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WahleinspruchHVL

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Verfassungsbeschwerde vom 26.07.2016

Piratenpartei Deutschland, Kreisverband Havelland, c/o Raimond Heydt, Mittelstr.47, 14641 Nauen

An das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg Jägerallee 9-12 14469 Potsdam

Betreff: Verfassungsbeschwerde wegen nicht Nichtzulassung zur Kreistagswahl am 25.05.2014

Nauen, den 26.07.2016 Sehr geehrte Damen und Herren,

hiermit erhebt die Piratenpartei Deutschland, Kreisverband Havelland, dieser vertreten durch den Vorstand, dieser vertreten durch den Vorsitzenden und die Schatzmeisterin, Verfassungsbeschwerde wegen der Nichtzulassung der Piratenpartei Deutschland, Kreisverband Havelland, als Wahlvorschlagsträger zur Kreistagswahl Havelland am 25.05.2014 in den Wahlkreisen 1,3 und 4 durch den Kreiswahlausschuss am 27.03.2014, hilfsweise gegen die Wahlprüfentscheidung des Kreistages Havelland vom 29.09.2014 bezüglich unseres Wahleinspruches wegen dieser Nichtzulassung.

Wir beantragen

1. die Einschränkungen der Wahlberechtigung hinsichtlich der Nationalität durch die Vorschrift des §8 Absatz 1 Brandenburger Kommunalwahlgesetzes (BbgKWahlG) für unvereinbar mit der Landesverfassung zu erklären, 2. die Zulassungshürden des §28a BbgKWahlG insgesamt für unvereinbar mit der Landesverfassung zu erklären, 2.1. hilfsweise die Privilegierung bestimmter Parteien und Personengruppen nach §28a Abs.7 BbgKWahlG für unvereinbar mit der Landesverfassung zu erklären, bzw. 2.2. hilfsweise die Beglaubigungserfordernis des §28a Abs.4 BbgKWahlG für unvereinbar mit der Landesverfassung zu erklären, 3. Die Kreistagswahl Havelland vom 25.05.2014 - mindestens in den Wahlkreisen 1, 3 und 4 - für ungültig zu erklären und eine Neuwahl anzuordnen.


Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde:

Gegen die drohende Nichtzulassung der Piratenpartei Deutschland in den Wahlkreisen 1,3 und 4 zur Kreistagswahl Havelland am 25.05.2014 hatten wir versucht mit Antrag vom 12.03.2014 eine einstweilige Anordnung des Verwaltungsgerichts Potsdam zu bekommen, welche den zuständigen Wahlausschuss verpflichten sollte auch Unterstützungsunterschriften im Sinne des §28a Abs.1 BbgKWahlG ohne Beglaubigung nach §28a Abs.4 BbgKWahlG anzuerkennen. Mit Beschluss vom 13.03.2014 wurde der Antrag abgelehnt. (Akte: VG 1 L 186/14) Am 17.03.2014 haben wir eine einstweilige Anordnung mit gleicher Intension beim Verfassungsgericht des Landes Brandenburg beantragt, welche durch Beschluss vom 19.03.2014 verworfen wurde. (Akte: VfGBbg 3/14 EA)

Gegen die Entscheidung des Kreiswahlausschusses vom 27.03.2014 die Piratenpartei Deutschland in den Wahlkreisen 1,3 und 4 nicht zuzulassen, haben wir noch am selben Tag Beschwerde beim Landeswahlleiter eingelegt, welche am 03.04.2014 zurückgewiesen wurde.

Der danach gestellte erneute Antrag auf einstweilige Anordnung beim Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, diesmal auf Zulassung zur Wahl in allen Wahlkreisen zur Kreistagswahl Havelland am 25.05.2014, wurde mit Entscheidung vom 07.04.2014 verworfen. (Akte: VfGBbg 5/14)

Am 02.06.2014 legten wir Wahleinspruch gegen die Gültigkeit der Kreistagswahl Havelland am 25.05.2014 ein. Dieser wurde durch Entscheidung des Kreistages Havelland vom 29.09.2014 zurückgewiesen.

Gegen diese Wahlprüfentscheidung erhoben wir am 05.11.2014 Klage vor dem Verwaltungsgericht Potsdam. Die Klage wurde am 19.03.2015 durch die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts abgewiesen. (Akte: VG 1 K 2692/14)

Gegen diese Entscheidung haben wir am 02.06.2015 Berufung beantragt. Diese wurde durch Beschluss des 12. Senats des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg vom 22.06.2016, zugestellt am 29.6.2016, abgelehnt. Dieser Beschluss ist unanfechtbar. (Akte: OVG 12 N 43.15)

Somit ist der ordentliche Rechtsweg erschöpft.

Das Verfassungsgericht des Landes Brandenburg hat unsere Anträge aus formalen Gründen verworfen.

Kreiswahlausschuss, Landeswahlausschuss und Kreistag haben ihre Entscheidungen tragend damit begründet, dass das BbgKWahlG korrekt angewendet wurde und ihnen keine Normverwerfungskompetenz zu stünde.

Sowohl Verwaltungsgericht, als auch Oberverwaltungsgericht haben die offenkundige Tatsache, dass das BbgKWahlG den Wahlgrundsatz der Gleichheit verletzt an keiner Stelle explizit anerkannt, geschweige denn dargelegt, warum mögliche Gründe für eine Differenzierung gewichtiger sind als dieses fundamentale demokratische Prinzip. Wer an der Gleichheit der Bürger vor dem Gesetz rüttelt, rüttelt an den Grundlagen unserer Staatsordnung.



Begründung:

zu 1.

Die Regelungen des §8 Abs.1 BbgKWahlG verletzen Artikel 12 Abs.1 und 2, sowie Artikel 22 Abs.1 Satz 2 der Landesverfassung. Die Wahlberechtigung wird ausdrücklich mit der Nationalität des Einwohners verknüpft. Einwohner, welche keine Staatsbürgerschaft der europäischen Union haben, werden von der Wahlberechtigung ausgeschlossen. Eine offensichtliche Ungleichbehandlung und Benachteiligung aufgrund von Nationalität. Ein Spanier darf über Straßenbausatzungen, Kitagebühren, etc. mitentscheiden, ein Schweizer nicht. Es ist kein sachgemäßer Grund erkennbar, warum ein Nicht-EU-Ausländer, bei ansonsten gleichen Voraussetzungen, nicht in kommunalen Fragen mitbestimmen sollte. Die formalen Schranken des Artikel 22 Abs. 1 Satz 2 Landesverfassung greifen nicht. Zwar gibt es eine Reihe von alten Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichtes (u.a. 2 BvF 2/89) welche das Wahlrecht ausdrücklich und im strengen Sinne auf deutsche Staatsbürger beschränken, aber diese sind in doppelter Hinsicht von der Wirklichkeit überholt. Zum einen ist das Landes- und Kommunalwahlrecht in der Verfassungswirklichkeit von heute auch für Nicht-Deutsche, nämlich EU-Bürger, geöffnet worden. Es ist uns keine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nach Einführung des EU-Bürger-Wahlrechtes auf Grundlage der Verträge von Maastricht bekannt, welche das Wahlrecht von Ausländern im allgemeinen, oder von Nicht-EU-Bürgern im Besonderen auf Landesebene oder kommunaler Ebene untersagt. Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass Landkreise und Kommunen im Gegensatz zum Land Brandenburg keine Staaten sind und deshalb keine eigenständige Staatsgewalt ausüben. Im Zweifelsfalle wäre hier noch einmal sachlich zwischen Landeswahlrecht und Kommunalwahlrecht zu differenzieren. Und selbst innerhalb der unterschiedlichen Kommunalwahlen ließe sich noch differenzieren. Bei den Wahlen zu rein beratenen Gremien, wie einem Ortsbeirat, mutet die Exklusivität des Wahlrechts schon beinahe absurd an und ist nur noch ideologisch zu rechtfertigen. Zum anderen hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu 2 BvR 1953/95 am 16.07.1998 seine ständige Rechtsprechung bezüglich des Landes- Kommunalwahlrechtes geändert, und, mit der Intension die Verfassungsautonomie der Bundesländer zu betonen und zu stärken, beschlossen, fortan keine individuellen Verfassungsbeschwerden zu diesen Themenkomplexen mehr zuzulassen. Das Bundesverfassungsgericht stellt in dieser Entscheidung u.a. in Randnummer 59 fest: „In den Grenzen föderativer Bindungen gewährleistet das Grundgesetz Bund und Ländern eigenständige Verfassungsbereiche. Die Länder genießen im Rahmen ihrer Bindung an die Grundsätze des Art. 28 GG im staatsorganisatorischen Bereich Autonomie. In diesem Rahmen regeln sie Wahlsystem und Wahlrecht zu ihren Parlamenten und den kommunalen Vertretungen des Volkes; sie gestalten und organisieren das Wahlprüfungsverfahren.“ Artikel 28 GG bindet den Landesverfassungsgeber an die 5 Wahlgrundsätze und verpflichtet ihn im Sinne der Maastricht-Verträge EU-Bürgern das Wahlrecht einzuräumen. Aus der Tatsache, dass das Grundgesetz das Wahlrecht für Nicht-EU-Ausländer nicht ausdrücklich fordert, zu schließen, es sei nicht erlaubt, ist ein logisch ungültiger Schluss. Da das Grundgesetz auch an keiner anderen Stelle ein Nicht-EU-Ausländer-Wahlrecht verbietet oder ein Verbot nahelegt, ist anzunehmen, dass diese Frage in die Verfassungsautonomie der Bundesländer fällt und es ihrer Entscheidung überlassen wird, wie diese Frage geregelt wird. Brandenburg hat sich in seiner Landesverfassung klar entschieden. In Artikel 22 Abs.1 Satz 2 fordert die Landesverfassung allen Bewohnern unabhängig von der Staatsbürgerschaft die gleichen Wahlrechte zu gewähren, sobald und soweit das Grundgesetz dies zulässt. Das Grundgesetz schränkt Brandenburg hier in keinster Weise ein. Somit ist der Landesgesetzgeber durch die Landesverfassung gezwungen diese Vorgabe umzusetzen, was er nicht getan hat. Es kann anheim gestellt bleiben, ob beim Schreiben der Landesverfassung oder des BbgKWahlG die Voraussetzungen für ein Nicht-EU-Bürger-Wahlrecht vorlagen. Entscheidend ist, ob die föderativen Bindungen Brandenburgs mit heutigem Stand ein Wahlrecht für alle Bewohner zulassen oder nicht.


zu 2.

§28a BbgKWahlG verletzt Artikel 22 Abs.1 Satz 1 der Landesverfassung, welcher jedem Bürger das passive Wahlrecht verleiht. Zwar ermöglicht die Landesverfassung in Artikel 22 Abs.5 in verschiedener Hinsicht das passive Wahlrecht einzuschränken, aber dies ist im vorliegenden Fall von keiner Bedeutung. Unserer Auffassung nach darf in einer Demokratie der Zugang zu demokratischen Wahlen als ihr konstitutives Element nur in soweit behindert oder eingeschränkt werden, als es unerlässlich für die Durchführung der Wahl selbst, bzw. die Arbeitsfähigkeit der zu wählenden Vertretungen bzw. Ämter ist. Es mag Gründe jenseits davon geben, doch können sie niemals ein Gewicht haben, welches einen Eingriff in die freie Wahl zu rechtfertigen vermag.

