Unterstütze uns! Spende jetzt!

AG Bildung und Soziales/Ergebnisse

Aus PiratenWiki
Wechseln zu: Navigation, Suche

vorläufiges Arbeitsergebnis des Grundsatzprogramms
(steht zur Diskussion)

Kurzfassung
Die Piratenpartei Deutschland tritt für die Demokratie, Freiheit und die soziale Marktwirtschaft ein. Grundlage der Demokratie und der Marktwirtschaft ist die Freiheit. Frei kann jedoch nur sein, wer frei ist von Angst um seine Existenz und sich deshalb zu politischen und gesellschaftlichen Themen eine Meinung bilden kann. Hierzu wird eine Erhöhung der Regelsätze für ALG II auf 400,- Euro/Person einer Bedarfsgemeinschaft sowie die Gleichstellung von Leistungsempfängern bezüglich des Schutzes ihrer Privatsphäre und Bürgerrechte. Kindergeld und Altersvorsorge dürfen nicht als anrechenbares Einkommen gezählt werden. Außerdem setzen wir uns für die flächendeckende Einführung eines Mindestlohnes zwischen 9-10 Euro/Stunde ein damit Arbeit wieder dem Aufbau und Sicherung von Wohlstand bedeutet.

Ausführlich
Die Piratenpartei Deutschland tritt für die Demokratie, Freiheit und die soziale Marktwirtschaft ein. Grundlage der Demokratie und der Marktwirtschaft ist die Freiheit. Nur freie Menschen können sich eine Meinung bilden und an der Demokratie partizipieren. Frei kann jedoch nur sein, wer frei ist von Angst. In der NRO-Erklärung 2008 zum 60 Jahrestages der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte wurde zum Thema Menschenrechte gesagt:
Die in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und in den Menschenrechtspakten verankerten unbedingten Rechte auf Teilhabe am politischen, sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Leben der Gemeinschaft kennzeichnen die Menschengemeinschaft als eine Gemeinschaft aktiv, autonom und solidarisch Handelnder. Die Wahrnehmung der Teilhaberechte setzt realisierte Abwehr- bzw. Leistungsrechte voraus. So ist zum Beispiel die Unverletzlichkeit der privaten und intimen Sphäre der Wohnung genauso eine Grundlage der freien öffentlich-politischen Teilhabe wie das Recht auf einen angemessenen Wohnraum und das Recht auf eine soziale Existenzsicherung. Die soziale Existenzsicherung und der freie Zugang zu wirtschaftlichen und kulturellen Ressourcen wie Wissen, Produktionsmitteln und Naturstoffen ermöglichen erst die freie wirtschaftliche Teilhabe jedes Einzelnen, die nicht unter dem Vorbehalt oder dem Diktat einer Markt- oder Verwertungslogik steht.
Zu diesem unzweifelhaftem Ergebnis kommt auch die Studie „Gesellschaft im Reformprozess“ der Friedrich Ebert Stiftung aus dem Jahre 2005. Menschen die nicht sicher sein können, was der nächste Monat bringt, haben keinen Spielraum für politische Meinungsbildung. Die Sorgen des Alltags verdrängen alle weiteren gesellschaftlichen Themen. Nur wer sich seiner Lebensgrundlagen sicher weiß, kann sich um das öffentliche Leben in Staat und Gesellschaft sorgen. Diese Sicherheit ist auch die Grundlage der Marktwirtschaft. Die freie Marktwirtschaft setzt rational denkende, abwägende und handelnde Marktakteure voraus. Rationales Handeln ist aber nur möglich, wenn die Zukunft planbar, und dass heißt mit einiger Sicherheit vorhersehbar ist. Vorhersehbare Rahmenbedingungen und eine gesicherte Lebensgrundlage eröffnen die Freiheit das eigene Leben rational und eigenverantwortlich zu planen und zu gestalten. Diese grundlegende Sicherheit, Voraussetzung von Demokratie und Marktwirtschaft, wurde durch die Hartz-Gesetzgebung unterminiert. An die Stelle der Vorhersehbarkeit und Planbarkeit sind für viele Menschen prekäre Jobs und eine unplanbare Zukunft getreten. An Stelle einer grundlegenden Sicherheit empfinden diese Menschen nur Angst vor dem jederzeit möglichen Sturz ins Bodenlose – Hartz IV.

