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Positionspapier/32

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Nummer: 32
Beschlossen am: 05.04.2014
Status: aktuell

Energieleitbild 2034

Vorspann

Wie können wir in 20 Jahren leben? Um zu wissen, wohin wir uns orientieren wollen, ist es sinnvoll, Vorstellungen für eine gute Lebensumgebung in einem gestaltbaren Zeitraum, aber nicht nur als unmittelbare Reaktionen auf aktuelle Ereignisse zu entwickeln. Die folgenden Darstellung für den Energiebereich soll idealerweise in einem piratischen Leitbild für Brandenburg in 20 Jahren münden und eine Orientierung für aktuelle, kurzfristige Wahlprogramme bieten. Eine Einbindung ins Grundsatzprogramm oder die Verabschiedung als Positionspapier ist denkbar.

Antragstext

Der Landesparteitag der Piratenpartei Deutschland, Landesverband Brandenburg möge beschließen, folgenden Antrag an geeigneter Stelle als Positionspapier aufzunehmen: Leitbild Energie im Jahre 2034

Die folgende Darstellung beschreibt die piratischen Vorstellungen der Energieversorgungsstruktur im Jahre 2034:

Energie wird komplett nachhaltig aus natürlichen Energiequellen gewonnen. Der weitaus größte Teil des Stroms wird mit preiswerten Photovoltaikanlagen und Windkraftanlagen gewonnen und ist für den Enverbraucher bezahlbar.

Praktisch jeder Gebäude-Neubau integriert eine ästhetisch befriedigende Photovoltaikanlage, auch die meisten älteren Gebäude sind je nach Möglichkeit damit ausgestattet. Weit verbreitet sind ebenso gebäudeintegrierte oder -nahe Kleinwindenergieanlagen als wenig störende Vertikalläufer. Bei Einfamilienhäusern produzieren diese Kleinanlagen regelmäßig übers Jahr deutlich mehr Strom, als im Haushalt verbraucht wird, in Mehrfamilienhäusern sowie in Industrie- und Verwaltungsbauten erbringen sie einen nennenswerten Anteil. Der produzierte Strom wird soweit wie möglich sofort selbst genutzt, ansonsten zur Vermeidung von finanziellen Verlusten über den Zeitraum von bis zu einem Monat in leistungsfähigen Akkumulatoren (z.B. auf Lithium-Ionen-Basis) innerhalb des Gebäude-Stromnetzes zum Ausgleich von Last- und Verbrauchs-Unterschieden gespeichert. Überschußstrom wird zu einem garantierten Preis in das allgemeine Stromnetz eingespeist. Von diesem kann umgekehrt Strom zu einem höheren Preis wieder bezogen werden.

Da der mit den Gebäuden erwirtschaftete Strom noch nicht den kompletten Bedarf deckt, erzeugen zusätzlich Photovoltaik-Freiflächenanlagen und Windparks sowie Geothermie- und Wasserkraftanlagen Strom.

Das Gesetz zur Sicherstellung der Versorgung mit nachhaltig gewonnener Elektrizität (SiVNEG) hat das Erneuerbare-Energien-Gesetz abgelöst und garantiert Kleineinspeisern mit einem Jahres-Überschußstrom von bis zu 15000 kWh die Vorrangeinspeisung zu einem Festpreis von 0,15 €/kWh. (Anmerkung: Geldgrößen orientieren sich am Jahr 2014 und enthalten keine Umsatzsteuern; die Entwicklung der Steuern, der Inflation und der Bestand der Euro-Währung überhaupt ist derzeit nicht absehbar.) Die gleiche Vorrangeinspeisung wird genossenschaftlich organisierten Stromerzeugern gewährt, sofern auf das einzelne Mitglied der Genossenschaft nicht mehr als die dreifache durchschnittliche Stromerzeugung im Regulierungsgebiet entfällt. Hierdurch wird die Partizipation breiter Bevölkerungsschichten erreicht. Der Strom aus von klassischen Kapitalunternehmen betriebenen Anlagen wird zu Marktpreisen vergütet.

Mit dieser Versorgungsregelung ist es gelungen, an 70% der gehandelten, also nicht selbstverbrauchten, elektrischen Energie 50% der Bürger finanziell zu beteiligen, wodurch eine hohe Akzeptanz in der Bevölkerung erreicht wurde.

Die Niederspannungs-Stromnetze befinden sich weitgehend in kommunaler Hand und werfen bescheidene Gewinne ab. Teilweise werden sie auch von Bürgergesellschaften betrieben; da sie zur Daseinsvorsorge gerechnet werden, sind sie den Kapitalinteressen von Großunternehmen entzogen. Viele Niederspannungs-Netzbetreiber betreiben Stromspeicher zum Ausgleich jahreszeitlicher Unterschiede zwischen Strombedarf und -erzeugung. Der Großteil des zu speichernden Stroms wird in Methan umgewandelt und über die alten Erdgasnetzen in Erdgasspeichern eingelagert, ein beträchtlicher Anteil wird auch zum Betrieb von Elektrofahrzeugen mit Wasserstoff genutzt. In ländlichen Gebieten wird Methan ebenfalls aus landwirtschaftlichen Abfallprodukten gewonnen, mangels Förderung lohnt sich der Anbau von Energiepflanzen jedoch nur noch in Ausnahmefällen.