a. Technische Durchführbarkeit Es ist bei gegebener politischer Wirklichkeit 2016 nicht im Ansatz erkennbar wie ein freier Zugang zu Wahlen die technische Durchführbarkeit einer Wahl ernsthaft bedrohen könnte. Im Gegenteil: Gerade auf kommunaler Ebene finden sich immer wieder nicht einmal genug Kandidaten, um die zu vergebenen Mandate besetzen zu können, bzw. überhaupt ein einziger Kandidat um ein Ehrenamt besetzen zu können. Das BbgKWahlG selbst trifft in §91 Regelungen wie in solchen Fällen zu verfahren ist. Auf der einen Seite befürchtet der Gesetzgeber also, dass Wahlen mangels Bewerber scheitern können, auf der anderen Seite baut er künstliche Hürden für die Bewerber auf. Wie viel hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit noch an Spielraum auf unseren Wahlzetteln besteht, belegen Wahlzettel aus bayrischen Kommunalwahlen eindrucksvoll. Das unsere Teilnahme an der Kreistagswahl Havelland auch nur den mindesten negativen Einfluss auf die technische Durchführbarkeit der Wahl gehabt hätte, kann niemand behaupten ohne sich der Lächerlichkeit preis zu geben. Ergänzend möchten wir anmerken: Die Wahlbeteiligung sinkt seit Jahren spürbar, sie liegt bei Brandenburger Wahlen fast durchgehend unter 50%. Entsprechend wird die Legitimation etablierter Parteien, ja des Staates selbst, von verschiedenen Seiten immer massiver und offener in Frage gestellt. Es ist eine zentrale Funktion von Wahlen in einer demokratischen Gesellschaft, dass sie uns die Chance geben sollen uns friedlich von innen heraus zu erneuern. Genau diese Funktion hemmt der §28a BbgKWahlG. b. Arbeitsfähigkeit Hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit ist festzustellen, dass bei kommunalen Wahlen zu hauptamtlichen Verwaltungspersonen, wie Bürgermeistern und Landräten, schon rein logisch kein Problem in dieser Richtung auftreten kann. Die Arbeitsfähigkeit eines solchen Amtes, wird in keiner Weise durch die Anzahl der Mitbewerber bei der entsprechenden Wahl beeinflusst, folglich kann man über dieses Argument auch keine Einschränkungen bei der Zulassung der Kandidaten begründen. Hinsichtlich der kommunalen Vertretungen wie z.B. des Kreistages Havelland, ist das Argument der Arbeitsfähigkeit grundsätzlich ein zulässiges, gleichwohl es weder in unserem konkreten Fall, noch im Allgemeinen durchgreifen kann. Zunächst möchten wir betonen, dass wir über Zulassungshürden reden, welche bereits vor der Wahl ansetzen und sie somit der Wählerentscheidung vorgreifen. Die Arbeitsfähigkeit eines Gremiums kann nur berührt werden, wenn denn ein Wahlvorschlag tatsächlich vor dem Wähler bestand hat und Mandate auf diesen Vorschlag entfallen, d.h. der Wahlvorschlag hinreichend von der Bevölkerung unterstützt wird. Die Unterstützungsunterschriften übernehmen hinsichtlich dieses Argumentationsstranges folglich die Funktion von Sperrklauseln. Die Argumente des Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss 2 BvK 1/07 zur 5%-Hürde bei Kommunalwahlen in Schleswig-Holstein, auf den wir verweisen möchten, greifen analog auch hier. Ortsbeiräte, Gemeindevertretungen und Kreistage sind keine Parlamente im staatsrechtlichen Sinne. Kommunale Vertretungen üben keine Gesetzgebungstätigkeit aus. Eine arbeitsfähige kommunale Selbstverwaltung ist auch ohne stabile Mehrheiten in der kommunalen Vertretung gegeben und durch einen gewählten hauptamtlichen Verwaltungsbeamten abgesichert. Auch darüber hinaus existiert ein Ordnungsrahmen, welcher sicherstellt, dass selbst eine Vielzahl von Einzelbewerbern und kleineren Parteien die Arbeitsfähigkeit einer Vertretung nicht substanziell beeinträchtigen können. §37 BbgKVerf weist dem Vorsitzenden der Vertretung Hausrecht zu, womit etwaigen vorsätzlichen Störungen begegnet werden kann. Die wesentliche Arbeit der kommunalen Vertretungen findet in den Ausschüssen statt, wo das Stimmrecht an eine Fraktionsstärke gebunden ist. Entscheidungen der Vertretung werden in der Regel mit einfacher Mehrheit getroffen, so dass auch die Abwesenheit einer größeren Anzahl an Mitgliedern die Funktionsfähigkeit nicht gefährden kann. In der Abwägung des Arguments „Gefährdung der Arbeitsfähigkeit“ gegen das für eine Demokratie konstitutionelle Recht jedes Bürgers sich bei einer allgemeinen Wahl bewerben zu dürfen, muss das Pendel zwingend zu Gunsten eines barrierefreien Zugangs zu kommunalen Wahlen ausschlagen, denn die Zulassungshürden sollen etwas schützen, was durch andere rechtliche Normen bereits ausreichend geschützt ist. Im übrigen verhält es sich so, dass ein direkt vom Bürger gewählter Hauptverwaltungsbeamter, das Haushaltsrecht der Kommune nach §§69, 101 Abs.1 BbgKVerf und die Kommunalaufsicht eine ordnungsgemäße kommunale Selbstverwaltung sogar dann noch gewährleisten könnten, wenn die kommunale Vertretung vollständig handlungsunfähig wäre. Analog mit den Worten des Bundesverfassungsgericht aus 2 BvK 01/07 Randziffer 125f zusammengefasst: Danach kann jedenfalls die allgemeine und abstrakte Behauptung, durch den Wegfall der Unterstützungsunterschriften werde der Einzug kleinerer Parteien, Wählergemeinschaften und Einzelbewerber in die kommunalen Vertretungsorgane erleichtert und dadurch die Willensbildung in diesen Organen erschwert, einen Eingriff in elementare demokratische Grundrechte nicht rechtfertigen. Nur die mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit kann das Erfordernis von Unterstützungsunterschriften rechtfertigen (…). Es erscheint durchaus wahrscheinlich, dass mit dem Wegfall von Unterstützungsunterschriften mehr Parteien, Wählervereinigungen und Einzelbewerber in die jeweiligen kommunalen Vertretungsorgane einziehen werden. Auch ist es möglich, dass Mehrheitsbildung und Beschlussfassung aus diesem Grund erschwert werden. Beschlüsse können umso leichter gefasst werden, je weniger Fraktionen aufeinander treffen und je weniger Standpunkte verarbeitet werden müssen. Andererseits reicht die bloße „Erleichterung“ oder „Vereinfachung“ der Beschlussfassung nicht aus, um den mit den Unterstützungsunterschriften verbundenen Eingriff in ein demokratisches Grundrecht zu rechtfertigen (…). Denn Demokratie setzt das Aufeinandertreffen verschiedener Positionen und das Finden von Kompromissen voraus (…). Nicht jeder Konflikt und nicht jede politische Auseinandersetzung in den Kommunalvertretungen kann als Störung der Funktionsfähigkeit bezeichnet werden (...).

c. Sonstige Argumente In der Gesetzeskommentierung zum §28a BbgKWahlG und in den in unserer Sache vorangegangenen Urteilen der Fachgerichte wird darauf hingewiesen, dass das Bundesverfassungsgericht in ständiger Rechtssprechung (z.B. 2 BvE 1/14) Unterschriftsquoren als rechtmäßig bestätigt hat, wenn und soweit sie dazu dienen, den Wahlakt auf ernsthafte Bewerber zu beschränken, weshalb wir auf diesen Sachverhalt noch einmal gesondert eingehen wollen. Tenor dieser Rechtsprechung ist es ein „Verschenken“ von Stimmen an aussichtslose Bewerber einzudämmen und dadurch einer Stimmzersplitterung vorzubeugen. „Ernsthaftigkeit“ ist nicht qualitativ auf die zu erwartende „Leistung“ eines Bewerbers in Amt oder Mandat aufzufassen, sondern wird vom Bundesverfassungsgericht rein quantitativ im Sinne der Wahlchancen verstanden. Andernfalls könnten wir ja gleich wie im Iran einen „Wächterrat“ über die Eignung der Kandidaten für ein Mandat befinden lassen. Das Bundesverfassungsgericht rechtfertigt in ständiger Rechtsprechung auch nicht pauschal Unterschriftsquoren, sondern schränkt ihre Rechtmäßigkeit auf den Zweck einer Begrenzung des Wahlaktes auf ernsthafte Bewerber ein. Selbstverständlich müssen die Quoren diesem Zweck angemessen und verhältnismäßig sein. So kommt das Bundesverfassungsgericht z.B. im vom OVG Berlin-Brandenburg zitierten Urteil 1 BvR 2130/98 zu dem Schluss, dass das in Frage stehende Quorum unvereinbar mit Artikel 3 Abs.1 GG ist. Der pauschale Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes ist folglich fruchtlos und entbindet nicht davon den Einzelfall zu überprüfen. Ironischerweise führt eine Überprüfung der verschiedenen Quoren des BbgKWahlG dazu, dass dieses Argument gerade da, wo die Quoren hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit und der Gewährleistung der Handlungsfähigkeit irrelvant bzw. völlig sinnlos sind, nämlich bei den Wahlen zu den Hauptverwaltungsbeamten, am ehesten greift. Hier gibt es nur einen Sieger und gemäß aller politischer Erfahrung können sich höchstens ein Handvoll Bewerber „ernsthafte“ Wahlchancen erhoffen. Da wo die Quoren hart auf die Zusammensetzung der kommunalen Vertretung durchgreifen, und Wahlvorschläge mit guten oder sicheren Wahlchancen schon vor der eigentlichen Wahl scheitern, wie im Falle der PIRATEN im Havelland, dort kann das Argument der Ernsthaftigkeit keine Wirksamkeit entfalten. Bei einer Kreistagswahl reicht bereits ein gutes Prozent aus, um ein Mandat zu erlangen. Und wer will ernsthaft bestreiten, dass nicht jeder beliebige Wahlvorschlag mit einer pfiffigen Wahlkampagne die Chance hat die notwendigen Stimmen zu bekommen. In diesem Sinne können zu Kreistagen und auch zu Stadtverordnetenversammlungen rein theoretisch gar keine von vornherein aussichtslosen, sprich „unernsten“, Wahlvorschläge existieren. Ungeachtet dieser Argumentation möchten wir den gesamten dieser Frage zu Grunde liegenden Denkansatz zurückweisen. Er entspringt einem rückständigen Obrigkeitsdenken, welches den Bürger als unmündig ansieht und ihn seine freie Wahlentscheidung nimmt. Denn auch mit 2% für einen Bürgermeisterkandidaten der NPD oder MLPD kann ein Bürger z.B. seinem politischen Willen Ausdruck verleihen, um mal ein drastisches Beispiel zu nehmen. Mit welchem Recht wird ihm dies durch den Landesgesetzgeber verwehrt? Sein Recht beeinträchtigt weder die technische Durchführbarkeit der Wahl noch berührt es die Arbeitsfähigkeit des Amtes. Abschließend möchten wir darauf hinweisen, dass Artikel 21 Grundgesetz Parteien privilegiert und ihre Beteiligung an der politischen Willensbildung besonders schützt. Selbst wenn das Gericht unserer Argumention hinsichtlich der generellen Unzulässigkeit von Unterstützungsunterschriften nicht zu folgen vermag, wäre im Sinne der Verhältnismäßigkeit zu prüfen, ob eine Beschränkung von Zulassungshürden auf Einzelbewerber, welche keine Mandats- oder Amtsinhaber sind, nicht ausreichend wäre, um die mit dem Grundrechtseingriff verbundenen erwünschten Zielsetzungen im wesentlichen erfüllen zu können. Die Zahl potentieller Einzelbewerber liegt um ein vielfaches über der Zahl in Deutschland anerkannter und zugelassener Parteien. zu 2.1.

