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Parteitag/2014.2/Kandidat-002

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  • Hinweis von Jörg: Ich habe mich im Herbst 2014 wie angekündigt an der Gründung einer anderen Partei beteiligt und bin seit Anfang Februar 2015 nicht mehr Mitglied der Piratenpartei Deutschland.

Name: @jpreisendoerfer
Kandidatur: Beisitzer; PolGef, sofern der Landesparteitag diesen Aufgabenbereich schafft.

Präambel

Dieser Fragenkatalog ist eine Arbeit der AG TDBD und weiterer interessierter Piraten. Er soll dazu dienen, den Kandidaten für den LPT2014.2 im Voraus die Möglichkeit zu geben, sich vorzustellen und etwas über sich zu erzählen.
Die Beantwortung der Fragen ist selbstverständlich freiwillig, hilft aber anderen dabei, sich bereits im Voraus über die Kandidaten zu informieren.

Fragen

Fragen zur Person

  • Hinweis von Jörg: Ich habe mich im Herbst 2014 wie angekündigt an der Gründung einer anderen Partei beteiligt und bin seit Anfang Februar 2015 nicht mehr Mitglied der Piratenpartei Deutschland.

Wer bist Du? Erzähl uns was über Dich!

Ich wurde 1973 in Frankfurt am Main geboren und habe dort bis Herbst 1994 gelebt.

Einige weitere »Eckdaten« findet Ihr auf meiner Nutzer-Seite im Bundeswiki.

Politische Prägung in Frankfurt am Main

In den 1980er Jahren in Frankfurt am Main aufzuwachsen, hat mich selbstverändlich auf viele Arten politisch geprägt, von denen ich hier drei skizzieren möchte.

Frankfurt als diverse Stadtgesellschaft

Zunächst einmal – und für viele hier vielleicht überraschend – ist Frankfurt am Main seit Jahrzehnten die Stadt mit dem höchsten Ausländeranteil in Deutschland. Das hat viele Gründe, von denen Konflikt- und Arbeitsmigration nur zwei sind. Eine mindestens ebenso wichtige Rolle spielt die Eigenschaft Frankfurts als internationaler Messe-, Handels- und Börsenstadt und als Standort der industriellen Chemie (in der Hauptsache Zuliefer- und Nachfolgebetriebe der früheren Hoechst AG).

Auf das Ganze der Stadt gesehen, steht Berlin mit einem weniger als halb (!) so hohen Ausländeranteil an Platz 18 (!) der deutschen Städte, wenn sie nach ihrem jeweiligen Ausländeranteil aufgestellt werden,

Ich weise hier auf diese Tatsache hin, weil für mich einige der Debatten, die in Berlin (wo ich seit nun fast genau 20 Jahren lebe) und auch in der Piratenpartei um die Begriffe »anti-rassistisch« und »anti-faschistisch« geführt wurden und werden, lange unverständlich waren; jedenfalls aber überraschten sie mich, denn die Frankfurter Stadtgesellschaft hat in ihrer Mehrheit seit langem geklärt, dass sie selbstverständlich »anti-rassistisch« und »anti-faschistisch« ausgerichtet ist. Obgleich CDU und FDP in Frankfurt immer wieder am rechten Rand der Politik Stimmen fischen, meine ich, dass auch sie im Grundsatz unter diese beiden Oberbegriffe zu zählen sind.

Dieser demokratische Grundkonsens zeigt sich zum Beispiel im seit Jahrzehnten bestehenden Frankfurter Römerbergbündnis, in dem sich Gewerkschaften, Frankfurter Jugendring und Glaubensgemeinschaften zusammengeschlossen haben, um rechtspopulistischen Kundgebungen entgegenzutreten. An ihm sind zwar die Parteien nicht beteiligt, dennoch lässt sich das Römerbergbündnis als ideengeschichtlicher Vorläufer heutiger Übereinkünfte wie dem »Berliner Konsens« verstehen.

Im Klima dieses Grundkonsenses bin ich aufgewachsen. Deshalb ist für mich die Wahrnehmung, dass in einer Partei der Begriff »anti-faschistisch« sich von einem unabdingbaren demokratischen Grundkonsens zu einem Schimpfwort wandelt, so wie es in Teilen der Piratenpartei gegenwärtig evident der Fall ist, eine ganz und gar bizarre Erfahrung. Meine politische Position ist an dieser Stelle abschließend entschieden: Eine Partei ohne klares, verbindliches und ausdrückliches anti-faschistisches und anti-rassistisches Selbstverständnis kann und darf es in einer modernen Demokratie nicht geben. Diese Überzeugung würde man mir wie gesunde Zähne aus dem Mund brechen müssen.