Mit dem so gewonnenen Methan werden in vielen, insbesondere freistehenden, Gebäuden Blockheizkraftwerke zur Gebäudeheizung betrieben, wobei der dabei erzeugte Strom den SiVNEG-Regulierungen unterliegt. In den meisten, insbesondere neueren Gebäuden beruht die Heizung jedoch auf Erdwärme, entweder oberflächennah, oder indirekt über Fernwärmenetze, die durch Tiefenbohrungen betrieben werden.

Der Abbau fossiler Energieträger ist ebenso wie die Kernenergie vollständig beendet worden. Die Energiekonzerne haben ihren Geschäftsbereich auf die Erzeugung nachhaltigen Stroms vor allem durch große Freiflächen-Fotovoltaikanlagen und Windparks, aber auch mit Wasserkraft- und Geothermieanlagen sowie auf die effiziente Speicherung von Strom verlagert. In diesen Bereichen konkurrieren sie mit der regulierten Stromversorgung und ergänzen sie sie. Photovoltaik- und Windenergieerzeugungsanlagen im Industriemaßstab werden vor allem auf (ehemals militärischen) Konversionsflächen und auf Braunkohlefolgeflächen betrieben. Sie sind jedoch zeitlich auf 30 Jahre befristet und sind an die Meliorisation des Bodens gebunden. Zur Energiespeicherung betreiben die Energiekonzerne zudem die alten Erdgasspeicher sowie Druckluft- und Lageenergiespeicher. Ringwallspeicher in den gefluteten Tagebauabbaulöchern haben sich aufgrund von Bürgerprotesten und weggefallener Subventionierung bis auf einen Prototypen im Cottbuser Ostsee nicht durchgesetzt.

Diese Versorgungsstruktur hat dazu geführt, daß die Verbraucherpreise für Strom sich nach dem starken Anstieg aufgrund der Verknappung des Erdöls und der Verteuerung des Erdgases im Wesentlichen an den Kosten der Speicherung orientieren und sich auf etwa 0,45 €/kWh eingependelt haben. Dieser stabile Energiepreis bei gleichzeitig weitgehender Selbstversorgung trägt wesentlich zur Befriedung der Gesellschaft bei.

Das staatlich regulierte Übertragungs- und Verteilstromnetz ist gegenüber der Zeit der zentralisierten, fossilen Stromerzeugung deutlich ausgebaut worden, um die lokalen Verbrauchs- und Erzeugungsunterschiede auszugleichen. Jedoch ist der Ausbau im Höchst- und Hochspannungsbereich deutlich unter den Erwartungen geblieben, insbesondere nachdem die Methanisierung im großen Maßstab marktreif wurde und die vorhandenen Erdgasnetze eine effizientere Möglichkeit des Energietransportes boten.

Es läßt sich feststellen, daß die beschriebene nachhaltige Stromversorgungsstruktur im Jahr 2034 die herkömmliche, auf der Verbrennung fossiler Rohstoffe und der Nutzung nicht beherrschbarer Kernspaltungsprozesse beruhende schneller abgelöst hat als bei der Einleitung der Energiewende und bei der erneuten Abkehr vom Atomstrom durch die Merkel-Regierung erwartet. Beigetragen haben hierzu vor allem der Erdöl-Verknappungsschock und eine dadurch ausgelöste breite gesellschaftliche Konsensfindung über die Energieziele, die jetzt weitestgehend umgesetzt sind. Die noch vorhandenen Interessenskonflikte vor allem zwischen der Masse der Kleinenergieerzeuger und den Kapitalinteressen der alten und neuen Energiekonzerne haben stark an Bedeutung verloren, da beide Bereiche ihre stabilisierende Bedeutung im Energiemarkt gefunden haben.

Begründung

Mit diesem Positionspapier soll plastisch dargestellt werden, wie die Energieversorgung in 20 Jahren aussehen kann. Diese Vision ist aus derzeitiger Perspektive, nicht statisch und exakt in dieser Form extrem unwahrscheinlich, sie bietet aber eine Ziel-Orientierung.

Anmerkung:

Dieser Antrag wurde bereits zum letzten LPT als "Energieleitbild 2033" eingestellt, kam aber nicht zur Abstimmung.

Der Ursprungstext https://wiki.piratenbrandenburg.de/Benutzer:Tojol/Verschiedenes/LeitbildEnergie2032 stammt vom Oktober 2012; die "konterrevolutionären" Entwicklung im Energiebereich haben sich mittlerweile deutlich verschärft, aber als Orientierung funktioniert der Text noch heute.