§28a Abs.7 BbgKWahlG verletzt den Wahlgrundsatz der Gleichheit und den Artikel 12 Abs.1 und Artikel 12 Abs.2 der Landesverfassung.

a. Kein allgemeines Differenzierungsverbot Das Demokratieprinzip setzt die Egalität der Staatsbürger voraus. Ohne diese Gleichheit im Recht sind wir weder eine Demokratie noch ein Rechtsstaat. Gleichheit ist hier im strengen formalen Sinn aufzufassen.Wir erkennen an, dass es konkurrierende gleichrangige Rechtsgüter geben mag, welche eine Differenzierung dieses Prinzips grundsätzlich zulassen. Ebenfalls erkennen wir an, dass es in der Praxis notwendig werden kann, dieses Prinzip um seiner eigenen Verwirklichung willen möglicherweise einschränken zu müssen. Aber im Fall der Brandenburger Kommunalwahlen ist der Eingriff des Landesgesetzgebers weder notwendig, noch angemessen. Die 5 Wahlgrundsätze gehören zum Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Wer daran rührt sollte sehr gute, ja zwingende Gründe, vorbringen können.

b. Beispiel Amt Nennhausen Nehmen wir in einem Gedankenexperiment an alle Gründe, welche für die Zulassungshürde der Unterstützungsunterschriften sprechen träfen vollumfänglich zu. Welcher sachliche Grund enthebt Wahlvorschlagsträger nach §28a Abs.7 BbgKWahlG im folgendem konkreten Beispiel aus dem Havelland von der Beibringung der Unterstützungsunterschriften? Im Amt Nennhausen haben am 25.05.2014 ebenfalls Wahlen zu den lokalen Gemeindevertretungen stattgefunden. In den 4 Wahlen der Amtsgemeinden sind überhaupt nur zwei Mal Parteien angetreten. SPD, Linke, Grüne, NPD und AfD sind nirgendwo angetreten. In Nennhausen wurde der Kandidat FDP mit 58 Stimmen (2,3%) nicht gewählt und in der Gemeinde Märkisch Luch wurde der Kandidat der CDU mit 53 Stimmen (3,5%) nicht gewählt. Auf welcher sachlichen Grundlage dürfen diese Parteien bei der nächsten Wahl alle antreten ohne Unterstützungsunterschriften vorlegen zu müssen, aber die Piratenpartei nicht? Rückhalt in der Bevölkerung? Stimmzersplitterung? Technische Durchführbarkeit? Handlungsfähigkeit der Vertretung? Ernsthaftigkeit? Warum ist dies bei den zuvor genannten Parteien alles unerheblich, aber bei den PIRATEN nicht? c. Willkürliche Ungleichbehandlung Wir nennen das Willkür. Eine unsachgemäße Ungleichbehandlung im Sinne des Artikel 12 Abs.1 der Landesverfassung und eine verbotene Bevorzugung politischer Überzeugungen etablierter Kräfte im Sinne des Artikel 12 Abs.2 Landesverfassung. Ein ebenso offensichtlicher wie nicht hinzunehmender Versuch eines Machtkartells politische Konkurrenz schon im Keim in ihrer Entfaltung zu behindern. Es demaskiert das demokratische Selbstverständnis aller Protagonisten, die diese Regelungen in Kraft gesetzt haben und all jener, welche die Macht aber nicht den Mut haben hier einzuschreiten. Entsprechend werden wir den Einlassungen oder Nicht-Einlassungen des Verfassungsgerichtes zu diesem konkreten Punkt ganz besondere Aufmerksamkeit schenken. Auf der Homepage des Landeswahlleiters sind die amtlichen Endergebnisse der letzten 434 Wahlen zu den beschließenden kommunalen Gebietskörperschaften (ohne Ortsbeiräte) am 25.05.2014 veröffentlicht. Ein Blick auf die Ergebnisse der fünf damals im Landtag vertretenen Parteien zeigt, dass die Behauptung, Wahlvorschläge dieser Parteien hätten quasi automatisch ernsthafte Chancen auf den Wahlerfolg, nicht zu halten ist. Bei diesen 434 Wahlen nahm die SPD überhaupt nur an 244 (56%), die CDU an 275 (63%), die Linke an 248 (57%), die Grünen an 119 (27%), die FDP an 161 (37%) der Wahlen teil. In 75 Fällen scheiterten die Wahlvorschläge dieser fünf Wahlvorschlagsträger vollständig (SPD 5x, CDU 9x, Linke 10x, Grüne 13x, FDP 38x). In 228 Fällen errangen sie lediglich ein einziges Mandat (SPD 27x, CDU 31x, Linke 48x, Grüne 49x, FDP 73x). Die Tatsache, dass eine Partei im Landtag und im Kreistag vertreten ist, lässt keinen Schluss auf ihre kommunalpolitische Verankerung in der Fläche zu. Noch offensichtlicher ist das Missverhältnis bei der AfD, welche bei der kommenden Kommunalwahl ebenfalls brandenburgweit von Unterstützungsunterschriften befreit ist. Die AFD nahm an nur 61 Wahlen (14%) teil und erlangte in rund der Hälfte der Fälle keinen oder lediglich einen Sitz. Eine Privilegierung ist sachlich nicht zu rechtfertigen. Würde man die Ergebnisse der Wahlen zu den Ortsbeiräten, welche ebenfalls den Regelungen des §28a BbgKWahlG unterliegen, untersuchen, würde sich das oben beschriebene Bild noch einmal dramatisch verschärfen. Keine Partei würde auch nur ansatzweise eine Teilnahmequote von 10% erreichen. Die kleineren Parteien würden auf eine Teilnahmequote von 0,x% kommen. Dennoch werden diese Parteien auch hier privilegiert. Bei der Wahl in Etzin wurden die PIRATEN auf Anhieb stärkste teilnehmende Partei, mit über 5% Vorsprung vor der CDU, welche kein Mandat erringen konnte. Zu behaupten die PIRATEN hätten in Etzin mehr Rückhalt als die CDU ist trotzdem falsch, da es sich um Personenwahlen handelt und wir offensichtlich eine bessere Kandidatin hatten. Die Parteizugehörigkeit als Zulassungskriterium ist sachlich unangemessen. d. Parteizugehörigkeit als Zulassungskriterium unangemessen Die offensichtliche formale Ungleichbehandlung im Wahlverfahren besteht auch dann fort, wo ein Wahlvorschlagsträger nach §28a Abs.7 BbgKWahlG tatsächlich in einem zu wählendem kommunalen Gremium vertreten ist, gleichwohl neue Rechtfertigungsgründe für die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes und der Landesverfassung vorstellbar werden. Zunächst einmal müsste allerdings differenziert werden mit wie vielen Mandatsträgern der jeweilige Wahlvorschlagsträger in dem jeweiligen Gremium vertreten ist. Insoweit die Zulassungshürde dazu dienen soll einer Stimmzersplitterung im Gremium vorzubeugen, dürften alle Wahlvorschlagsträger mit lediglich einem Sitz nicht privilegiert werden. Und selbst aus der Tatsache, dass ein Wahlvorschlagsträger bereits in Fraktionsstärke in einem Gremium sitzt, lässt sich nicht sicher ableiten, dass er in einer kommenden Wahl überhaupt nur mit einem einzigen Mandat wieder gewählt wird, wie die FDP am 25.05.2014 des öfteren bewiesen hat. Halbwegs sicher lässt sich eine Wiederwahl nur bei größeren Fraktionen vermuten, was aber unterhalb der Kreistagsebene keineswegs automatisch Parteien wie SPD, CDU oder die Linken sind. Häufig sind lokale Wählergruppen die dominierende politische Kraft und auch die FDP ist heute noch in einer ganzen Reihe von Gremien die unangefochtene Nr.1. Bei einer Kommunalwahl kann ich nur Menschen, aber keine Parteien wählen. Es ist eine Personenwahl, was der Wähler auch durchaus versteht und nutzt. Bei Landtags- und Bundestagswahlen z.B. bekommt die CDU in Nennhausen auch ihre 30% plus, aber eben nicht für ihren lokalen Kandidaten. Es ist sachfremd die Parteizugehörigkeit zum entscheidenden Kriterium für die Zulassung bei einer Kommunalwahl zu machen. Wer wagt ernsthaft zu behaupten, dass politische Programme der Parteien bei kommunalen Wahlen eine relevante Rolle spielen. Vereinfacht ausgedrückt ist die Wahlentscheidung doch eher, ob ich den Bäcker, den Schlachter und die Erzieherin wähle, oder doch eher den Lehrer, die Verkäuferin und den Automechaniker. Allenfalls spielt die Haltung zu lokalen Fragen eine inhaltliche Rolle. Deshalb gibt es in kommunalen Gremien auch Bündnisse quer durch die gesamte politische Farbpalette, vielleicht mit Ausnahme der NPD, welche fast überall geächtet wird. Je „lokaler“ das Gremium, je unwichtiger die Partei. Im Ortsbeirat, im Gemeinderat entscheidet die persönliche Ebene bzw. die spezifische Interessengleichheit in lokalen Fragen und nicht die Parteizugehörigkeit. Das ist politische Realität in Brandenburg, in Deutschland und vermutlich auch im Rest der Welt.



e. Die Zulassungshürde wäre eine Hürde für jede Partei Wenn Zulassungshürden rechtmäßig sind, dann müssen sie für alle gelten. Ist die Hürde so harmlos, wie von ihren Befürwortern dargestellt, dann könnten sich auch die etablierten politischen Kräfte ihr stellen. Es wäre eine kleine lästige Formalie, nichts wofür sie mit einem elementaren demokratischen und rechtsstaatlichen Grundsatz brechen müssten. Aber natürlich ist die Realität eine Andere. Auch die großen Volksparteien verfügen selbst in Mittelzentren oftmals über keine nennenswerte organisatorische Basis, ein, zwei, drei Dutzend Parteimitglieder, davon höchstens eine handvoll wirklich aktiv. Das ist die Regel, nicht die Ausnahme. Vom ländlichen Raum ganz zu schweigen. Da ist denn auch bei CDU und SPD der Einzelkämpfer der Normalfall, wenn denn überhaupt ein einziges aktives Parteimitglied vorhanden ist. Die Parteien des Landtages stellen im Wahlgesetz eine Hürde auf, welche sie selbst aller Wahrscheinlichkeit nach bei einer Reihe von Wahlen reißen würden, weshalb sie sich ein paar Absätze später von dieser Hürde befreien. Es gibt nicht die geringste Notwendigkeit bei der Wahlzulassung auf kommunaler Ebene von Grundsatz einer strengen formalen Gleichheit der Bürger im Wahlverfahren abzuweichen. Die Bequemlichkeit etablierter Parteien und die Angst vor der eigenen politischen Schwäche bzw. mangelndem Organisationsgrad in der Fläche können jedenfalls keinen Grundrechtseingriff begründen. Es gibt keinen sachlichen Grund im Wahlverfahren formal zwischen Wahlvorschlägen verschiedener Parteien zu differenzieren. Einen sachlichen Unterschied gibt es höchstens zwischen Parteien und Einzelwahlvorschlägen. Aber dieser Unterschied sollte im Kommunalwahlrecht keine Rolle spielen, da Kommunalwahlen Personenwahlen sind. f. Zusammenfassung Abschließend möchten wir das oben bereits erwähnte Urteil 2 BvK 01/07 des Bundesverfassungsgerichtes zitieren, welches sich in allgemeiner Form ausführlich mit dem Grundsatz der Gleichheit und der Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb auseinandersetzt: Rz 101 ff. „Der Grundsatz der Chancengleichheit der Wahlbewerber findet für die Parteien seine Grundlage in Art.21 Abs.1 GG. Beruht Demokratie auf der freien Konkurrenz von Meinungen und Interessen, so müssen die Parteien und Gruppen, die sich die unterschiedlichen Meinungen zu eigen machen, unter den gleichen Bedingungen, mit den gleichen Chancen am politischen Wettbewerb teilnehmen können. Das Recht auf Chancengleichheit der Parteien versteht sich deshalb als Bestandteil der demokratischen Grundordnung von selbst. (…) Inhaltlich verlangt der Grundsatz der Chancengleichheit, das jeder Partei, jeder Wählergruppe und ihren Wahlbewerbern grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im gesamten Wahlverfahren und damit gleiche Chancen bei der Verteilung der Sitze eingeräumt werden. Das Recht der Parteien auf Chancengleichheit bei Wahlen folgt auf Landesebene aus ihrem in Art.21 Abs.1 GG umschriebenen verfassungsrechtlichen Status, der unmittelbar auch für die Länder gilt und Bestandteil der Landesverfassungen ist. (…) Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit hängt eng mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl zusammen, die ihre Prägung durch das Demokratieprinzip erfahren. (…) Wenn die öffentliche Gewalt in den Parteienwettbewerb in einer Weise eingreift, die die Chancen der politischen Parteien verändern kann, sind ihrem Ermessen daher besonders enge Grenzen gezogen. Eine strenge Prüfung ist insoweit auch deshalb erforderlich, weil mit Regelungen, die die Bedingungen der politischen Konkurrenz berühren, die jeweilige parlamentarische Mehrheit gewissermaßen in eigener Sache tätig wird. (…) Der Grundsatz der Wahlgleichheit unterliegt ebenso wie der Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien keinem absoluten Differenzierungsverbot. Allerdings folgt aus dem formalen Charakter der Grundsätze der Wahlgleichheit und der Chancengleichheit der Parteien, dass dem Gesetzgeber bei der Ordnung der Wahlrechts nur ein eng bemessener Spielraum für Differenzierungen bleibt. Der Gesetzgeber ist zudem verpflichtet, eine die Wahlgleichheit und die Chancengleichheit berührende Norm des Wahlrechts zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern, wenn die verfassungsrechtliche Rechtfertigung dieser Norm durch neue Entwicklungen in Frage gestellt wird. Bei der Prüfung, ob eine Differenzierung innerhalb der Wahlrechtsgleichheit gerechtfertigt ist, ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Das Bundesverfassungsgericht geht hierbei seit jeher von dem Erfordernis eines „zwingenden Grundes“ aus (seit BverfGE 1, 208, <248>; 6, 84, <92>; 95, 408, <418>). (…) Differenzierende Regelungen müssen zur Verfolgung ihrer Zwecke geeignet und erforderlich sein. Ihr erlaubtes Ausmaß richtet sich daher auch danach, mit welcher Intensität in das - gleiche – Wahlrecht eingegriffen wird. Gegen die Grundsätze der Wahlgleichheit und Chancengleichheit der Parteien wird verstoßen, wenn der Gesetzgeber mit der Regelung ein Ziel verfolgt hat, dass er bei der Ausgestaltung des Wahlrechts nicht verfolgen darf, oder wenn die Regelung nicht geeignet und erforderlich ist, um die mit der jeweiligen Wahl verfolgten Ziele zu erreichen.“ Weder zur Sicherung des Integrationsvorgangs der politischen Willensbildung durch die Wahl, noch zur Gewährleistung der Arbeitsfähigkeit der Vertretung oder des Amtes ist eine Privilegierung von Wahlvorschlagsträgern nach §28a Abs.7 BbgKWahlG geeignet oder erforderlich.


zu 2.2.

