in der Chancengleichheit und Gerechtigkeit nicht bloße Worte, sondern lebendige Tatsache waren. Unsere Verpflichtung ist es, aus der Geschichte zu lernen und eine Ordnung, wenn auch in moderner Form, zu schaffen, welche jedem die freie Entfaltung der Persönlichkeit ohne Druck und Zwang von außen ermöglicht, wie dies auch die Begründer des deutschen Grundgesetzes im Auge hatten.