Von daher sind die kurzfristigen Ziele der Piratenpartei:

  • Erhöhung der Regelsätze für ALG II auf 400,- Euro/Person einer Bedarfsgemeinschaft
  • ALG II Empfänger dürfen nicht durch Sanktionsmaßnahmen zur völligen Offenlegung ihrer Privatsphäre gezwungen werden.
  • Damit Kinder nicht benachteiligt werden muss das Kindergeld als nicht anrechenbares Einkommen gezählt werden.
  • Um der Altersarmut entgegen zu wirken muss die Altersversorgung als nicht anrechenbares Einkommen gezählt werden.
  • Damit alle Arbeitnehmer halbwegs sozial abgesichert sind muss ein Mindestlohn her, der sich um die 9-10 Euro/Stunde bewegt.

Vor allem zwei Schwerpunkte der „Gesetze für moderne Dienstleistung am Arbeitsmarkt“ haben zur Unterminierung der elementaren Lebenssicherheit der Menschen geführt. Dies sind die Schaffung eines Niedriglohnsektors für vor allem atypische Beschäftigungsverhältnisse und die Regelungen zum ALG II. Durch die im „Ersten Gesetz zur Modernisierung der Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (Hartz I) getroffenen Bestimmungen zu „neuen Formen der Arbeit“ und zur Leiharbeit haben einen Arbeitsmarktsektor geschaffen, in dem Rechtlosigkeit und Unsicherheit herrschen. Die Beschäftigten dieses Sektors – vor allem geringfügig Beschäftigte, Leiharbeiter, befristet Beschäftigte, in Teilzeit Beschäftigte, Personen mit arbeitnehmerähnlichen Tätigkeiten, 1- Euro-Jobber, Aufstocker und Praktikanten – müssen mit geringer Entlohnung, fehlender Arbeitslosen- und Krankenversicherung, geringer Arbeitsplatzsicherheit und Rechtlosigkeit, fehlenden Mitspracherechten und fehlender Anerkennung leben. Die mit diesem Sektor des Arbeitsmarktes verbundenen Erwerbsbiographien ermöglichen kaum noch Karriere- oder Lebensplanung. Familiengründung oder Altersvorsorge sind weitgehend unmöglich. Der Absturz in die Arbeitslosigkeit und in das ALG II anstelle des Aufstiegs in einen gesicherten Bereich des Arbeitsmarktes ist für diese Menschen die wahrscheinlichste Zukunftsperspektive. Die Perspektive ALG II ist eine ständige Bedrohung, ein Damoklesschwert, dass über den Häuptern der in diesem Segment des Arbeitsmarktes Beschäftigten an einem seidenen Faden hängt. Wann dieser Faden reißt, wissen die Betroffenen nicht, noch können sie es beeinflussen. Das aus der Hilfe des Staates und der Gemeinschaft eine Bedrohung geworden ist, lässt sich auf die im „Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt“ (Hartz IV) festgelegten Regelungen zum ALG II zurückführen. Wer auf ALG II angewiesen ist verliert seine Würde, denn er muss seine Privatsphäre über den rein finanziellen Bereich hinaus offen legen. Der Betroffene wird gezwungen in der Öffentlichkeit für jedermann evident sinnlose Sisyphusarbeiten zu verrichten. Politik und Medien lassen keine Gelegenheit aus die Betroffenen zu stigmatisieren. Durch