Die Piratenpartei Brandenburg unterstützt zur Demokratisierung unseres Landtagswahlrechts die Einführung der Möglichkeit eine Ersatzstimme abzugeben nach folgenden Gesetzentwurf. Die Ersatzstimme ermöglicht es neben der Zweitstimme eine weitere Stimme abzugeben, die im Falle eines Scheiterns der gewählten Partei an der 5%-Hürde einzeigt, auf welche Partei die Stimme übergehen soll.
"Das Volk von Brandenburg hat das folgende Gesetz beschlossen, das hiermit verkündet wird:
Gesetz zur Änderung des Landeswahlgesetzes
Art. 1
Wahlgesetz für den Landtag Brandenburg (Brandenburgisches Landeswahlgesetz - BbgLWahlG)
In der Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 2004
(GVBl.I/04, [Nr. 02], S.30) zuletzt geändert durch Gesetz vom 12. Februar 2019
(GVBl.I/19, [Nr. 1], S., Bek. Entscheidungsformel GVBl.I/20, [Nr. 30]) , wird wie folgt geändert:
1. Abschnitt 1 § 1 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
(2) Jeder Wähler hat zwei Stimmen, eine Erststimme für die Wahl eines Wahlkreisabgeordneten, eine Zweitstimme für die Wahl einer Landesliste. Soweit eine Sperrklausel vorhanden ist, haben die Wahlberechtigten zudem bei der Wahl der Landesliste eine Ersatzstimme.
2. Abschnitt 1 § 3 wird wie folgt geändert:
§ 3 Wahl der Abgeordneten nach den Landeslisten
(1) Bei der Verteilung der Sitze auf die Landeslisten werden nur Parteien, politische Vereinigungen und Listenvereinigungen berücksichtigt, die mindestens fünf vom Hundert der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen und Ersatzstimmen erhalten oder mindestens in einem Wahlkreis einen Sitz errungen haben. Die Bestimmungen über die Sperrklausel nach Satz 1 finden auf die von Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen der Sorben/Wenden eingereichten Landeslisten keine Anwendung. Ob eine Landesliste von Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen eine Landesliste der Sorben/Wenden ist, entscheidet der Landeswahlausschuss auf Vorschlag des Präsidiums des Landtages nach Anhörung des Rates für Angelegenheiten der Sorben/Wenden nach § 5 des Sorben/Wenden-Gesetzes.
(2) Für die Verteilung der nach Landeslisten zu besetzenden Sitze werden die für jede Landesliste abgegebenen gültigen Zweitstimmen und Ersatzstimmen zusammengezählt. Nicht berücksichtigt werden dabei die Zweitstimmen und Ersatzstimmen derjenigen Wähler, die ihre Erststimme für einen im Wahlkreis erfolgreichen Bewerber abgegeben haben, der nach § 24 als Einzelbewerber oder von einer Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung vorgeschlagen ist, für die keine Landesliste zugelassen ist. Von der Gesamtzahl der nach § 1 Abs. 1 Satz 1 zu wählenden Abgeordneten wird die Zahl der erfolgreichen Wahlkreisbewerber abgezogen, die in Satz 2 genannt sind.
(3) Hat eine Partei landesweit weniger als zur Überwindung der Sperrklausel notwendigen Stimmen erhalten und auch durch Ersatzstimmen die Sperrklausel nicht überschritten und keine direkt gewählten Abgeordneten aus den Wahlkreisen, dann werden alle für diese Partei abgegebenen Stimmen gestrichen und jeweils an die Partei übertragen, die die Wähler dieser Partei als Ersatzstimme angegeben haben. Die Streichung der Parteien und Verteilung der Ersatzstimmen beginnt bei der Partei mit den landesweit wenigsten Zweitstimmen und setzt sich mit der nächststärkeren Partei inklusive der bis dahin vergebenen Ersatzstimmen fort. Bei Stimmengleichstand entscheidet das Los. Eine gestrichene Partei kann keine Ersatzstimmen mehr erhalten. Hat ein Wähler keine Ersatzstimme angegeben, wurde diese an eine bereits gestrichene Partei vergeben oder wurde die Ersatzstimme an eine nachfolgend gestrichene Partei verteilt, dann verfällt die Stimme, die dieser für eine gestrichene Partei abgegeben hat. Die Streichung endet, wenn alle Parteien gestrichen sind, die auch mit Ersatzstimmen die Sperrklausel nicht überwunden und keinen direkt gewählten Abgeordneten aus den Wahlkreisen haben. Die Zahl der für die Landeslisten der Parteien abgegebenen gültigen Stimmen nach Absatz 2 ist neu zu ermitteln. Im amtlichen Wahlergebnis wird sowohl die Stimmenverteilung vor als auch nach Verteilung und Auszählung der Ersatzstimme angegeben.