Dem gegenüber halte ich die hitzig geführte Debatte über eine angeblich fortgeschrittene, organisierte »Unterwanderung« unserer Partei durch »gewaltbereite Antifa-Aktivisten« nicht für schlüssig, weil es den in Frage kommenden Akteuren einerseits an einem ausreichend hohen Organisationsgrad fehlt, um eine solche Unterwanderung durchzuführen, andererseits ist eine »Unterwanderung« der Piratenpartei für die entsprechende Szene nicht attraktiv, weil wir dort durchaus herablassend als »iPhone-Antifa« angesehen werden.

Weil ich hier über dieses Thema spreche und ehemaliges Mitglied des Berliner Landesverbandes bin, wird mir wohl auch die Frage gestellt werden, wie ich mich zu Annes Protest in Dresden positioniere? Ich habe mich seinerzeit nicht an der öffentlichen Diskussion über den Vorgang beteiligt, aber wie vermutlich die meisten Mitglieder des Landesverbandes Berlin halte auch ich die Aktion für einen Fehler, den man bereits vor seinem Eintritt als solchen hätte erkennen können.

Das rechtfertigt freilich in keiner Weise die Gewaltandrohungen, denen Anne anschließend ausgesetzt war. Hier hätte ich mir gewünscht, dass jedenfalls diejenigen Verbände unserer Partei, die meinten, zu diesem Vorgang Stellung nehmen zu müssen, die politische Klugheit Heinz Buschkowskys (Bürgermeister von Berlin-Neukölln, SPD) aufgebracht hätten, der sich in einem Redebeitrag in der Neuköllner Bezirksverordnetenversammlung mit folgenden Worten vor Anne stellte:

»Es kann nicht sein, dass wenn ein Mitglied dieser Versammlung an einer politischen Aktion teilnimmt – über die man streiten kann – dieses Mitglied mit dem Tod bedroht wird. Allen, die hier sitzen, gehört der Schutz dieses Hauses.«

Ich wünsche mir sehr, dass wir als Pirat*innen zu vergleichbaren Aussagen in nicht allzu ferner Zukunft selbst in der Lage sind und uns nicht mehr von einem Politiker der SPD überholen lassen, der ansonsten etliche zweifelhafte Positionen vertritt.

Frankfurt als Knotenpunkt einer modernen, unorthodoxen katholischen Sozialethik

Den zweiten, politisch prägenden Frankfurter Einfluss sehe ich in meiner Herkunft aus dem römisch-katholischen Milieu der Stadt. Ich »praktiziere« zwar nicht und habe aus vielen Gründen, zuletzt wegen der Position der Katholischen Deutschen Bischofskonferenz in der Beschneidungsfrage, im vergangenen Jahr meine Kirchensteuerpflicht beendet; dennoch ist das, was ich politisch für gut und richtig halte, weder mit dem Label »links« noch mit dem Label »sozialliberal« genügend beschrieben, sondern am ehesten noch durch den Bezug auf die spezifische Frankfurter und bistumslimburger Tradition einer modernen, argumentationsfreudigen, weltoffenen, menschenzugewandten und unorthodoxen katholischen Sozialethik.

Sie ist spürbar geprägt vom Dialog mit der »Frankfurter Schule« und vom Einfluss des progressiven Flügels des Zweiten Vatikanischen Konzils, der im Bistum Limburg durch Bischof Wilhelm Kempf und den Frankfurter Stadtdekan Walter Adlhoch vertreten war. So hat z.B. der Theologe, Nationalökonom und Sozialphilosoph Oswald von Nell-Breuning nicht nur unser heutiges Verständnis von sozialer Marktwirtschaft, Arbeitnehmer-Mitbestimmung und politischer Subsidarität wesentlich mitgestaltet, sondern auch Argumente zum Diskurs über ein bedingungsloses Grundeinkommen beigesteuert.