Die Beglaubigungserfordernis für Unterstützungsunterschriften nach §28a Abs.4 BbgKWahlG verstößt gegen den Rechtsgrundsatz der Angemessenheit und Verhältnismäßigkeit und behindert so die Wahrnehmung des in Artikel 22 Abs.1 Satz 1 verankerten passiven Wahlrechts in unzulässiger Art und Weise. Darüber hinaus verletzt §28a Abs.4 BbgKWahlG den Wahlgrundsatz einer geheimen Wahl.

a. Fehlende Notwendigkeit Zunächst einmal weisen wir darauf hin, dass Unterstützungsunterschriften bei den Wahlen zu den Gesetzgebungsorganen Landtag, Bundestag und Europaparlament keiner Beglaubigungserfordernis bedürfen. Schon allein die Tatsache, dass zu diesen weit aus gewichtigeren Parlamenten auf die amtliche Beglaubigung verzichtet werden kann, in Verbindung mit der Tatsache, dass bei diesen Wahlen keine nennenswerten Manipulationen bekannt geworden sind, zeigt wie entbehrlich, ja überflüssig eine solche Regelung ist. Es gibt keine sachliche Notwendigkeit für die Regelung des §28a Abs.4 BbgKWahlG. Ohne Beglaubigung gesammelte Unterstützungsunterschriften reichen zum Nachweis der Ernsthaftigkeit eines Wahlvorschlags völlig aus. Und selbst wenn ein, oder gar mehrere Wahlvorschlagsträger mit krimineller Energie unzulässiger Weise auf den Wahlzettel kommen würden, könnte dies die technische Durchführbarkeit der Wahl nicht beeinträchtigen. Sollte ein solcher Wahlvorschlag vor dem Wähler bestand haben und Mandate erringen, so könnte man den formalen Makel sogar als geheilt ansehen, denn der demokratische Wille ist aus unserer Sicht gewichtiger als die Formalia des Wahlgesetzes bei der Zulassung. Bei Wahlen zu den Hauptverwaltungsbeamten wird es noch extremer, denn wenn hier ein manipulierter Wahlvorschlag gewinnen würde, hätte das Wahlgesetz ein von der Mehrheit aller Wähler gewünschten Kandidaten verhindert. Darf ein Wahlgesetz den Mehrheitswillen durch formale Hürden vereiteln?

b. Beschränkte Wirksamkeit Das Mittel der Beglaubigung ist geeignet, sicherzustellen, dass der Unterzeichner wirklich der Unterzeichner ist, der er vorgibt zu sein. In anderer Hinsicht ist das Mittel der Beglaubigung nur eingeschränkt von Nutzen oder ganz wirkungslos. In der Gesetzeskommentierung oder den vorinstanzlichen Urteilen, ist davon die Rede, dass das Beglaubigungserfordernis weitestgehend gewährleisten könne, ein Zustandekommen von Unterstützungsunterschriften durch äußeren Druck, Überredung, Bestechung, Täuschung, etc. zu verhindern. Dies ist objektiv nicht der Fall. Warum sollte man nicht jemanden durch Bedrohung oder Täuschung auf das Amt nötigen können? Wir haben selbst unzählige Unterschriften durch Überredung vor den Ämtern zu Stande gebracht, denn am Ende unterschreiben die Menschen doch nur dafür, dass wir als demokratische Partei an einer demokratischen Wahl teilnehmen dürfen. Eine demokratische Selbstverständlichkeit, für die man die Piratenpartei weder mögen oder wählen muss. Genauso hat einer der Unterzeichner dieser Klage bei der Landratswahl HVL 5€ für jede Unterschrift im Amt ausgelobt und dies über Zeitungen und durch Lautsprecheransagen öffentlich beworben. Sich die Teilnahme an einer Wahl zu erkaufen ist, ungeachtet möglicher strafrechtlicher Konsequenzen, problemlos möglich, sogar vor den Augen der Mitarbeiter, welche die Unterschrift beglaubigen. Das manipulieren an unbeglaubigten Unterschriftslisten ist im Übrigen ja auch strafbar. Des weiteren ist das BbgKWahlG bemerkenswert inkonsequent, wenn die Besorgnis vor Manipulationen wirklich ernst gemeint wäre. Die Unterstützungsunterschriftslisten müssen vom Wahlvorschlagsträger beim Wahlausschuss eingereicht werden, sprich er darf sie jederzeit an sich nehmen und kann so im stillen Kellerlein an den Listen herum manipulieren.

c. Mangelnde Verhältnismäßigkeit Die vom Gesetz vorgesehene Berechnung des Quorums anhand der Wahlberechtigten ist zwar sachgerecht, aber nicht angemessen. Die Wahlberechtigten bilden die theoretische Grenze möglicher Unterstützer, aber faktisch hat sich ein großer Teil der Bevölkerung längst aus der real existierenden Demokratie verabschiedet und ist nicht bereit sich in irgendeiner Hinsicht an Prozessen zu beteiligen, welche mit allgemeinen Wahlen zu tun haben. Bei der Landratswahl HVL, hatten wir Stimmbezirke die noch gerade so auf 10% Wahlbeteiligung gekommen sind. Bei der letzten Landratswahl in OHV lag die Wahlbeteiligung kreisweit bei 20,7%. Insofern ist die Erfolgsschwelle für den Wahlvorschlag eine angemessenere Grundlage, um über die Höhe einer Hürde zu urteilen, weil sie die Wahlbeteiligung berücksichtigt. Dies gilt umso mehr, wenn die Ernsthaftigkeit eines Wahlvorschlags, im Sinne der Erfolgsaussichten, für die Rechtfertigung von Unterstützungsunterschriften tragend ist. Die Erfolgsschwelle eines Wahlvorschlags in absoluten Wählerzahlen variiert von Wahl zu Wahl und ist abhängig von der Wahlbeteiligung und dem Abschneiden der politischen Konkurrenz. Bei der Kreistagswahl HVL lag sie bei rund 1800 Stimmen, was dem Stimmgewicht von 600 Wählern entspricht. Es wurden mindestens 120 Unterstützungsunterschriften benötigt, um im gesamten Landkreis zur Wahl zugelassen zu werden. Wenn man unterstellt, dass es sich bei den Unterstützern um Anhänger, bzw. Wähler handeln würde, dann hätten sich 20%, der für einen Wahlerfolg notwendigen Wähler, vorab mit Personalausweis amtlich als Unterstützer der Piratenpartei registrieren lassen müssen. Dies ist mit dem Grundsatz einer geheimen Wahl unvereinbar. Zum Vergleich: Für einen Landtagswahlkreis werden 100 Unterstützungsunterschriften benötigt und die Erfolgsschwelle liegt bei rund 10.000 Wählern (1%). Für einen Bundestagswahlkreis werden 200 Unterstützer benötigt und die Erfolgsschwelle liegt bei rund 40.000 Wählern (0,5%). Diese Unterstützungsunterschriften müssen nicht beglaubigt sein. Gemessen an den durchschnittlich für einen Wahlerfolg notwendigen Wählern lag das Quorum bei der Kreistagswahl HVL 20-fach über dem bei Landtagswahlen und sogar 40-fach über dem bei Bundestagswahlen. Die faktische Höhe der Zulassungshürde durch Unterstützungsunterschriften steigt, um ein Vielfaches durch die Beglaubigungserfordernis. Verrechnet man den höheren Aufwand hinter einer beglaubigten Unterstützungsunterschrift im Vergleich zu einer frei gesammelten Unterstützungsunterschrift konservativ mit dem Faktor 10, ergibt sich für die Kreistagswahl ein Quorum, welches 20.000% über dem bei der Landtagswahl und 40.000% über dem bei der Bundestagswahl liegt. d. Massive Probleme bei der Umsetzung des Wahlgesetzes Die Regelungen des BbgKWahlG ist derart kompliziert, dass vermutlich kein einziger Wahlleiter jenseits des Landeswahlleiters und Dr. Nobbe die relevanten Verfahren verstanden hat. Das Problem der Rechtsunkenntnis verschärft sich von Ebene der Kreiswahlleiter, über die Wahlleiter vor Ort, bis zu den Mitarbeitern massiv. Willkür in der Umsetzung des Wahlgesetzes ist weit verbreitet und kommen häufig vor. Die Formblätter nach Anlage 6 der BbgKWahlV sind in ihrem Aufbau ungeeignet, die an sie gestellten Anforderungen voll zu erfüllen. Wirksame Rechtsbehelfe sind vom Wahlgesetz erst im Nachgang der Wahl vorgesehen. Entweder fügt man sich, oder man riskiert die Nichtzulassung bei einer Wahl, mit der zweifelhaften Option auf Wahlanfechtung. Bei der hier in Rede stehenden Kreistagswahl HVL vom 25.05.2014 wurden die Wahlbehörden informiert lediglich Unterschriften aus ihrem Zuständigkeitsbereich beglaubigen zu dürfen. Dies ist seit jeher in ganz Brandenburg gängige Praxis. Hinweise, dass die Wahlbehörde, oder die häufig im Auftrag der Wahlbehörde handelnden Bürgerservicebüros, auch „sonstige zu Beglaubigung ermächtige Stellen“ im Sinne des BbgKWahlG sind, wurden in unserem konkreten Falle meistens ignoriert. Dort wo man die Mitarbeiter vor Ort überreden konnte zumindest Unterschriften aus dem selben Wahlkreis zu beglaubigen, wurden die Unterschriften im Nachgang gestrichen, wie die Unterschriftenlisten aus dem Wahlkreis 2 beweisen. Die eigenhändigen, beglaubigten, überprüfbaren Unterschriften von Wahlberechtigten auf der vom Kreiswahlleiter aufgelegten korrekten Liste wurden einfach weggestrichen. Erst zu Landratswahl HVL am 10.04.2016 gelang es den Kreiswahlleiter davon zu überzeugen, dass die lokalen Ämter auch „sonstige zu Beglaubigung ermächtige Stellen“ sind, und selbstverständlich eine Unterschrift beglaubigen dürfen, ohne die Wahlberechtigung überprüfen zu müssen. Entsprechend hat uns der Wahlleiter auch Listen aufgelegt und die lokalen Wahlbehörden über diese „Neuerung“ informiert. Nur leider kam diese Information in keinen einzigen Fall bei den Mitarbeitern vor Ort an, sodass wir jedes Mal den Sachverhalt von Neuem klären mussten. In PM haben wir die Wahlleiterin mittlerweile auch überzeugt, dass Ämter „sonstige zu Beglaubigung ermächtigte Stellen“ im Sinne des Wahlgesetzes sind. Und auch hier hat es beim lokalen Wahlleiter und den Mitarbeitern vor Ort jedes mal weiterer Aufklärung bedurft, bis die dieses Verfahren operativ zu Verfügung stand. Vermutlich wird es auch bei der nächsten Kommunalwahl uns zufallen sämtliche Wahlleiter Brandenburgs über die Sach- und Rechtslage aufzuklären. Die Formulierung des Abschlussvermerks des Formblattes nach Anlage 6 BbgKWahlV „Es wird bescheinigt, dass die vorstehenden Unterstützungsunterschriften von mir anerkannt wurden“ führt in der Praxis immer wieder zu erheblicher Rechtsunsicherheit bei den Ämtern, da sie ja eben die Wahlberechtigung nicht überprüft haben. Manche Behörde, wie z.B. die Stadt Falkensee hat dann lieber eigene handschriftliche Texte verfasst, anstatt das vorgesehene Feld zu nutzen. Die in einem nächsten Schritt notwendige Überprüfung der Wahlberechtigung ist ebenfalls problematisch, weil der Abschlussvermerk für die Wahlbehörde nur eine pauschale Bestätigung sämtlicher Unterschriften zulässt. Spätestens, wenn mehrere Wahlbehörden für einen Wahlvorschlag zuständig sind, kann das vorgesehene Feld nicht benutzt werden und die Wahlbehörde darf sich eine kreative eigene Lösung zur Bestätigung der Wahlberechtigung überlegen. Selbstredend führt dies zu neuen Diskussionen. Wenn wir von Diskussion, Aufklärung, Information etc. sprechen, dann bedeutet dies im Normalfall nicht, dass der Gegenüber dies so ohne weiteres akzeptiert. Man muss Blockadehaltungen durchbrechen, es werden Vorgesetzte geholt, Telefonate geführt. Viele Unterschriftswillige haben nicht die Zeit oder Geduld sich dieses Theater mit ungewissem Ausgang anzutun. Oftmals kamen wir zumindest am selben Tag nicht mehr zu einem zufriedenstellendem Ergebnis. In ausnahmslos sämtlichen strittigen Fällen haben die Ämter die Auffassung vertreten, lieber eine rechtmäßige Unterschrift zu verweigern, als eine unrechtmäßige Unterschrift zuzulassen.