die Zumutbarkeitsregeln werden für den Betroffenen selbst die Marktregeln des Arbeitsmarktes außer Kraft gesetzt. Die Allokation von Angebot und Nachfrage über den Preis (Lohn) ist für den Betroffenen nicht maßgeblich sondern das Gutdünken eines Fallmanagers. Dieser legt fest welche Arbeit zu welchem Lohn zumutbar ist. Damit werden dem Betroffenen die Freiheitsrechte entzogen auf Märkten als freier Akteur agieren zu können. Wer auf ALG II angewiesen ist verliert alles was er besitzt, bis auf dass, was für ein Existenzminimum notwendig ist. Dabei wird menschliche Existenz auf ein akulturelles, nur essendes und schlafendes Minimum reduziert. Wer auf ALG II angewiesen ist verliert seine Zukunft! Durch den Verlust der Altersvorsorge, aller Besitztümer und jeglichen finanziellen Spielraumes sind die materiellen Grundlagen für eine eigenverantwortliche Lebensplanung entzogen. Eine eigenverantwortliche Lebensplanung ist auch vom Gesetzgeber und den Arbeitsgemeinschaften nicht gewünscht. Anders sind die detailierten und sanktionierten Einmischungen der Bürokratie in die eigenverantwortliche Lebensführung der Betroffenen nicht zu verstehen. Besonders bedroht sind die Zukunftschancen der Kinder, Jugendlichen und Heranwachsenden. Ihre Aufstiegschancen werden durch das Leben in Hartz IV stark reduziert. Diese Drohungen des ALG II haben bei vielen Arbeitnehmern zu der Einstellung geführt „Arbeit um jeden Preis“. ALG II hat auch eine disziplinierende Wirkung auf diejenigen, die nicht unmittelbar von der Arbeitslosigkeit betroffen sind. Diese Disziplinierung ist Voraussetzung dafür, dass es ein so großes Niedriglohnsegment wie in Deutschland überhaupt geben kann. Arbeitnehmer sind nur deshalb bereit erniedrigende Arbeitsbedingungen hinzunehmen, weil die Angst vor der sozialen Exklusion durch Hartz IV größer ist. In Zeiten in dem die Industrie immer mehr auf Automatisierung setzt kann es nicht angehen das Arbeitnehmer immer mehr unter Druck gesetzt werden. Laut Lothar Späth und Herbert A. Henzler würde es eine Arbeitslosenquote von über 38% geben, wenn Deutschland das volle Potenzial des technisch machbaren Automationspotenzial umsetzen würde. Diese Berechnung wurde bereits im Jahre 1993 durchgeführt. Wenn man der technischen Möglichkeit von heute mit der von 1993 gleichsetzt kommt man wahrscheinlich auf eine Arbeitslosenquote um die 50 bis 60%. Um diesem irrationalem Wunschdenken der Vollerwerbstätigkeit entgegen zu wirken, muss der langfristige Weg hin zum bedingungslosem Grundeinkommen sein. Deshalb fordern wir eine Diskussion zum „Bedingslosen Grundeinkommen“ unter Einbeziehung aller Bürger Deutschlands.
¹ Erhebung des Forschungsinstitutes für Kinderernährung April 2009


ZUR DISKUSSION:

Alternativvorschlag

Hallo, hier endlich mein Plädoyer für den Eckregelsatz von 500,- € sowie 10,- € Mindestlohn.

