Das Bildungsprogramm der Brandenburger CDU findet sich auf den Seiten der Konrad-Adenauer-Stiftung und wurde auf dem 27. Parteitag am 17.11.2012 in Potsdam einstimmig beschlossen. http://www.kas.de/wf/doc/kas_32792-1522-1-30.pdf?121127150846
Im folgenden gehe ich ich es einmal von oben bis unten durch und kommentiere bzw. vergleiche mit unserem Programm. Viel Spaß beim lesen.
- Die CDU sieht große Defizite in der Brandenburger Bildungspolitik.
Sind wir uns einig. :-)
- Ziel der Bildung ist Selbstständigkeit und Verantwortungsbewusstsein.
Auch hier sind wir uns einig.
- Bildung soll Teilhabe und Erfolg für jeden in unserer Gesellschaft ermöglichen. Ein leistungsorientiertes Bildungssystem ist das Leitmotiv des CDU Bildungsprogramms. Die CDU erkennt aber an, dass es eine Notwendigkeit zur Förderung gibt, um bei allen Kindern "Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft optimal zur Geltung" zu bringen.
Hier bricht ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Herangehen der CDU und unserem Ansatz hervor. Wir legen großen Wert auf das emanzipatorische Moment der Bildung, während für die CDU die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Wissen für die weitere Argumentation zentral ist. Für uns ist Bildung ein Wert für sich selbst genommen, weil sie mündige Menschen heranzieht. Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Brandenburger Wirtschaft, sowie persönliche Karrierechancen sind für uns gewollte positive Nebeneffekte, aber für sich allein genommen nicht handlungsleitend.
- Bildung muss sich am einzelnen Kind orientieren.
Auch hier sind wir uns einig.
Stichwort Kita
- Verbindliche Sprachstandserhebung ab 3 Jahren und vor der Einschulung. Gegebenenfalls verbindliche Sprachförderung.
Soll es schon geben.
- Mehr Freistellung für Leitungsaufgaben, besserer Betreuungsschlüssel.
Da können wir mitgehen.
Stichwort Grundschule
- Mehr Unterricht in Deutsch und Mathe an den Grundschulen. "Deshalb muss die Stundentafel für die Grundschule insgesamt um mindestens vier Stunden erhöht werden". Mehr Diktate.
Eine der wenigen Stellen, wo die CDU mal wirklich konkret wird. Ob dieser Weg zum Ziel führt? Klare Leistungsvorgaben von oben, mehr Kontrolle. Schlüsselkompetenzen wie Lesen, Schreiben und Rechnen lassen sich auch recht einfach in anderen Fächern trainieren. Mehr fachübergreifenden Unterricht wagen? Fehlanzeige. Und die einige Absätze zuvor geforderte Orientierung am einzelnen Kind spielt bei der Lösung von fachlichen Defiziten plötzlich keine Rolle mehr.
- Mehr und frühzeitigere Trennung von leistungsstarken und leistungsschwachen Kindern.
Ein klares Bekenntnis zu leistungshomogenen Klassen. Wenn die Dummen unter sich bleiben, kann man sie besser fördern, oder? Ein Bildungssystem, welches wirklich auf individuelle Förderung setzt hätte solche Überlegungen schlicht nicht nötig. Ein klares "No Go" für die Piraten.
Stichwort Weiterführende Schulen
- Ja zum Gymnasium - Nein zur Gesamtschule
Die CDU ist hier ideologisch klar festgelegt. Passt aber gut zum leistungsorientierten Ausleseprinzip.