In §28a Abs.6 BbgKWahlG wird die Überprüfung der Wahlberechtigung der Unterstützer den Wahlbehörden zugewiesen. §28a Abs.4 BbgKWahlG verlangt vom Wahlvorschlagsträger spätestens bis 16 Uhr des 67. Tages vor der Wahl die Unterschriftenlisten einzureichen. Wahlvorschläge können bis 12 Uhr des 66. Tages vor der Wahl eingereicht werden. Laut Gesetzeskommentar dient diese frühere Frist der Einreichung dazu, den Wahlbehörden noch hinreichend Zeit zur Überprüfung der Wahlberechtigung der Unterzeichner zu geben. Die Listen werden eingereicht und die Wahlberechtigung wird dann überprüft. Bei den Listen der Wahlbehörden geschieht dies automatisch durch den Abschlussvermerk. Bei den Listen „sonstiger zur Beglaubigung ermächtigter Stellen“ muss dies separat erfolgen. Solche Listen wurden bislang überhaupt nur zweimal praktiziert. Zur Landratswahl HVL am 10.04.2016 und zur anstehenden Landratswahl in PM am 25.09.2016. In beiden Fällen weigerten sich die Kreiswahlleiter die Überprüfung der Unterschriften vorzunehmen und verwiesen rechtswidrig auf die Zuständigkeit des Wahlvorschlagsträgers. Es gibt keine wirksamen Rechtsbehelfe gegen solche Willkür. Der Wahlvorschlag wird aller Voraussicht nach nicht zugelassen, weil gültige Unterschriften fehlen. Der Erfolg einer Wahlanfechtung ist allein schon deshalb fraglich, weil man beweisen muss, dass das Wahlergebnis entscheidend beeinflusst wurde. Dies ist, wie im Falle der gescheiterten Landratswahl im Havelland, unmöglich, da ein Kandidat der PIRATEN nach aller Wahrscheinlichkeit bei gegebener politischer Ausgangssituation niemals hätte 15% der Wahlberechtigten für sich zu gewinnen und die Wahl insgesamt zum Erfolg führen können. Ungeachtet der Siegchance haben wir aber dennoch ein Interesse Flagge zu zeigen, für unsere politischen Positionen im Wahlkampf zu werben und die Chance auch in der „Niederlage“ ein respektables Ergebnis einfahren zu können. Es bleibt also nur sich der Willkür zu fügen und eine weitere Beschwernis im Zulassungsverfahren auf sich zu nehmen. Beglaubigte Unterstützungsunterschriften sind schwerer zu erlangen, weil die Menschen auf ein Amt gehen müssen und dies technisch gesehen schon mehr Aufwand erfordert. Sich 2016 als Unterstützer einer (neuen) Partei zu registrieren, schreckt potentielle Unterstützer, insbesondere Menschen, welche im öffentlichen Dienst tätig sind, auch deshalb ab, weil sie - zu recht - nicht auf die Vertraulichkeit im Umgang mit den Daten vertrauen können und berufliche Nachteile befürchten müssen. In Nauen werden z.B. alle Unterschriften zu Wahlen, aber auch zu Volksbegehren in der Meldedatenbank vermerkt, um doppelte Unterschriften zu vermeiden. So lässt sich auch Jahre später noch abrufen wer für wen oder welche Sache unterschrieben hat. Das ist rechtswidrig, ändert aber nichts am Fakt. Vom zwischenmenschlichen Getratsche mal ganz abgesehen, wenn z.B. der Fachbereichsleiter für eine Partei unterschreibt, die offen und heftig in Opposition zum Bürgermeister steht, etc. Die Mitarbeiter in den Bürgerämtern, welche die Unterschriften entgegennehmen, haben in der Regel nur einen blassen Schimmer von dem was sie da machen und leben auch gerne ihre Befindlichkeiten und persönlichen Auffassungen auf Kosten der Wahlvorschlagsträger aus, was wir im Folgenden ein wenig illustrieren wollen. Der Mitarbeiter macht gerade Vertretung für irgendwen und weiß nicht, dass Unterschriftslisten ausliegen und schickt den Unterstützer wieder weg. Der Mitarbeiter hat gehört, dass man nur einmal Unterschreiben darf und verlangt sich zwischen der Unterschrift für die SVV oder den Kreistag zu entscheiden. Der Mitarbeiter ist allgemein abweisend, und verlangt formal korrekt und vollständig aufgefordert zu werden die entsprechende Liste vorzulegen, was kein unbedarfter Mensch kann. Wenn man für z.B. für den Kandidaten Raimond Heydt zur Landratswahl unterschreiben möchte, heißt es, dass dies nicht möglich ist. Formal kann man ja nur für den Wahlvorschlag des Piratenpartei Deutschland und nicht für den Kandidaten unterschreiben. Menschen die gerade noch einen Personalausweis beantragt haben, dürfen nicht unterschreiben, weil sie sich nicht ausweisen können, die Kreiswahlleiterin TF verweigert den PIRATEN Unterschriftenlisten für einen Notar auszuhändigen, weil sie meint sie dürfe sie nur direkt an den Notar senden, in Schönwalde/Glien und in Kleinmachnow sollen Unterschriftswillige Wartenummern ziehen und Wartezeiten von 30-90 Minuten akzeptieren, in Rathenow wird man auch in völlig leeren Bürgerbüros mit 4 unbeschäftigten Mitarbeitern erst einmal in den Warteraum geschickt. Die Listen liegen dann auch noch weit weg im Tresor und müssen erst einmal beschafft werden, etc. Die Liste der Unfähigkeit und der Schikanen ist endlos. Mitunter kann man mit den lokalen Wahlleitern reden und sie zeigen Einsicht, mitunter verweigern sie schlicht jede Einsicht und man weiß, dass man dort nicht wieder hinkommen braucht, um Unterschriften zu sammeln. Natürlich gibt es auch Lichtblicke wie in Falkensee wo alles vorbildlich und reibungslos funktioniert. Allerdings erst nach dem Umzug der Listen vom Rathaus in den Bürgerservice. Unterm Strich bleibt der Fakt, dass man praktisch auf vielfache Art und Weise in rechtlich unzulässiger Manier durch die Erfordernis der amtlichen Beglaubigung in der Wahrnehmung seines Wahlrechts behindert wird, was in der Konsequenz dazu führt das die Beglaubigungserfordernis selbst wenn sie theoretisch zulässig wäre, doch einen unrechtmäßigen Eingriff darstellt, weil in der Fläche kein angemessenes und ordnungsgemäßes Verfahren garantiert werden kann.

e. Sonstiges Der Bürger kann bei kommunalen Gremienwahlen Kandidaten verschiedener Wahlvorschläge gleichzeitig wählen, weil er 3 Stimmen hat. Aber drei verschiedene Wahlvorschläge mit einer Unterschrift unterstützen darf er nicht. Auch hierin erkennen wir eine unsachgemäße und unverhältnismäßige Behinderung im Wahlverfahren.

f. Zusammenfassung Einzig das formale Erfordernis der Beglaubigung hat unsere Zulassung zur Kreistagswahl HVL in den Wahlkreisen 1,3 und 4 am 25.05.2014 und den nach aller Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Wahlerfolg (siehe 3.) verhindert. Wir hatten dem Kreiswahlausschuss für alle 4 Wahlkreise die nach §28a Abs.1 BbgKWahlG geforderten eigenhändigen überprüfbaren Unterstützungsunterschriften von Wahlberechtigten vorgelegt, wenn auch teilweise ohne die Beglaubigung nach §28a Abs.4 BbgKWahlG. Der Forderung des Wahlgesetzgebers nach einer Beglaubigung bringt keinen substanziellen Mehrwert für die politische Willensbildung des Volkes oder die Arbeit der kommunalen Vertretung und ist deshalb als unsachgemäßer und unverhältnismäßiger Eingriff das passive Wahlrecht anzusehen. Kein Wahlgesetz sollte erfolgversprechende Wahlvorschläge schon vor der Wahl eliminieren dürfen.


zu 3.

Die Piratenpartei Deutschland wäre bei ordnungsgemäßer Umsetzung der Landesverfassung im Kommunalwahlrecht heute mit mindestens einem Mandat im Kreistag HVL vertreten. Bei sämtlichen Wahlen im Havelland (Bundestag 2009 und 2013, Landtag 2014, Europaparlament 2014, Landratswahl 2016) bei denen die Piratenpartei Deutschland angetreten ist, hätte ihr absoluter und relativer Stimmanteil ausgereicht, um bezogen auf die Kreistagswahl mindestens 1 Mandat zu erringen. Rechnet man das Stimmergebnis der Kreistagswahl vom 25.05.2016 aus dem Wahlkreis 2 von 1129 Stimmen auf alle vier Wahlkreise hoch, ergibt sich einen Stimmenanteil von 2,8% oder 4516 Stimmen, was sogar einen zweiten Sitz im Kreistag hätte ergeben können. Obwohl die PIRATEN in nur einem Wahlkreis antreten durften, fehlten ihnen lediglich 675 Stimmen für den Wahlerfolg, was einem Stimmgewicht von 225 Wählern entspricht. Nach aller Wahrscheinlichkeit wären diese fehlenden Stimmen in den Wahlkreisen 1,3 und 4 für die PIRATEN abgegeben worden, zumal in den Berlin-nahen Orten erfahrungsgemäß häufiger die Piratenpartei gewählt wird.

Eine Neuwahl wird notwendig, da sich bei verfassungskonformer Durchführung der Wahl eine andere Zusammensetzung des Kreistages ergeben hätte. Wir beantragen die Kreistagswahl Havelland am 25.05.2014 mindestens in den Wahlkreisen 1,3 und 4 für ungültig zu erklären und eine Neuwahl anzuordnen. Mit Blick auf unseren Antrag zu 1. halten wir aber auch eine vollständige Neuwahl für sachlich angemessen.

Mit freundlichen Grüßen


Raimond Heydt (Vorsitzender) Nicole Niemoth (Schatzmeisterin)


Anlagen: 1. Wahlprüfentscheidung des Kreistags Havelland vom 29.09.2014 2. Urteil Verwaltungsgericht vom 19.03.2015 3. Beschluss OVG Berlin-Brandenburg 29.06.2016

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Entwurf Begründung Zulassung der Berufung Version 2.0

Eine Berufung ist im Sinne des §124 VwGO zulässig, da

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

3. das Urteil in seiner Wirkung und Begründung der Entscheidung 2 BvK 01/07 des Bundesverfassungsgericht zu widerläuft,

4. das Verwaltungsgericht nicht die Verletzung von vier der fünf Wahlgrundsätze gewürdigt hat.


Zur Begründung:

Bei ordnungsgemäßer Anwendung des Rechts hätte das Verwaltungsgericht Potsdam erkennen müssen, dass 1. die Beglaubigungserfordernis bei Kommunalwahlen nach §28a Abs.4 BbgKWahlG unvereinbar mit der Landesverfassung und dem Grundgesetz ist, 2. die Wahlgrundsätze von freien, allgemeinen, gleichen und geheimen Wahlen durch das BbgKWahlG verletzt werden, 3. Das die Entscheidung zum Landesverfassungsgericht bzw. zum Bundesverfassungsgericht vorgelegt werden muss.