Vertreter dieser Frankfurter Tradition katholischer Sozialethik wie Nell-Breuning, Friedhelm Hengsbach (obgleich kein BGE-Vertreter) oder Ruppert Lay nehme ich gesellschaftspolitisch bei weitem (!) als fortschrittlicher war als das, was mir an »sozialliberalen« Positionen in unserer Partei überhaupt bekannt ist. Auch die Bedeutung der Ordensfrauen und -männer zum Beispiel für einen guten Umgang mit der AIDS-Krise der 1980er und 1990er Jahre kann meines Erachtens kaum überschätzt werden. Zudem hat kein anderes katholisches Bistum in Deutschland eine so umfassende Kultur der Mitbestimmung der ernannten Amtsträger durch gewählte Mandatsträger entwickelt wie das Bistum Limburg (zu dem Frankfurt am Main gehört) mit seinem »Synodalen Weg«, was ihm seit langem Konflikte einträgt, wie z.B. die inzwischen schon historische »Affäre Bafile« (1973),

Sehr verkürzt gesagt: Vor dem Hintergrund des Selbstbewusstseins der modernen bistumslimburger Katholiken erstaunt mich nicht, dass sie im vergangenen Jahr ihren prunkwütigen und orthodoxen Bischof davonjagten, nachdem sein Vorgänger Franz Kamphaus auf eine Wohnung im alten Bischofshaus verzichtete, um sie einer Flüchtlingsfamilie zu überlassen, und stattdessen in ein Einzelzimmer des damaligen Limburger Priesterseminars zog.

In der Verlängerung dieser Gedanken sehe ich für unsere Partei als wichtig an, den Dialog mit Glaubensgemeinschaften zu suchen – obschon wir für eine klarere Trennung von Staat und Religion eintreten –, weil jede Glaubensgemeinschaft notwendigerweise auch mit einer Sozialethik verbunden ist. Das macht Glaubensgemeinschaften unausweichlich zu Gesprächspartnern, wenn es um die Verwirklichung eines bedingungslosen Grundeinkommens geht. Zudem verfügen sie durch ihre Sozialberatungen über eine sozialpolitische Kasuistik, die uns als Partei mit sozialer Programmatik grundsätzlich interessieren muss.

Frankfurt und die diskursive Kulturpolitik Hilmar Hoffmanns

Ein dritter prägender Moment im Frankfurt der 1980er Jahre, der mich bis heute begleitet, ist die Politik des damaligen Frankfurter Kulturdezernenten Hilmar Hoffmann.

Wenn es um seine kommunale Kulturpolitik geht, ist Hoffmann am bekanntesten vielleicht für das Konzept des Frankfurter Museumsufers. Aber er richtete in Frankfurt auch das dritte kommunale Kino der alten Bundesrepublik ein und konnte Heinrich Klotz als Gründungsdirektor des Deutschen Architekurmuseums, William Forsyth als künstlerischen Leiter des Ballett Frankfurt und Günther Rühle als Intendant des städtischen Schauspiels gewinnen.

Gerade drei der frühesten Ausstellungen, die das Deutsche Architekturmuseum zeigte, erscheinen im Rückblick wie der Versuch einer Begriffsdefinition von »Kulturoptimismus« am Begegnungspunkt von Ästhetik, Politik und Ökonomie: »Chicago-Style 1872–1922« (1987), »Vision der Moderne – Das Prinzip Konstruktion« (1986) und »Revision der Moderne, Postmoderne Architektur 1960–1980« (1984). Mitte der 1980er Jahre hingen in der ganzen Stadt Plakate des Architekturmuseums, die eine Zeichnung aus einem der bekanntesten Projekte der Gruppe »Archigram« zeigten: »Walking City« (Ron Herron, 1964),

Der kleine Bruder der »Walking City« parkt seit 35 Jahren in Berlin und heißt Internationales Congress Centrum. Ich weiß, dass viele Berliner*innen damit nichts anfangen können, aber wenn ich daran vorbeigehe, denke ich: So sah mal die Zukunft aus – Kongress gewordener Kulturoptimismus.

Als Kulturdezernent etablierte Hoffmann in Frankfurt eine systmatische Förderung freier Kulturschaffender und sprach sich energisch gegen die Verzweckung kommunaler Kulturförderung für das Stadtmarketing aus. Mich beeindruckt bis heute der hohe Stellenwert, den er der Demokratisierung des öffentlichen Raums einräumte, und sein Konzept, zur Erreichung dieses Ziels die Breiten- und Alltagskultur als Ferment zur Aneignung der Stadt durch ihre Bevölkerung zu fördern.