Zugegeben, die Forderungen klingen radikal. Aber wenn wir Hartz IV als Ganzes ablehnen, können wir mit einer Aufstockung von ca. 60,- € nichts erreichen. Die 500,- € wären eine Grundsicherung zur Versorgung. Die Wohnkosten fallen da nicht mit rein, dann hätten die Betroffenen weniger als vorher. Bei der Piratenpartei wird das BGE diskutiert, aber da gibt es keinen Konsens und es sind Zukunftsmodelle, die nur langfristig zu verwirklichen sind. Der Weg dahin wäre eine Alternative zum Modell Hartz / Agenda 2010. Die 500.- € - Grundsicherung müsste für die bedürftigen Menschen ohne weitere Bedingungen ausgezahlt werden. Im heutigen System kann ein ALGII-er trotzt eines oder mehrerer Teilzeitjobs nicht aus der engen Grenze der Notversorgung herauskommen, was einerseits an der sofortigen Anrechnung auf den Hilfebezug (abgesehen von einer einmaligen „Aufwandspauschale“ von 100,- € + lächerlichen 20%) liegt und andererseits am dort oft gezahlten Dumpinglohn. Wegen dem auch immer mehr „Aufstocker“, d.h. Vollzeitarbeitende in den ALGII-Bezug geraten, d.h. quasi von dem selben Minimum leben müssen, wie nicht erwerbstätige ALGII-Bezieher (Unterschied ca. 150,- €). Die Alternative: Jeder Grundsicherungsempfänger darf anrechnungsfrei bis maximal 500,- € dazuverdienen, kann also selbst seine Lebenssituation verbessern, auch Renten, Unterhalt, Verdienste bei Eingliederungsmaßnahmen, BAFÖG u.ä. dürfen bis 1000.- € nicht angerechnet werden. Die offizielle Armutsgrenze liegt zur Zeit bei Alleinstehenden bei knapp unter 1000,- € , d.h. ein „normales“ Leben, auch für alleinerziehende Mütter und Väter wäre so möglich. Bedingung für eine sozial gestaltete Marktwirtschaft ist für uns ein gesetzlicher Mindestlohn. Die in SPD- und Gewerkschaftskreisen veranschlagten 7,50 € (Brutto) helfen nicht wirklich weiter, da mit dem erzielten Nettolohn von ca. 5,20 € viele Arbeitende weiter im Sozialbezug bleiben würden. Bei 10,-€ Mindestlohn wäre eine vernünftige Mindestabsicherung für Erwerbstätige schon eher möglich. Wer soll das bezahlen ? Bevor sich das Steuersystem in Richtung der BGE-Befürworter entwickelt, wäre es schon ein Ansatz, wenn die Einkommen bis 1000,- € steuerfrei (Lohnsteuer) blieben und dadurch entlastet würden. Die Arbeitsagenturen und Job-Center würden von Repressions- und Regulierungsarbeiten entlastet und würden Kosten einsparen. Wohnkosten: Es wurde zu einem Riesen – Berechnungsproblem, schaffte -zig Fälle für die Sozialgerichte und führte zu Bevormundung und Drangsalierung der Betroffenen in „Bedarfsgemeinschaften“, die eher Zwangs- Finanzierungsgemeinschaften waren für die Behörden. Die Berechnungen waren kompliziert und Realitäts- fern. Wenn es aber eine vernünftige Grundsicherung gibt, warum setzt man die Prüfung nicht wieder da an, wo einem sonst auch geholfen wurde ? Die Kosten für das Wohnen (Wohngeld) werden dann über die kommunalen Wohngeldstellen abgewickelt und sind unabhängig von der Grundsicherung. Das heißt, Grundsicherung ist ein Einkommen, wie andere auch. Das ist nur mit einer vernünftigen Grundabsicherung möglich, dann klingen 500,- € gar nicht mehr viel. Das von mir aufgezeigte Modell ist noch grob gestrickt.Je nach Inflation / Deflation kann sich da einiges verschieben, aber bezogen auf die derzeitige Situation sind sie sehr realistisch. Das Modell bedeutet die Abschaffung von Hartz IV, eine Sanktionierung wäre dort auch nicht mehr vorgesehen. Für jedes Kind müsste auch eine Grundsicherung geschaffen werden als ERGÄNZUNG zum Kindergeld. Da sind die Meinungen über die Höhe noch unterschiedlich. Eine „Sippenhaft“ wie heute mit dem Modell „Bedarfsgemeinschaft“ darf es aber nicht mehr geben. Ich bin der Meinung, alle in der Piratenpartei, die HartzIV abschaffen wollen, können diese Vorstellungen unterstützen. Und wir dies zur Diskussion stellen, auch, ob wir mit diesem Bündnis zusammenarbeiten möchten.


Jüterbog, 3.12.09 Ron Matz (AG Soziales)