- Ja zum deutschlandweiten Zentralabitur - Nein zum gemeinsamen Abitur Berlin-Brandenburg
Hier geht es vor allem um die formale Vergleichbarkeit von Abschlüssen. Konsequenterweise wird auch ein deutschlandweit einheitlicher Oberschulabschluss gefordert. Das eine solche Forderung schnell gestellt, aber nicht so ohne weiteres umzusetzen ist, zeigt sich an der postwendend erklärten Ablehnung des geplanten gemeinsamen Abiturs der Länder Berlin und Brandenburg. Wenn hier eine Vergleichbarkeit schon nicht gegeben ist, sollte zumindest ein Hinweis darauf gegeben werden, wie diese Vergleichbarkeit gleich zwischen 16 Bundesländern herzustellen wäre. Man will sich an den jeweils höchsten Leistungsanforderungen in Deutschland orientieren. Das könnte Brandenburg auch heute für sich schon so definieren und die Anforderungen an Abitur und Oberschulabschluss deutlich nach oben schrauben. Will die CDU aber nicht, denn das Problem mit dem Leistungsniveau an vielen Brandenburger Schulen geht dann doch weiter und tiefer, als dass es sich durch ein paar Vorgaben von oben lösen ließe. Inhaltlich wurde unsere Diskussion dazu erst ansatzweise im Rahmen der AG Bildung geführt. Tendenz war aber ein generell "Niedrigerhängen" von Abschlüssen und eine stärkere Dokumentation von konkreten Kompetenzen und erbrachten Leistungen. Die Bildung eines Kindes auf 10 Zahlen im Abschlusszeugnis zu reduzieren halten wir für fragwürdig und nur für begrenzt aussagekräftig.
Stichwort Allgemeine Rahmenbedingungen
- CDU fordert "Schulfrieden" für die Schulstruktur in Brandenburg. Sie lehnt weitere Schulversuche und das ständige Ändern von Vorschriften und Regelungen ab.
Diese Forderung soll sich gut anhören, ist aber offensichtlich nicht ernst gemeint, wenn man vom klaren Bekenntnis zum Gymnasium absieht. Das CDU-Programm hat ja bereits tiefgreifende Änderungen hinsichtlich von deutschlandweit einheitlichen Abschlüssen gefordert und fordert später sogar Personalhoheit und Budgethoheit für kommunale Schulträger. Wer so tiefgreifende Änderungen im System anstrebt, sollte besser nicht von Schulfrieden sprechen. Die Lehrerverbände werden begeistert sein, wenn demnächst Kommunen über die Einstellung und Entlassung von Lehrkräften zu entscheiden haben. #not
- Freie Schulwahl ab der 1. Klasse
In unserem Programm eine Selbstverständlichkeit, welche wir noch nicht einmal erwähnt haben.
- Förderschulen sollen auch zukünftig erhalten werden. Inklusion bitte nur ganz behutsam umsetzen.
Klarer Widerspruch zu unserem Programm. Die CDU fordert einen neuen Schulabschluss extra für Förderschüler. Das völlige Versagen der Förderschulen in Brandenburg wird nicht thematisiert. 95% der Kinder an Förderschulen im Land machen keinen regulären Schulabschluss! Warum das in anderen Bundesländern anders läuft - egal. Förderschulen erhalten. Da kann man nur mit dem Kopf schütteln.
- Vertretungsreserve auf 6% verdoppeln
Dieser Punkt ist wirklich lustig. Zunächst stellt man fest das 10% Unterricht zu verteten sind, um dann 6% Vertretungsreserve zu fordern. Hier sieht man gut, wie sehr das zuständige Ministerium selbst die Opposition eingelullt hat.
- Klare inhaltliche und zeitliche Vorgaben in den Rahmenlehrplänen
Gibt es heute schon sehr detailiert. Die Forderung zeigt, dass das mit dem "Lernen ist ein individueller Prozeß" noch nicht wirklich verstanden worden ist und entlarvt vorher aufgestellte Forderungen nach Selbständigkeit und Eigenverantwortung im Lernprozeß als bestenfalls halbherzig.
- Lehrpläne entschlacken - Kinder sollen weniger lernen, um mehr Zeit zu haben das Gelernte nachhaltig zu verstehen und anzuwenden.
DANKE!!! Insbesondere an Gymnasien ein riesiges Problem. Die Kinder mit noch mehr sinn- und zusammenhangslosen Wissen zuzuballern, wird nicht der Weg hin zu einer besseren Bildung sein. Mehr auf die Kompetenzen der Schüler zu zielen und weniger auf das einzelne Fachwissen, welches nach der nächsten Klassenarbeit ohnehin nur eine sehr begrenzte Halbwertzeit hat, ist sicherlich der Weg der Zukunft. Leider hatte sich die Passage zum "Deutschlandabitur" genau gegenteilig gelesen.