Als Pirat finde ich in Hoffmanns kulturpolitischem Grundlagenwälzer »Kultur für Alle« Positionen, die immer noch aktuell sind: An seinen Überlegungen zur offenen Nutzung des Programmbestandes der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten führt für Piraten kein Weg vorbei. Die technischen Mittel haben sich geändert – doch nach 35 Jahren sind wir dem Ziel, die Programmbestände dauerhaft und allgemein zugänglich zu machen, kaum einen Schritt näher gekommen. Das stellt nicht nur einen Verlust an Bildungszugänglichkeit dar, sondern – wie Hoffmann richtig anmerkt – auch einen immensen volkswirtschaftlichen Schaden.

Bezeichnend für Hoffmanns Verständnis von Kulturpolitik sind einige Sätze, die Günther Rühle – in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre von Hoffmann als Intendant des Schauspiels Frankfurt verpflichtet – am Schluss eines Vortrages sagte:

»Wenn Sie künftig mit dem Satz ›Was soll das Theater?‹ auf einen scheinbar unnützen Streit reagieren, werden Sie auch fragen: Warum machen die Theater? Es muß doch etwas Anlaß sein zu diesem Streit, zu diesem Konflikt. Gehen wir auf die Suche nach dem Anlaß! Wenn Sie so reagieren, haben Sie begriffen, was das Theater soll. Zeigen, was ist, und die Gedanken hinlenken auf das, was sein sollte. Oder sagen wir: Was sein könnte.«
— Günther Rühle: »Was soll das Theater?«, Theater in unserer Zeit, Dritter Band, suhrkamp taschenbuch.

Das Verständnis, das Rühle hier vom Theater entwirft und das eigentlich auch auf die Künste im Allgemeinen übertragen werden kann, ist ein eminent politisches: Er erkennt den Streit als Ressource, aus der sich im günstigen Fall Debatten zur konkreten Gestaltung einer besseren Zukunft entwickeln lassen. — Ich hoffe, das wir als Piraten trotz der notwendigen Entwicklung klarerer Parteistrukturen die Fähigkeit zu einer so spielerischen Suche nach dem, was sein sollte, nicht verlieren.

Wo wohnst Du und welcher Gliederung gehörst Du ggf. an?

In den vergangenen knapp 20 Jahren habe ich in Berlin gelebt und nehme im Lauf des Jahres meinen Wohnsitz im Landkreis Märkisch-Oderland. Wegen der bevorstehenden Landtagswahl in Brandenburg am 14. September 2014 habe ich bereits während des Europawahlkampfes 2014 beantragt, in den Landesverband Brandenburg aufgenommen zu werden.

Seit wann bist Du aktiv für die Piraten?

Ich wirke seit 2012 in fachpolitischen Arbeitsgruppen bzw. Squads der Piratpartei mit. Im vergangenen Jahr musste ich wegen gesundheitlicher Probleme mehrere Monate pausieren.

Formales Mitglied der Piratenpartei bin ich seit Winter 2014.

Warst Du für das Ministerium für Staatssicherheit tätig?

Nein.

Ich versichere wahrheitsgemäß, dass ich weder für diesen Geheimdienst tätig war noch für einen anderen Geheimdienst oder eine vergleichbare Organisation tätig war oder bin.

Tätigkeit in und für die Piratenpartei

Was hast Du bisher mit und für die Piraten gemacht?

Neben meinem fachpolitischen Engagement beteilige ich mich am Straßenwahlkampf, weil er mir Spaß macht. Dort mache ich regelmäßig die Erfahrung, wie groß das Interesse der Bürger*innen an den Themen und Konzepten der Piratenpartei unverändert ist.

Ich habe mich nicht an der Kampagne #KeinHandschlag beteiligt, sondern für unsere gesamte Europaliste 2014 Straßenwahlkampf in Berlin und zu einem kleinen Teil auch in Brandenburg getrieben, ohne Rücksicht darauf, welchen Flügeln unsere Kandidat*innen zugerechnet wurden.

Da ich also meine Hilfsbereitschaft im Europawahlkampf nicht eingestellt habe, brauche ich mich nun auch nicht an der Kampagne #1000Hände zu beteiligen, um Hilfsbereitschaft hervorzukehren.

Gegenwärtig wirke ich an der Produktion der Kampagne zur Landtagswahl 2014 in Brandenburg mit.

Welche Projekte oder Inhalte waren bisher Deine Schwerpunkte?

Meine fachpolitischen Schwerpunkte liegen im Bereich der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik (teilweise erweitert um Aspekte der Gesundheitspolitik), der Kommunalpolitik und der Kulturpolitik.