Hält ein Gericht ein Gesetz, auf dessen Gültigkeit es bei der Entscheidung ankommt, für verfassungswidrig, so ist das Verfahren auszusetzen und, wenn es sich um die Verletzung der Verfassung eines Landes handelt, die Entscheidung des für Verfassungsstreitigkeiten zuständigen Gerichtes des Landes, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes handelt, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes einzuholen. Dies gilt auch, wenn es sich um die Verletzung dieses Grundgesetzes durch Landesrecht oder um die Unvereinbarkeit eines Landesgesetzes mit einem Bundesgesetze handelt. - Artikel 100 Abs.1 GG

Darüber hinaus stellt das Bundesverfassungsgericht in der Grundsatzentscheidung (2 BvR 1953/95 - Ziffer 59) über Zuständigkeiten bei Verfahren zum Landeswahlrecht fest:

In den Grenzen föderativer Bindungen gewährleistet das Grundgesetz Bund und Ländern eigenständige Verfassungsbereiche. Die Länder genießen im Rahmen ihrer Bindung an die Grundsätze des Art. 28 GG im staatsorganisatorischen Bereich Autonomie. In diesem Rahmen regeln sie Wahlsystem und Wahlrecht zu ihren Parlamenten und den kommunalen Vertretungen des Volkes; [...] Ebenso hat jeder Richter das in einem Rechtsstreit erhebliche Landeswahlrecht auf seine Übereinstimmung mit den fünf Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 28 Abs. 1 S. 2 GG zu überprüfen und das Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, wenn er der Auffassung ist, es entspreche diesen Grundsätzen nicht.

Eine Prüfung des im vorliegendem Fall massgeblichen BbgKWahlG anhand der fünf Wahlgrundsätze hat das Verwaltungsgericht nicht vorgenommen. Hierin sieht die Beklagte einen entscheidungsrelevanten Verfahrensmangel.

Die Klägerin stellt ergänzend fest: Der Begriff "Auffassung" beinhaltet die Summe aller sachlich und rechtlich relevanten Sachverhalte. Ein Richter oder Gericht kommt auch dann zu einer Auffassung, wenn Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung bestehen bleiben. Wenn in Summe aller Überlegungen die Verletzung eines Wahlrechtsgrundsatzes durch das BbgKWahlG anzunehmen ist, muss eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht erfolgen. Die Schwelle für eine Richtervorlage in Fragen des Landeswahlrechts beim Bundesverfassungsgericht wird mit Urteil 2 BvR 1953/95 bewusst weich gehalten, da durch dieses Urteil eine Verletzung der Wahlrechtsgrundsätze durch den Bürger selbst nicht mehr beklagt werden kann.

Das BbgKWahlG verletzt offensichtlich die Egalität des Staatsbürgers. Ein Einzelbewerber oder ein Kandidat der Klägerin bekommt durch das Kommunalwahlgesetz formal ein anderen Zugang zu Mandaten, als ein Kandidat einer im Sinne des §28a Abs.7 BbgKWahlG etablierten Partei oder Gruppe. Einzig dieser formale Unterschied, welcher in der Beglaubigungserfordernis nach §28a Abs.4 BbgKWahlG seinen gravierensten Ausdruck findet, hat verhindert, dass die Piratenpartei heute im Kreistag des Havellandes vertreten ist.

Die an sich schon verfassungswidrige, und zu vier Wahlgrundsätzen in Widerspruch stehende, Forderung des §28a Abs.2 BbgKWahlG nach Unterstützungsunterschriften hat die Klägerin fristgerecht erfüllt, wenn auch teilweise ohne die amtliche Beglaubigung nach §28a Abs.4 BbgKWahlG. Solange der Klägerin nicht Fälschung der eingereichten 30 eigenhändig unterschriebenen und nachprüfbaren Unterstützungsunterschriften je Wahlkreis vorgeworfen wird, ist die Ernsthaftigkeit des Wahlvorschlages, und der Rückhalt in der Bevölkerung für den selben, ausreichend dokumentiert worden. Das Möglicherweise irgendwann irgendwo ein mit Phantomunterschriften manipulierter Wahlvorschlag die technische Durchführung der Wahl spürbar beeinträchtigt hat, ist genausowenig überliefert wie der Umstand, dass überhaupt nur ein einziges Mal zu einer kommunalen Wahl so viele Wahlvorschläge eingereicht wurden, dass die technische Durchführbarkeit bedroht war. Und selbst wenn ein manipulierter Wahlvorschlag vor dem Wähler bestand hat -was auch als Heilung der Manipulation angesehen werden kann-, sollte ein einzelner Wahlvorschlagsträger nicht in der Lage sein, die Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung, oder auch nur der kommunalen Vertretung, nachhaltig zu beeinträchtigen. Jede Geschäftsordnung und das Hausrecht hat die Möglichkeit vorsätzlich störende Abgeordnete von einer Sitzung auszuschließen. Da Entscheidungen in der Regel mit einfacher Mehrheit getroffen werden, beeinflusst die Abwesenheit auch einer größeren Zahl von Abgeordneten die Funktionalität einer Vertretung nicht, solange die Beschlussfähigkeit gewahrt bleibt. Im übrigen garantieren ein direkt vom den Bürgern hauptamtlich gewähler Verwaltungschef, das Haushaltsrecht und eine Kommunalaufsichtsbehörde die Handlungsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung sogar dann noch, wenn die kommunale Vertretung vollständig handlungsunfähig ist.

Das BbgKWahlG verletzt die Freiheit der Wahl, denn die Menschen im Havelland hätten nachweislich, im für ein Mandat hinreichenden Umfang, für die Piraten gestimmt.

Das BbgKWahlG verletzt den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl, und Artikel 22 Landesverfassung Brandenburg, wenn Wahlvorschläge ohne ausreichende sachliche Notwendigkeit zurückgewiesen werden. Selbst wenn die theoretischen Argumente des Verwaltungsgerichtes vollumfänglich berechtigt wären, bliebe der Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl verletzt, weil der Landesgesetzgeber Nicht-EU-Bürgern kein Wahlrecht eingeräumt hat. Die Landesverfassung fordert für die autonome Ausgestaltung des Wahlrechts innerhalb ihres Verfassungsbereiches eindeutig, dass nicht nur Bürgern, sondern auch anderen Bewohnern Brandenburgs aktives und passives Wahlrecht zu gewähren ist. Grundgesetz und Bundesverfassungsgericht respektieren die Verfassungshohheit des Staates Brandenburg und bieten dem Landesgesetzgeber keinen Ansatzpunkt sich dieser Forderung durch die Landesverfassung zu entziehen. Der Punkt wurde im Wahleinspruch von der Klägerin vorgebracht, beschwert sie aber nicht unmittelbar selbst.

Das BbgKWahl verletzt den Grundsatz einer geheimen Wahl. Die relative höhe des Unterstützerquorums, gemessen an der Erfolgsschwelle des Wahlvorschlags, lässt sich im konkreten Fall nicht mehr mit der Forderung nach einer geheimen Wahl in Einklang bringen. Im Sinne der gängigen Argumentationen sind "Unterstützer" gleichbedeutend mit Menschen die den Wahlerfolg der unterstützten Partei wollen, sie sind also als Wähler anzusehen. Der Klägerin weist daraufhin, dass selbstverständlich auch vor Ämtern aus Gefälligkeit unterschrieben wird und der Amtseintrag eine Unterschriftsleistung aufgrund von Bestechung oder Bedrohung nicht verhindern kann.

Hinsichtlich der Höhe des Quorums kann die Klägerin nur feststellen, dass die Frage nach der Verhältnismäßigkeit vom Blickwinkels abhängig ist. Das Verwaltungsgericht spricht abstrakt von 1/1000 der Wahlberechtigten. Was im konkreten Fall der Piratenpartei Havelland -bezogen auf die Erfolgsschwelle der Wahlvorschläge bei der Kreistagswahl - bedeutet, dass sich 20% der für ein Mandat notwendigen Wähler vorab mit Personalausweis als Unterstützer einer Partei amtlich registrieren lassen müssen. In Worten: zwanzig Prozent. Letzter zugeteiler Sitz ca. 1800 Stimmen, was einem Stimmgeweicht von 600 Wählern entspricht. 120 beglaubigte Unterstützunterschriften wurden mindestens benötigt, um flächendeckend im gesamten Landkreis HVL antreten zu können. Zum Vergleich: Landtagswahl Kreiswahlvorschlag 100 Unterstützer bei einer Erfolgsschwelle von ca. 10.000 Wählern (1%); Bundestagswahl Kreiswahlvorschlag 200 Unterstützer bei einer Erfolgsschwelle von ca. 40.000 Wählern (0,5%). Und diese Unterschriften müssen nicht beglaubigt sein. Gemessen an dem für einen Wahlerfolg notwendigen Wählern liegt das Quorum bei Kommunalwahlen 20-fach über dem bei Landtagswahlen und 40-fach über dem bei Bundestagswahlen. Verrechnet man den höheren Aufwand für das Erlangen einer beglaubigten Unterschrift im Vergleich zu einer frei gesammelten Unterschrift konservativ mit dem Faktor 10, ergibt sich bei Kommunalwahlen eine Zulassungshürde, die 20000% über der bei Landtagswahlen und 40000% über der bei Bundestagswahlen liegt. So sieht die Praxis aus und es erklärt sich, warum die Klägerin die einen Hürden als Partei regelmässig schafft und die anderen Hürden oftmals reißt.

Selbst bei abstrakter Betrachtung von 1/1000 der Wahlberechtigten bleibt der objektive Mehraufwand für die Erlangung einer amtlichen Unterschrift bestehen. Die Klägerin führt zu den praktischen Hürden gerne umfangreich aus.

Das BbgKWahlG verletzt die formale Chancengleichheit der Parteien im politischen Wettbewerb um kommunale Mandate. Spätestens wenn ein, im Sinne des §28a Abs.7 etablierter, Wahlvorschlagsträger in einem Wahlgebiet erstmalig antritt oder bei der vergangenen Wahl nicht die für ein Mandat notwenigen Stimmen aus der Wählerschaft bekommen hat, ist insbesondere mit Blick auf die konkrete Wahl, eine sachlich nicht gerechtfertigte Ungleichbehandlung der Wahlvorschlagsträger offenkundig. Diese ist nach Artikel 12 Landesverfassung Brandenburg verboten.

Das BbgKWahlG verstößt auch gegen Artikel 21 Abs. 1 GG. Es behindert lediglich aus rein formalen Gründen die Teilnahme der Piratenpartei an der politischen Willensbildung im Havelland. Unstreitig lag kein einziger sachlicher Grund vor, der gegen die Teilnahme der Piratenpartei an der Kreistagswahl in allen vier Wahlkreisen sprach. Das Verwaltungsgericht bezieht sich in der Urteilsbegründung auf unrealistische und fiktionale Vorstellungen, die weder mit dem vorliegenden Fall, noch mit der politischen Wirklichkeit in Brandenburg 2014ff zu tun haben. Die Klägerin sieht darin Willkür.

Das Bundesverfassungsgericht führt im Urteil zu 2 BvK 01/07 - Ziffer 109 aus:

Der Gesetzgeber [Anm.: und auch das Verwaltungsgericht] muss sich bei seiner Einschätzung und Bewertung nicht an abstrakt konstruierten Fallgestaltungen, sondern an der politischen Wirklichkeit orientieren (BVerfGE 95, 408 <418 f.> m.w.N.).

Und in Ziffer 103:

Das Recht der politischen Parteien auf Chancengleichheit hängt eng mit den Grundsätzen der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl zusammen, die ihre Prägung durch das Demokratieprinzip erfahren. Deshalb ist in diesem Bereich - ebenso wie bei der durch die Grundsätze der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl verbürgten gleichen Behandlung der Wähler - Gleichheit in einem strikten und formalen Sinn zu fordern. Wenn die öffentliche Gewalt in den Parteienwettbewerb in einer Weise eingreift, die die Chancen der politischen Parteien verändern kann, sind ihrem Ermessen daher besonders enge Grenzen gezogen (BVerfGE 85, 264 <297>). Eine strenge Prüfung ist insoweit auch deshalb erforderlich, weil mit Regelungen, die die Bedingungen der politischen Konkurrenz berühren, die jeweilige parlamentarische Mehrheit gewissermaßen in eigener Sache tätig wird.

Einer offiziell anerkannten demokratische Partei den Zugang zu einer demokratischen Wahl zu verwehren, ist der schwerste denkbare Eingriff in die Chancengleichheit bei Wahlen nach dem vollständigen Verbot einer Partei.