- Kommunale Bildungslandschaften – mehr Verantwortung vor Ort . Die CDU fordert ein stärkere Vernetzung von Kita, Schule, Jugend- und Kultureinrichtungen, schulischer und außerschulischer Förderangebote sowie der Erwachsenenbildung im Rahmen einer kommunalen Bildungsplanung. Kommunale Schulträger sollen die Möglichkeit erhalten, genau wie ein freier Träger Personal- und Bugethohheit zu erhalten.
Wer schon einmal mit dem zuständigen Fachbereichsleiter oder dem Bildungsausschuß seiner Gemeinde unterhalten hat, stellt schnell fest, dass die Kompetenzen in Sachen Schule dort oftmals sehr beschränkt sind. Häufiger ist die Schulverwaltung gleich beim Ordnungs- oder Hauptamt angesiedelt. Ob hier jetzt der Schlüssel für die Zukunft liegt? Nichts desto trotz ist dieser Punkt politisch spannend, weil er die gesamte Schulstruktur in Frage stellt und uns somit in die Hände spielt. Auch wir wollen Entscheidungskompetenz und Verantwortung nach unten abgeben. Nur konsequenterweise gleich an die Schule vor Ort und nicht an den kommunalen Träger. Im Bild der CDU gesprochen, wollen wir das die öffentliche Schule selbst ihr eigener Träger wird, und genau wie eine Schule in freier Trägerschaft ihre Entscheidungen treffen kann. Ehrlicherweise haben wir uns auch gleich von der Verbeamtung der Lehrkräfte verabschiedet. Wie ein Modell mit lokaler Verantwortung über Einstellungen und Entlassungen mit verbeamteten Lehrkräften funktionieren soll, bleibt das Geheimnis der CDU.
- Das Grundrecht, Schulen in freier Trägerschaft zu gründen und zu betreiben darf nicht beschnitten werden.
Hier geht es vor allem um die angemessene finanzielle Ausstattung freier Träger. Die letzten Kürzungen in diesem Bereich lehnt die CDU ab. Für uns stellt sich durch die beschlossene Kopplung des Geldflusses an die Kinder das Problem so nicht. Geht das Kind in die Einrichtung X, erhält die Einrichtung X das "virtuelle Bildungsguthaben", unabhängig von der Trägerschaft.
- CDU für den Erhalt jeder einzelnen Schule und Einführung von Schulverbünden
So pauschal ist die Garantie sicherlich nicht 100% ernst zu nehmen. Gerade in kreisangehörigen Städten mit stark rückläufigen Kinderzahlen und mehreren Grundschulen gibt es wenig Gründe, welche potentiell gegen eine Zusammenlegung sprechen. Aber grundsätzlich ist der Ansatz zum Erhalt von wohnortsnahen Schulstandorten natürlich richtig und wichtig. Leider wird versäumt klar zu sagen, wie weit eine Schule maximal vom Wohnort des Kindes entfernt liegen darf. Irgendeine Definition der Dichte des Schulnetzes sollte aber im Sinne der Ehrlichkeit selbstverständlich sein, zumal nach dem allgemeinem Menschenverstand heute bereits Lücken im Schulnetz existieren. Zumindest wenn man Schulwege von über zwei Stunden täglich für nicht zumutbar ansieht. Da die Piraten sich zu einem Qualitätswettberb zwischen den Schulen bekennen, kann es bei uns aber nicht zu einem Bekenntnis für jeden einzelnen Standort kommen. Wichtig ist, dass mindestens eine frei zugängliche (und qualitativ überzeugende) Schule vor Ort ist. Ob das jetzt Schule x ist, oder Schule y ein Ort weiter, ist aus dieser Warte nachrangig.
- CDU will "verpflichtende Gesprächen zwischen Eltern und Lehrern bzw. Erziehern, die insbesondere im familiären Umfeld stattfinden sollen."
Hier würde es doch sehr erhellend sein eine Begründung zu hören, warum diese Gespräche im familiären Umfeld stattfinden sollen, ob diese Gespräche und die Eindrücke aus dem Umfeld dann auch protokolliert werden sollen und an welche Stellen diese Informationen über das familiäre Umfeld alles weitergeleitet werden sollen. Da verfällt man doch glatt in die Kopf-Tisch-Dialektik.