Welchen Aktivitäten bist Du innerhalb von AGs/Crews/KVs nachgegangen?

Ich arbeite regelmäßig bei den Berliner Sozialpiraten und weniger regelmäßig bei den Bundessozialpiraten mit. Hin und wieder biete ich dem Hessischen AK Soziales meine Unterstützung an. Im Winter 2014 habe ich die bundesweite AG SGB II.0 gegründet, die kommunalpolitische Anfragen und Vorlagen zum Arbeitslosengeld 2 entwickelt.

Seit einigen Wochen pflege ich den Twitter-Account des KV MOL und habe hierfür eine Beauftragung des Kreisvorstandes erhalten.

Beim Bundesparteitag in Halle gehörte ich zu jenen Pirat*innen, die sich am frühen Sonntag Nachmittag im Foyer der Messehalle zu einem etwa halbstündigen Austausch trafen (»Foyerpiraten«). Anders als kolportiert wird, war bei diesem Treffen nicht von einer »Abspaltung« von der Piratenpartei die Rede.

Ich gehöre der anschließend gegründeten »Progessiven Plattform« inzwischen als Mitglied an – nicht, weil ich meine politischen Positionen als »links« auffassen würde, sondern weil ich meine Positionen als geprägt von der Frankfurter Tradition katholischer Sozialethik verstehe (siehe oben unter 2.1.1.1.2).

Bist Du noch anderen politischen Aktivitäten nachgegangen?

Ich habe mich einige Jahre in der Selbsthilfe und politischen Interessen-Selbstvertretung chronisch kranker Menschen engagiert.

Im Jahr 2011 haben einige Mitstreiter*innen und ich eine Online- und AV-Kampagne zum Berliner Wasservolksentscheid produziert,

Ich war mal im Orbit der Grünen bzw. der Grünen Jugend Hessen, ungefähr zu der Zeit, als Jutta Ditfurth noch Mitglied der Grünen war, und einige Zeit darüber hinaus. Am Tag, als Petra Kelly und Gert Bastian tot aufgefunden wurden, stand ich mit Tarek Al Wazir in einer Frankfurter Straßenbahn. Aber das ist ungefähr so lang her wie das Erdmittelzeitalter.

Motivation der Kandidatur

Welche Motivation bewegt Dich zu Deiner Kandidatur?

«Wo chiemte mer hi
wenn alli seite
wo chiemte mer hi
und niemer giengti
fur einisch z'luege
wohi dass me chiem
we me gieng.»
— Kurt Marti, 1967
(Berner Schweizerdeutsch:
»Wo kämen wir hin
wenn alle sagten
wo kämen wir hin
und niemand ginge
einmal zu schauen
wohin wir kämen
wenn wir gingen.«)

Daneben interessiert mich die spezifische Programmatik unserer Partei, die weithin für eine »urbane Erscheinung« gehalten wird, in einem Flächenland wie Brandenburg: Teilhabe, kulturelles Angebot und medizinische Versorgung im ländlichen Raum, wohnortnahe Bildung, Landgrabbing, Carbon Capture and Storage, Fracking, Braunkohle-Tagebau, energiepolitische Wende und Kritik an den Nebenfolgen der Windenergie, Polizeireform, Abwanderung.

Für wie teamfähig hältst Du Dich?

Im Grundsatz für gut teamfähig, aber weil ich meine, dass kein Engagement für eine Organisation oder eine Gruppe, so groß es auch immer sein mag, übergriffiges oder querulatorisches Verhalten rechtfertigt, bin ich bereit, solches Verhalten zu benennen und durch das Setzen klarer Grenzen einzudämmen.

Fragen zum Amt

Jedes Amt setzt hohe Anforderungen an Zeit und Ressourcen voraus.

Wie hoch schätzt du den Zeitaufwand für das von Dir anvisierte Amt ein?

In einem disziplinierten, gut zusammenarbeitenden, nicht zu kleinen Landesvorstand kann sich der wöchentliche Zeitbedarf pro LaVo-Mitglied auf durchschnittlich (!) rund 15 Stunden / Woche beschränken. Das gilt selbstverständlich nicht, wenn große Bestände an Altlasten aufzuarbeiten sind oder regelmäßig heißgelaufene Vorstandsmitglieder von Alleingängen »eingefangen« werden müssen.

Welche eigenen Schwerpunkte und Projekte möchtest Du mit dem Amt umsetzen?

