Benutzerin:Geka FF/Politisches/Frauen
Meine (Er-)Leben der Frauenbewegung
Ich bin 1987 von meiner Heimat im westlichen Norddeutschland nach Westberlin gegangen. Dort habe ich mich dann ziemlich schnell weiter politisiert. Erste Erfahrungen habe ich mit den Autonomen gesammelt. Dort erlebte ich auch zum ersten Mal, dass Frauen einfach was sagen können und dürfen. Auf dem Dorf war es ja eher so, dass man lieb und artig war. Zumal als Mädchen ("Mach mal 'n Knicks!"). Das änderte sich dann aber wieder: die autonomen Frauen entdeckten eine neue Gefahr: den Mann!
Bücher waren damals die einzige Möglichkeit, um an Wissen heranzukommen. Dazu gehörten natürlich:
- Simone de Beauvoir ("Sie kam und blieb" und natürlich "Das andere Geschlecht")
- die Zeitschrift EMMA mit der PorNO-Kampagne (die ich erstmal im Dezember 1987 entdeckte)
- Andrea Dworkin "Pornographie. Männer beherrschen Frauen"
- Ulrike Meinhof "bambule"
- Beck und Beck-Gernsheim "Das ganz normale Chaos der Liebe"
- Rosa Luxemburg
- Clara Zetkin
- Tschernyschewski "Was tun?"
Dann natürlich etliche Sachbücher und Artikel zu Frauen, Heilkunde, Hexen (ja, auch damit kann man sich beschäftigen; war aber nichts für mich), Gesundheit.
Ich habe mich mit anderen Frauen getroffen, habe lesbische Frauen und "deren" Probleme kennengelernt. Ich habe transsexuelle (ex-Männer) Frauen kennengelernt. Ich habe die Lesbenbewegung in Westberlin gesehen, die anfangs mit der Schwulenbewegung zusammen Straßenfester organisiert hatte, und was dann in späteren Jahren fürchterlich zusammengebrochen ist mit der Begründung, die Männer tun auch hier herrschen. Bei den Grünen gab es das Rotationsprinzip (von 1980-1986), was bald wieder abgeschafft wurde und dann durch die Frauenquote abgemildert wurde.
Die Vorläuferdiskussionen, die schon vor meiner Zeit angelaufen waren:
- ab 1979: Im Zeichen von EMMA's PorNo-Kampagne wurde fast jeder Mann verdächtigt. Ob Mann, Lebenspartner, Vater - egal.
- ab 1960er Jahre: "Mein Bauch gehört mir". Keine wirkliche Kampagne, aber eine seeeehr weit verbreitete Meinung unter den werdenden Müttern. Auf der einen Seite kämpften Frauen gegen den Abtreibungsparagrafen §218 StGB. Auf der anderen Seite bekamen die Frauen meiner Generation Kinder. Die Männer meiner Generation waren häufig der Ansicht "...dann lass das Kind doch wegmachen...", worauf dann die Frauen sich von den Männern abwandten und meinten, "mein Bauch gehört mir". In der Folge hieß das meist: "Du hast mir gar nichts zu sagen, und auch nicht vorzuschreiben, ob ich abtreiben soll. Und wenn wir schon dabei sind: Dein Kind wirst Du niemals wieder sehen!"
Innerhalb von nur wenigen Jahren eskalierten die Diskussionen:
- 1990 (?):Im Zusammenhang mit der PorNo-Kampagne entdecke man, dass nicht nur Frauen, sondern auch Mädchen sexuell missbraucht werden. Beispiel war hier der Massen-Missbrauch in Belgien. Als folge entstanden zu der Zeit ziemlich viele Kinderschutz-Zentren. Und dorthin floss ziemlich viel Geld.
- 1991 (?): Krönung war dann, dass Kindergärtnerinnen "entdeckten", dass dieses oder jene Mädchen offensichtlich zu Hause vergewaltigt wurden - etliche Familien sind durch Falschanschuldigungen zerstört worden, Karrieren und Menschen eingeknastet und kaputtgegangen. Jaaaa, es gibt Vergewaltiger! Aber nicht jedes Kind ist vergewaltigt und nicht jeder Mann ein Täter!
- 1992: Dann gab es noch die Diffamierung der Katharina Rutschky, die ihre eigene Veranstaltung nur mit Polizeischutz durchführen konnte. Es ging um ihr Buch Erregte Aufklärung: Kindesmissbrauch: Fakten & Fiktionen, indem sie diese Anprangerei von Männern um jeden Preis hinterfragte und unterstellte, dass es nur um Arbeitsbeschaffung geht und nicht um Aufklärung.
Zur gleichen Zeit habe ich privat ganz andere Erfahrungen gemacht:
- ich habe gesehen, dass eine junge Frau mit blonden Haaren angemacht wurde.
- meine Schwester erzählte mir, dass ein Bauer (bei dem sie ihr Pferd stehen hatte) ihr eine Zigarette auf der Brust ausgedrückt hatte, weil sie sich "geweigert hatte".
- ich habe zusammen mit meinem damaligen Freund einen Streit zwischen einem Päarchen mitbekommen: sie wollte sich trennen, er wollte sie zurückprügeln. Wir riefen die Polzei, die fragte die Frau, ob sie Anzeige erstatten wolle: Nein, sagte sie. Das habe ich bislang drei Mal so erlebt. Inzwischen gibt es mehr Möglichkeiten für Frauen, aber immer noch viel zu wenig Bewußtsein, dass hier Hilfe erfolgen kann.
- eine Freundin hat mir die Freundschaft aufgekündigt, weil ich *meinen* damaligen Freund betrogen hatte.
- eine Freundin ist ohne große Diskussion als Vereinsmitglied aufgenommen worden, während mir das schon seit Jahren verwehrt worden war (sie hatte blonde Haare...)
- ich habe gesehen, dass einer Frau mit langen blonden Haaren ohne Zustimmung über die Haare gestrichen wurde.
- ich bin in Paris mehrfach als Frau angemacht worden (aber auch in München)
- die gleiche Schwester wird noch heute von Mitarbeitern in der Schiffsbranche angemacht. Seitdem sie das nicht mehr zulässt, wird sie gemobbt.
Doch nun auch einmal zu den positiven Dingen, die die Frauenbewegung mir gebracht hat.
- Aufklärung in der Grundschule
- Abschaffung vom Handarbeitsunterricht nur für Mädchen und Werkunterricht nur für Jungs
- Ich finde, eine wirklich große Errungenschaft ist, die Straffreiheit der Abtreibung. Ich selbst hätte zwar nie im Leben abgetrieben, aber ich finde es trotzdem wichtig, dass es diese Möglichkeit gibt. Es gibt wirklich Zwangslagen, in denen man kein Kind haben möchte. Die Gründe dafür sind absolut vielfältig, geradezu einmalig. Eine ganz große Leistung haben hier 1971 "Le Nouvel Observateur" und der "Stern" mit ihrer Aktion "Wir haben abgetrieben" bzw. "Manifeste des 343 salopes" geleistet.
- Auch der Prozess von Memmingen hatte ziemliche Bedeutung, machte er doch dem Norden der Republik schlagartig klar, dass die Abtreibung noch immer nicht überall straffrei war. Und es wurde wirklich heiss diskutiert!