Sämtliche vom Verwaltungsgericht vorgetragenen Rechtfertigungsgründe, welche auf die Arbeitsfähigkeit der kommunalen Vertretung zielen, können im konkreten Fall der Piratenpartei Havelland ebenso durch Zeugen restlos widerlegt werden, wie die Rechtfertigungsgründe hinsichtlich der technischen Durchführbarkeit der Wahl. Selbst den fragwürdigen Nachweis über die Ernsthaftigkeit und Nachhaltigkeit des Wahlvorschlages -in Form von 30 Unterstützungsunterschriften je Wahlkreis- hat die Klägerin fristgerecht erbracht.

Beweisantrag:

Wir beantragen den für die Kreistagswahl verantwortlichen Wahlleiter Lothar Marquardt, Prozeßbevollmächtigter der Beklagten im vorliegen Verfahren, als Zeugen zu laden. - zu laden über den Landkreis -

Der Zeuge wird aussagen, dass die Zulassung sämtllicher eingereichter Wahlvorschläge zur Wahl des Kreistages im Havelland zu keiner Beeinträchtigung des technischen Wahlablaufs geführt hätte. Darüber hinaus kann der sachverständige Zeuge zu den organisatorischen Grenzen des praktischen Wahlverfahrens Auskunft geben.

Beweisantrag:

Wir beantragen in diesem Zusammenhang den Stimmzettel der letzten Münchener Kommunalwahl als Beweismittel zuzulassen. Der Stimmzettel beweist, wieviel Spielraum hinsichtlich der Komplexität und des Umfangs bei der technischen Durchführbarkeit von Kommunalwahlen in Brandenburg existiert.

Beweisantrag:

Wir beantragen die Vorsitzende des Kreistages Manuela Vollbrecht, An den Göhren 19, 14641 Wustermark, OT Priort, als Zeugin zu laden. Die Zeugin wird aussagen, dass der Einzug der PIRATEN in den Kreistag zu keiner Beeinträchtigung der Funktionalität des Kreistages führt. Darüber hinaus kann die sachverständige Zeugin Auskunft über technische Grenzen hinsichtlich der Arbeitsfähigkeit des Kreistages geben.


Fazit:

  • Unterstützungsunterschriften im Allgemeinen und die Beglaubigungserfordernis im Besonderen stellen eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung des verfassungsmäßigen Rechts politischer Parteien auf politische Mitgestaltung durch Teilnahme an der Wahl dar. Unterstützungsunterschriften verletzen die Egalität der Staatsbürger, welche eine wesentliche Voraussetzung für das Funktionieren einer Demokratie ist. Die Tatsache, dass sogenannte etablierte Parteien von der Erfordernis Unterstützungsunterschriften beizubringen ausgenommen werden, verletzt die formale Gleichbehandlung der Wahlvorschläge im Wahlverfahren, welche nicht zuletzt auch durch Art. 21 GG abgesichert wird. Ein Wahlverfahren muss blind sein für den Wahlvorschlag. Wer einen Wahlvorschlag eingereicht hat, darf und kann keinen Einfluss auf die Zulassung haben, solange ein fester Wohnsitz im Wahlgebiet vorhanden ist. Das Gesetz errichtet eine künstliche Hürde, die im konkreten Fall und bei gegebener politischer Realität, weder mit Blick auf die technische Durchführbarkeit der Wahl, noch mit Blick auf die Arbeitsfähigkeit der kommunalen Vertretung zu rechtfertigen ist. Der Zweck dieser Hürde liegt aus Sicht der Klägerin ausschließlich darin, bereits etablierten Kräften kleinere Konkurrenten im politischen Wettbewerb fern zu halten. Dies wiegt um so schwerer, weil das Vertrauen vieler Menschen in Demokratie und Rechtsstaat schwindet. Wir haben eine insgesamt rückläufige Wahlbeteiligung. Die Regelungen des §28a BbgKWahlG hemmen die Möglichkeit einer Gesellschaft sich demokratisch durch Wahlen von Innen heraus zu erneuern.
  • Die Klägerin sieht gerade in den kommunalen Vertretungen die konkrete Chance lokale Alternativen zu entwickeln und umzusetzen. Und vielleicht erwächst aus diesen vielen lokalen Gruppen irgendwann so etwas wie eine neue staatspolitische Verantwortung. Erneuern bedeutet immer auch Verdrängen des Alten. Diese Erkenntnis erklärt die Motivation des Landesgesetzgebers hinter den beklagten Regelungen vermutlich vollständig. Eine nachweisbar von hinreichend vielen Wählern gewünschte politische Alternative im Kreistag Havelland wurde durch das BbgKWahlG rechtswidrig unterdrückt. Dieser Umstand lässt sich nur durch die beantragte Neuwahl heilen.
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Eine Berufung ist im Sinne des §124 VwGO zulässig, da 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 3. das Urteil in seiner Wirkung und Begründung der Entscheidung 2 BvK 01/07 des Bundesverfassungsgericht zu widerläuft, 4. das Verwaltungsgericht das verfassungsmäßige Gewicht der verletzten Grundrechte nicht gewürdigt hat.

Zur Begründung:

Das Verwaltungsgericht hätte die offensichtliche Verfassungswidrigkeit des Brandenburger Kommunalwahlgesetzes erkennen und einen entsprechenden Vorlagebeschluss zum Landesverfassungsgericht wegen Verstoß gegen Artikel 22 Abs.1 und Abs.3 Landesverfassung, sowie wegen Verstoß gegen den allgemeinen Wahlgrundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl, machen müssen. Alternativ wäre nur eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht wegen Verstoß gegen Art. 21 Abs.1 GG und Art. 28 Abs.1 GG denkbar.

zu 1.

  • Die Urteilsbegründung ist teilweise sachlich falsch. So behauptet das Verwaltungsgericht, dass die Klägerin die gesetzliche Vorgabe des § 28a Abs.2 BbgWahlG nach 30 Unterstützungsunterschriften je Wahlkreis unstreitig nicht erfüllt hat. Damit begibt sich das Verwaltungsgericht in Widerspruch zu dem im Urteil selbst zu Grunde gelegten Sachverhalt, denn dort heißt es korrekt: "Zudem wurden u.a. für die Wahlkreise 3 und 4 fristgerecht am 11. März 2014 jeweils 30 weitere Unterstützungsunterschriften, die im Rahmen von Straßensammlungen geleistet wurden, beim Kreiswahlleiter eingereicht. Für den Wahlkreis 1 wurden fristgerecht am 17. März 2014 30 im Rahmen von Straßensammlungen geleistete Unterschriften dem Kreiswahlleiter vorgelegt." Insofern das Verwaltungsgericht argumentiert, dass Unterstützungsunterschriften zur Sicherstellung der Ernsthaftigkeit eines Wahlvorschlages dienen, ist festzustellen, dass die Piratenpartei Havelland in den beklagten Wahlkreisen, auch im Sinne des § 28a Abs.2 BbgWahlG, ernsthafte Wahlvorschläge eingereicht hat. Darüber hinaus liefert die Tatsache, dass der dokumentierte Unterstützungswille in der Bevölkerung offensichtlich vorhanden ist, den Beweis dafür, dass der Gesetzgeber in der Ausgestaltung des § 28a Abs.4 BbgWahlG eine künstliche Hürde aufgebaut hat, welche im konkreten Fall einen ernsthaften und von der Bevölkerung unterstützen Wahlvorschlag verhindert hat.
  • Ernstliche Zweifel bestehen darüber hinaus an der pauschalen Feststellung des Verwaltungsgerichtes, dass technische Gründe für eine Einschrängung der formalen Gleichheit der Bürger und die Chancengleichheit aller Wahlvorschläge im gesamten Wahlverfahren sprechen. Das Verwaltungsgericht behauptet, ohne es näher darzulegen, dass bei unbeschränkter Zulassung auch kleinster Splittergruppen, die Wahlzettel völlig unübersichtlich und unhandlich und ihre Auswertung schwierig würde. Bei Kommunalwahlen reden wir über räumlich und von der Einwohnerzahl her stark beschränkte Wahlgebiete. Die Behauptung des Verwaltungsgerichtes lässt sich hinsichtlich der Gemeindevertretersammlungen und Ortsbeiräten nicht halten. Denn hinsichtlich der Städte und Landkreise ließe sich selbst mit einer gehöriger Portion Fantasie kaum ein Fall vorstellen, in dem dieses Argument tatsächlich greift. Europa- und Bundestagswahlen beweisen, dass Wahlzettel mit 30 verschiedenen Wahlvorschlägen technisch handhabbar sind und das zur Not hintendran noch hundert Einzelbewerber auf den Wahlzettel passen. Und selbst wenn eine Einschränkung des Gleichheitsgrundsatzes mit Blick auf eine Flut von Einzelbewerbern vorgenommen wird, ist unter Beachtung des Artikel 21 Abs.1 GG eine Zugangsbeschränkung hinsichtlich offiziell anerkannter Parteien weder notwendig noch zulässig.
  • Das Argument, dass das politische Gewicht eines Wahlvorschlages hinreichend bekannt sein müsse, läuft im konkreten Fall gleich doppelt ins Leere. Zum einen lagen, wenn auch teilweise unbeglaubigt, ausreichend Unterstützungsunterschriften vor, zum anderen hat die Piratenpartei Deutschland durch die Teilnahme an Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen längst ihr politisches Gewicht, auch im Havelland, bewiesen. Der Stimmenanteil der Piratenpartei im Havelland bei jeder dieser Wahlen hätte ausgereicht mindestens ein Mandat im Kreistag zu erlangen.
  • Die weitere Argumentation des Verwaltungsgerichtes ist ebenfalls nicht tragfähig, denn das den Argumenten zu Grunde liegende Demokratieverständnis entspricht nur zum Teil den Grundsätzen einer freien und gleichen Wahl. So muss der Wähler nach Auffassung des Verwaltungsgericht vor sich selbst geschützt werden. Vermeintlich aussichtslose Wahlvorschläge dürfen gar nicht erst zur Wahl zugelassen werden, um das Stimmgewicht der einzelnen Stimme zu sichern. Hier verwechselt das Verwaltungsgericht das Stimmgewicht mit dem Erfolgswert einer Stimme, denn auch die Stimme für den aussichtslosesten Wahlvorschlag behält selbstverständlich ihr Stimmgewicht, selbst wenn sie die einzige ist, die auf einen Wahlvorschlag entfällt. Es ist das verfassungsmäßige Recht eines Bürgers die Partei oder Gruppierung zu wählen, von welcher er sich die beste Vertretung seiner Interessen verspricht. Die individuelle Entscheidung des Wählers muss weder von den anderen Wählern noch von den Behörden nachvollzogen werden können. Sie ist schlicht zu respektieren. Es gibt Bürger die ihre Stimme mit voller Absicht einem Wahlvorschlag geben wollen, der eigentlich chancenlos ist. Mitunter führt dies am Ende sogar zu einem Wahlerfolg, wie die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiativen (PARTEI) zur Europawahl 2014 bewiesen hat, und das obwohl ihr erklärtes Wahlziel darin bestand, dass sich möglichst viele ihrer Kandidaten am System EU-Parlament persönlich bereichen können. Selbst Parteien, die über Jahrzehnte hinweg im 0,x% Bereich operieren, wie z.B. die MLPD, haben eine Stammwählerschaft, welche offensichtlich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes durch den Gesetzgeber bevormundet gehört. Abgesehen davon könnte man mit diesem Argument mehr oder weniger alle Wahlkreisvorschläge zu Landtags- und Bundestagswahlen untersagen, die nicht von SPD, CDU oder LINKE eingereicht werden. Der Wählerwille muss sich aus Sicht der Klägerin soweit wie irgendwie möglich frei herausbilden können. Niemand hat das Recht in diesen Prozess einzugreifen, solange keine gleichwertigen Rechtsgüter konkret in Gefahr geraten. Freie Wahlen oder doch eher gelenkte Demokratie, wie es unsere russischen Freunde nennen?
  • Und selbst wenn alle Argumente des Verwaltungsgerichtes vollumfänglich zuträfen, bleibt die Tatsache bestehen, dass die bereits im Landtag parlamentarisch Parteien auch dort keine Unterschriften brauchen, wo sie bislang nicht vertreten waren, bzw. angetreten sind und vom Wähler nicht gewählt wurden. Es gibt Ortsteile und Amtsgemeinden wo selbst die SPD, CDU und Linke gar nicht erst antreten oder mit 2% nach Hause geschickt werden. Trotzdem dürfen sie dort bei der nächsten Wahl wieder antreten, ohne das durch Nachweis von amtlichen Unterstützungsunterschriften die Vermutung abgeleitet werden muss, dass "hinter dem Wahlvorschlag eine mit Blick auf die _konkrete_ Wahl eine politisch ernstzunehmende Gruppe steht", oder das "ihr Wahlvorschlag mit den ernstlichen Absichten ihrer Wählergruppe übereinstimmt." Wenn die SPD bei Kommunalwahlen in einem Wahlgebiet zum _ersten_ Mal antritt, darf sie dass ohne amtlich beglaubigte Unterstützungsunterschriften tun. Mit welcher sachlichen Begründung?
  • Hinsichtlich der Höhe des Quorums bleibt festzustellen, dass alles eine Frage des Blickwinkels ist. Das Verwaltungsgericht spricht abstrakt von 1/1000 der Wahlberechtigten. Was im konkreten Fall der Piratenpartei Havelland bezogen auf die Erfolgsschwelle der Wahlvorschläge bei der Kreistagswahl bedeutet, dass sich 20% der für ein Mandat notwendigen Wähler vorab mit Personalausweis als Unterstützer einer Partei amtlich registrieren lassen müssen. In Worten: zwanzig Prozent. Letzter zugeteiler Sitz ca. 1800 Stimmen, was einem Stimmgeweicht von 600 Wählern entspricht. 120 beglaubigte Unterstützunterschriften wurden mindestens benötigt, um flächendeckend im gesamten Landkreis antreten zu können. Zum Vergleich: Landtagswahl Kreiswahlvorschlag 100 Unterstützer bei einer Erfolgsschwelle von ca. 10.000 Wählern (1%); Bundestagswahl Kreiswahlvorschlag 200 Unterstützer bei einer Erfolgsschwelle von ca. 40.000 Wählern (0,5%). Und diese Unterschriften müssen nicht beglaubigt sein. Gemessen an dem für einen Wahlerfolg notwendigen Wählern liegt das Quorum bei Kommunalwahlen 20-fach über dem bei Landtagswahlen und 40-fach über dem bei Bundestagswahlen. Verrechnet man den höheren Aufwand für das Erlangen einer beglaubigten Unterschrift im Vergleich zu einer frei gesammelten Unterschrift konservativ mit dem Faktor 10, ergibt sich bei Kommunalwahlen eine Zulassungshürde, die 20000% über der bei Landtagswahlen und 40000% über der bei Bundestagswahlen liegt. So sieht die Praxis aus und es erklärt sich warum wir die einen Hürden als Partei schaffen und die anderen Hürden oftmals reißen.
  • Hinsichtlich des Hauptklagepunktes nach der Unverhältnismäßigkeit, und damit Verfassungswidrigkeit, der amtlichen Unterschriftsleistung rühren ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils an den größtenteils falschen Behauptungen, die zur Legitimation des §28a Abs.4 BbgKWahlG herangezogen werden. Ziel der Vorschrift sei es, "auszuschließen, dass Unterschriften z.B. aus Gefälligkeit, also ohne ernsthaften Unterstützungswillen, abgegeben werden." Aus Gefälligkeit wird selbstverständlich auch auf den Ämtern unterschrieben, nur ist die Gefälligkeit hier bereits größer. "Ferner sollen Unterschriften von Personen ausgeschlossen werden, die sich über die Bedeutung und den Zweck ihrer Unterschrift nicht im klaren sind." Staatsbürgerkundeprüfung? Natürlich können die lokalen Verwaltungsmitarbeiter auch kleine Aufgaben zur Überprüfung der Ernsthaftigkeit des Unterstützungswillens stellen. Nur wer es sich wirklich nicht ausreden lässt, ist ein ernsthafter Unterstützer und darf unterschreiben. #sarkasmus off