Die Schwerpunkte meiner Tätigkeit sehe ich in:

  • Der Unterstützung der Brandenburger Kampagne zur Landtagswahl 2014,
  • Der Unterstützung einer Strukturreform der Brandenburger Gliederungen
    (z.B. Vereinigung von Gliederungen unterhalb der Landesebene, wo diese gewünscht wird),
  • Der Entwicklung anti-korruptiver Strukturen, weil diese immer auch die Möglichkeiten zur Teilhabe verbessern,
  • Der Einführung einer Handhabe, mit der die mißbräuchliche und/oder übergriffige Nutzung von Einrichtungen und Arbeitsmitteln unserer Partei wirksam zurückgedrängt werden kann.

Welche piratischen Ziele möchtest Du mittel- und/oder langfristig erreichen?

Wie vielen anderen Pirat*innen auch, ist mir das bedingungslose Grundeinkommen ein wichtiges langfristiges Anliegen. Es könnte gerade den Bevölkerungsverlust in Bundesländern wie Brandenburg und Sachsen bremsen oder umkehren.

Zu den Schritten, die auf dem Weg zu einem BGE mittelfristig gegangen werden müssen, gehört meines Erachtens, dass die Verwaltung der Grundsicherung bundesweit der Bundesagentur für Arbeit wieder aus den Händen genommen und den Kommunen zurückgegeben wird, damit die kommunalen Volksvertretungen ihre parlamentarischen Kontrollrechte wieder wirksam und uneingeschränkt ausüben können. Aus meiner Sicht dürfen die Aufgaben der Grundsicherung prinzipiell nicht einer öffentlich-rechtlichen Anstalt überlassen werden, wie sie die Bundesagentur darstellt.

Wie stellst Du Dir eine piratische und transparente Amtsführung vor?

Im Grundsatz sind viele Voraussetzungen für eine nachvollziehbare Amtsführung in unserer Partei schon gegeben und deshalb nicht von meinen Vorstellungen abhängig.

Vor große Probleme – nicht nur in unserer Partei, sondern auch in anderen Organisationen – wird die Nachvollziehbarkeit jedoch durch informelle und deshalb »unsichtbare« Gruppen und Strukturen gestellt, die sich teils bereitwillig, teils notgedrungen bilden. (Notgedrungen z.B. dann, wenn sich Pirat*innen heimlich in abgelegenen Mumble-Räumen auf den Servern anderer Landesverbände treffen müssen, um vor Angriffen und Störungen geschützt zu sein.)

Damit lässt sich aus meiner Sicht nur dadurch vernünftig umgehen, dass wir die Entstehung »sichtbarer« (formal konstituierter) Gruppen begünstigen, denen freisteht, unter denjenigen, die in ihnen mitwirken wollen, auszuwählen, um sich so gegen Angriffe und Störungen zu schützen. Ich weiß, dass viele Pirat*innen diesen Gedanken nicht gern ausgesprochen hören, meine aber, dass an seiner Umsetzung in die Wirklichkeit kein Weg vorbei führt, wenn wir nicht die vollständige Erosion ganzer Landesverbände riskieren wollen.

Wie motivierst Du andere zu politischer Aktivität?

Indem ich versuche, denjenigen, die sich engagieren wollen, den Rücken frei zu halten von querulatorischen Angriffen derjenigen, die das piratische Mandat als Freibrief für rücksichtsloses und selbstbezogenes Verhalten mißverstehen.

Solche Rücksichtslosigkeit und Selbstbezogenheit hat sich seit langem als »natürlicher Fressfeind« des Engagements in unserer Partei erwiesen.

Wir können es uns nicht leisten, dem untätig zuzusehen.

Fragen an den Kandidierenden

Du hast eine Frage an den Kandidaten? Trage sie hier ein!

Frage:

Hättest Du ein paar Beispiele (2-3) welch ein Verhalten Deiner Meinung querulantorisch bzw. rücksichtsloses und selbstbezogenes Verhalten bei den Piraten ist?

  • Ich habe während meiner Kandidatenvorstellung auf dem Landesparteitag das Beispiel von Wortmeldungen auf Mailinglisten und im Mumble gegeben, in denen Unterstellungen und Verdächtigungen als Tatsachenbehauptungen dargestellt werden, ohne dass Anknüpfungstatsachen genannt werden, die nachgeprüft und belegt oder widerlegt werden können. — Hiervon zu unterscheiden sind eindeutige Wertungen wie »Wie mir erscheint unglaubwürdig, dass …, weil …«.