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Benutzer:Tojol/Verschiedenes/PiratischePerspektiven-1

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Piratische Perspektiven

Meine ursprüngliche Intention im Frühjahr 2012, der Piratenpartei beizutreten, war zweigeteilt:

  1. Die Piratenpartei stellte sich als wahrnehmbare neue politische Kraft eindeutig gegen den Abbau der Bürgerrechte -Stichwort gläserner Bürger- und setzte sich für eine Demokratisierung politischer Abläufe ein -Stichwort gläserner Staat-. In diesen Grundpositionen entsprach sie meiner politischen Grundhaltung, mit der ich als Einzelkämpfer bisher zu wenig Wirksamkeit entfalten konnte. Durch eine Unterstützung der Piratenpartei hoffte ich die Durchsetzung dieser Kernziele fördern zu können.
  2. Programmatisch war die Piratenpartei in vielen Bereichen zu schwach positioniert, im Land Brandenburg fehlte insbesondere eine klare energiepolitische Ausrichtung. Diese programmatische Schwäche ist mit meiner aktiven Einflußnahme mittlerweile behoben; das Ergebnis ist gut.

Derzeit, knapp drei Monate vor der Bundestagswahl, ist die Piratenpartei offenbar im politischen Spektrum marginalisiert; ihr werden maximal 3% der Wählerstimmen zugetraut. Dies, obwohl mit der katastrophalen Wirtschafts-, Europa- und Energiepolitik der Merkel-Regierung sowie dem öffentlichen Bekanntwerden der allumfassenden Datenerfassung zwar die Notwendigkeit einer Alternative allgemein anerkannt wird, diese jedoch bei keiner existierenden politischen Partei vermutet wird. Stattdessen hat offensichtlich eine weitgehende Erosion des Vertrauens in politische Gestaltungsmöglichkeiten sowie umfassender Fatalismus um sich gegriffen. Jeder weiß, es geht nicht so weiter, wartet auf einen großen Knall und wurstelt sich bis dahin so weiter durch.

Hinzu kommt, daß der organisatorische Zustand der Piratenpartei sowohl auf Bundesebene als auch im Land Brandenburg bestenfalls als noch gerade funktionsfähig bezeichnet werden kann. Das derzeitige "Führungs-"Personal genießt kaum Vertrauen der Basis und ist in der medialen Darstellung entweder nicht oder als lächerlich zerstritten präsent. Inhaltliche Initiativen werden weder durch die Vorstände, die bestehenden Landtagsfraktionen, noch die Bundestagskandidaten erfolgreich lanciert - Anke Domscheit-Berg ist auf ihre Art dabei eine Ausnahme.

Der Regionalverband Südbrandenburg ist praktisch inaktiv; dies muß ich mir auch selbst zuschreiben, ich habe aber wenig Vertrauen in meine Fähigkeit diesen Zustand zum Positiven zu verändern.

So stellen sich die Fragen:

  1. Bleibt bzw. wird die Piratenpartei bundes- und europaweit eine relevante Kraft? Dies wird sich mit der Wahl am 22. September erweisen; trotz meines Widerwillens gegen die personellen und organisatorischen Mängel in der Partei halte ich ihre aktive Präsenz als Bürgerrechtskraft im Bundestag und im Europäischen Parlament zumindest für nicht schädlicher als die der bisherigen Parteien, die sich im faktischen Konformismus eingerichtet haben.
  2. Wenn die Piratenpartei bundespolitisch (vorerst) scheitern wird, ist ein (Wieder-)Aufbau nur über die Vertretungen in den Ländern und Kommunen denkbar. Im Jahr 2014 stehen am 25. Mai Kommunal- und Europaparlaments- und und im Herbst Landtagswahlen an. Um kommunal wirksam werden zu können, ist einerseits (in Cottbus) der Einzug in Fraktionsstärke (d.h. mindestens 3, eventuell 4 von voraussichtlich 46 Stadtverordneten), andererseits ein hinreichendes persönliches wechselseitiges Vertrauen und Einigkeit über anzustrebende Ziele und Möglichkeiten, diese zu erreichen, nötig. Sollte das piratische Wahlergebnis in Cottbus bei der Bundestagswahl ermutigend sein, muß das verbleibende halbe Jahr dazu genutzt werden, diese Voraussetzungen zu schaffen - sonst gibt es keine hinreichende Begründung, das Vertrauen der Wähler zu beanspruchen. Gute Arbeit in den Kommunen ist wiederum eine Voraussetzung für gute Landtagsarbeit; die kurze Zeitspanne dazwischen macht es aber schwierig, geeignete Kandidaten aus der praktischen Arbeit heraus zu identifizieren.

Fazit:

Inhaltlich ist die Piratenpartei derzeit eine notwendige Alternative; sie hat allerdings ein massives Überzeugungsproblem nach innen und außen. Ob sie eine Perspektive als nützliche politische Kraft hat oder wie so viele gesellschaftspolitische Anläufe sich selbst marginalisiert und/oder durch den strukturellen Konservatismus verdrängt wird, bleibt abzuwarten. Ein persönlicher Rückzug ist derzeit noch verfrüht; ein Neueintritt wäre allerdings zur Zeit auch nur schwer vorstellbar.

Thomas Langen, 30. Juni 2013