Ebenso kann ein Unterstützer durch Bedrohung, Bestechung, Überredung etc. dazu gebracht werden die amtliche Unterstützungunterschrift zu leisten. 100€ pro Wahlberechtigten sollten binnen 1-2 Stunden die benötigten amtlichen Unterschriften zusammenbringen. Manipulationen an den amtlichen Listen sind technisch ebenfalls problemlos möglich, weil sie den Wahlvorschlagsträgern übergeben werden, da diese sie beim Wahlleiter einreichen müssen. Die Wahlberechtigung kann bei unbeglaubigten Listen nachträglich durch den Wahlleiter geprüft werden, wie er es z.B. bei Listen, welche von einem Notar eingereicht würden, auch tun müsste. Spätestens in der Summe begründen diese Scheinargumente ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Der Nutzen einer Vorschrift, welche sicherstellt, dass die Unterschrift tatsächlich vom jeweiligen Unterstützer stammt, ist weit geringer, als der Schaden den diese Vorschrift an unserer Demokratie anrichtet. Menschen wollen sich im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung engagieren. Wer möchte sie mit welchem Recht dabei behindern?

  • Die Behauptung des Verwaltungsgerichtes die von uns frei gesammelten Unterschriften entsprächen inhaltlich nicht den bei den Wahlbehörden hinterlegten Listen, wird von der Klägerin als sachlich falsch zurückgewiesen. Die von den Unterstützern erhobenen Daten sind deckungsgleich mit denen der amtlichen Vordrucke des Kreiswahlleiters. Wahl, Wahlkreis und Wahlvorschlagsträger sind eindeutig und zweifelsfrei genannt. Worin der angebliche inhaltliche Mangel bestehen soll, sagt das Verwaltungsgericht nicht.


zu 2.

  • Die Stärke der Demokratie ist ihre Fähigkeit sich von innen heraus zu erneuern. Das Bewerber und Parteien, welche bereits parlamentarisch Vertreten sind, im Brandenburger Kommunalwahlgesetz priviligiert werden ist offensichtlich. Ein Kartell der Macht versucht das entstehen von Alternativen an der politischen Basis unserer Gesellschaft, den Städten und Kommunen, zu behindern. Die Zustimmung zu den Altparteien insgesamt sinkt. Die Wahlbeteilung sinkt. Kein Gesetz, welches Parteien, Initiativen und Einzelpersonen die vor Ort Verwantwortung übernehmen wollen, behindert, sollte vor unserer Verfassung bestehen können. Die formale Verletzung eines Wahlgrundsatzes ist immer eine Angelegenheit von grundsetzlicher Bedeutung, welcher inhaltlich Anspruch auf rechtliche Überprüfung hat. "Ebenso hat jeder Richter das in einem Rechtsstreit erhebliche Landeswahlrecht auf seine Übereinstimmung mit den fünf Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG zu überprüfen und das Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, wenn er der Auffassung ist, es entspreche diesen Grundsätzen nicht. Dabei handelt es sich sowohl bei der abstrakten als auch bei der konkreten Normenkontrolle um Verfahren, in denen allein zu klären ist, ob der Gesetzgeber den objektivrechtlichen Vorgaben der Verfassung genügt hat." - 2 BvR 1953/95 Ziffer 59
  • Die formalen Unterschiede im Wahlgesetz stehen im unstreitigen Widerspruch zum Wahlgrundsatz der Gleichheit der Wahl und dessen objektivrechtlichen Vorgaben. Argumente welche auf die Handlichkeit von Wahlzetteln zielen oder der Wunsch den Wähler vor seiner eigenen Entscheidung beschützen zu wollen, sind außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit im Vergleich zu den angegriffenen Grundrechten. Und das es keinen hinreichenden Grund gibt die Handlungsfähigkeit in Gefahr zu sehen, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu 2 BvK 01/07 deutlich gemacht.


zu 3.

  • Mit dem vom Verwaltungsgericht in der Urteilsbegründung erwähnten, und somit dem Gericht bekannten, Urteil 2 BvK 01/07 des Bundesverfassungsgerichts wird der Eingriff von Sperrklauseln bei Kommunalwahlen als verfassungswidrig abgeurteilt, da die Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung durch ihre Struktur mit direkt vom Volk gewählten Landräten und Bürgermeistern gesichert ist, und die Vertretungen nur begrenzte Befugnisse haben und darüber hinaus einer Rechtsaufsicht unterliegen. Solange es keine mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der kommunalen Vertretungsorgane gibt, hat der Gesetzgeber analog des Leitsatzes aus 2 BvK 01/07 kein Recht dazu einzugreifen. Es ist zu bezweifeln, dass selbst ein Dutzend unernster oder nicht nachhaltiger Wahlvorschläge zu solch einer Beeinträchtigung führen können, zumal diese Wahlvorschläge ja auch noch vor dem Wähler bestehen müssen.
  • Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes sollen Zulassungshürden auch erfolgversprechende Wahlvorschläge verhindern. Nachdem die Sperrklauseln bei Kommunalwahlen vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurden, sollen jetzt andere Hürden diese Aufgabe übernehmen, womit wieder genau solche Wahlvorschläge getroffen werden, denen das Bundesverfassungsgericht gerade bescheinigt hatte, dass ihr verstärkter Einzug in die Vertretungen durch den Wegfall der 5%-Sperrklausel keine entscheidene Beineinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Vertretungsorgane erwarten lässt. Zulassungshürden greifen dem Wählerwillen vor und sind spätestens im Falle erfolgversprechender Wahlvorschläge, wie vorliegend, unzulässig.



zu 4.

  • Nach 2 BvK 01/07 Ziffer 95 sichert der Grundsatz der Gleichheit der Wahl "die vom Demokratieprinzip vorrausgesetze Egalität der Staatsbürger. Die Gleichbehandlung aller Staatsbürger bei der Ausübung des Wahlrechts ist eine der wesentlichen Grundlagen der Staatsordnung". Das im Falle des BbgKWahlG ausnahmsweise von diesem Grundsatz der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz abgewichen wird ist offensichtlich, denn ein Bürger bekommt formal bei der SPD einen anderen Zugang zu Wahlen und Mandaten, als in der Piratenpartei oder als Einzelbewerber. Aufgrund dieser Grundrechtsverletzung hat die Klägerin die Wahl angefochten. Das Verwaltungsgericht erwähnt weder ausdrücklich das im Artikel 22 Landesverfassung Brandenburg verbriefte Recht der Bürger auf Teilnahme an Wahlen, noch das in Artikel 21 GG festgeschriebene Privileg der Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken und auch nicht die demokratische Verpflichtung auf ein neutrales Wahlverfahren. Hätte das Gericht die verletzten Grundrechte - den Eingriff in die an sich demokratische Staatsordnung - sachgerecht gewürdig und die Gründe für das Eingreifen konkret gegenübergestellt, hätte es auch die Unbilligkeit seiner eigenen Argumentation erkannt. Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin die Prüfung ihres zentralen Klagepunktes verweigert.
  • Auf die beklagte Verletzung des Artikel 12 Abs.1 der Landesverfassung Brandenburg geht das Verwaltungsgericht nicht ein.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Jede Willkür und jede sachwidrige Ungleichbehandlung ist der öffentlichen Gewalt untersagt. Die Klägerin hat im Verfahren deutlich gemacht, dass Menschen, welche für die PIRATEN kandidieren, formal anders durch das Brandenburger Kommunalwahlgesetz behandelt werden, als Menschen, welche für die SPD kandidieren. Die Klägerin sieht darin die Willkür und den Machtmissbrauch, der an diesem Beschluss mitwirkenden Parteien, welche sich selbst unlautere Vorteile im politischen Wettkampf beschaffen. Auf Kosten der Demokratie!

  • Der Landesgesetzgeber behandelt Landtags- und Kommunalwahlen sachwidrig ungleich, wenn er den Zugang zu Kommunalwahlen schwieriger gestaltet als zu Landtagswahlen. Der Landtag hat im Gegensatz zu kommunalen Vertretungen Gesetzgebungskompetenz und muss eine Regierung wählen. Landkreise und kreisfreie Städte haben Hauptamtliche, direkt vom Volk gewählte Verwaltungsleiter, die auch ohne funktionsfähigen Kreistag handlungsfähig bleiben. Die Klägerin sieht gerade in den kommunalen Vertretungen vor Ort die konkrete Chance lokale Alternativen zu entwickeln und umzusetzen. Und vielleicht erwächst aus diesen vielen lokalen Gruppen irgendwann soetwas wie eine neue staatspolitische Verantwortung. Bei der Zulassung zur Wahlen von Gesetzgebungsorganen können eher strengere Maßstäbe angelegt werden als bei Wahlen zu kommunalen Vertretungen. Es geht um kommunale Selbstverwaltung! Warum sollten da Menschen mit Parteibuch Vorteile haben?