(4) Die nach Absatz 2 Satz 3 verbleibenden Sitze werden auf die Landeslisten auf der Grundlage der zu berücksichtigenden Zweitstimmen und Ersatzstimmen verteilt. Dabei wird die Gesamtzahl der verbleibenden Sitze mit der Zahl der Zweit- und Ersatzstimmen vervielfacht, die eine Landesliste erhalten hat, und durch die Gesamtzahl der Zweit- und Ersatzstimmen aller zu berücksichtigenden Landeslisten geteilt. Jede Landesliste erhält zunächst so viele Sitze, wie ganze Zahlen auf sie entfallen. Die restlichen zu vergebenden Sitze sind den Landeslisten in der Reihenfolge der höchsten Zahlenbruchteile, die sich bei der Berechnung nach Satz 2 ergeben, zuzuteilen. Bei gleichen Zahlenbruchteilen entscheidet das vom Landeswahlleiter zu ziehende Los.
(5) Erhält bei der Verteilung der Sitze nach Absatz 4 eine Landesliste, auf die mehr als die Hälfte der Gesamtzahl der Zweit- und Ersatzstimmen aller zu berücksichtigenden Landeslisten entfallen ist, nicht mehr als die Hälfte der zu vergebenden Sitze, wird ihr von den nach Zahlenbruchteilen zu vergebenden Sitzen, abweichend von Absatz 4 Satz 4 und 5, zunächst ein weiterer Sitz zugeteilt. Danach zu vergebende Sitze werden nach Absatz 4 Satz 4 und 5 zugeteilt.
(6) Von der für jede Landesliste ermittelten Abgeordnetenzahl wird die Zahl der von der Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung in den Wahlkreisen des Landes errungenen Sitze abgerechnet. Die restlichen Sitze werden aus der Landesliste in der dort festgelegten Reihenfolge besetzt. Bewerber, die in einem Wahlkreis gewählt sind, bleiben auf der Landesliste unberücksichtigt. Entfallen auf eine Landesliste mehr Sitze als Bewerber benannt sind, so bleiben diese Sitze unbesetzt.
(7) In den Wahlkreisen errungene Sitze verbleiben einer Partei, politischen Vereinigung oder Listenvereinigung auch dann, wenn sie die nach den Absätzen 4 und 5 ermittelte Zahl von Sitzen übersteigen (Überhangmandate). Die Gesamtzahl der Abgeordnetensitze erhöht sich in diesem Fall um die Anzahl der Überhangmandate.
(8) Haben Parteien, politische Vereinigungen und Listenvereinigungen Überhangmandate errungen, wird die Gesamtzahl der Abgeordneten über Absatz 7 hinaus für einen Verhältnisausgleich, höchstens jedoch bis zur Zahl 110 erhöht.
(9) Die erhöhte Gesamtzahl der Abgeordneten ergibt sich, indem jeweils die Zahl der in den Wahlkreisen errungenen Sitze der Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen, die Überhangmandate errungen haben, durch die Zahl ihrer Zweit- und Ersatzstimmen im Wahlgebiet geteilt und mit der Gesamtzahl aller zu berücksichtigenden Zweit- und Ersatzstimmen im Wahlgebiet multipliziert wird; Zahlenbruchteile unter 0,5 werden auf die darunter liegende ganze Zahl, ab 0,5 auf die darüber liegende ganze Zahl gerundet. Der dabei ermittelte höchste Wert ist den weiteren Berechnungen zugrunde zu legen, soweit er nicht die Zahl 110 übersteigt. Die so ermittelte Gesamtzahl der Abgeordneten wird erneut nach den Absätzen 4 bis 7 verteilt.
(10) Übersteigt die nach Absatz 9 ermittelte Gesamtzahl der Abgeordneten die Zahl 110, so beträgt die erhöhte Gesamtzahl der Abgeordneten 110. Ergibt die Berechnung nach Absatz 9 Satz 1 bei Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen einen Wert von über 110, so verbleiben diesen Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen die nach den Absätzen 4 bis 7 errungenen Sitze einschließlich der Überhangmandate. Zur Verteilung der verbleibenden Sitze auf die übrigen zu berücksichtigenden Parteien, politischen Vereinigungen oder Listenvereinigungen wird das Verfahren der mathematischen Proportion (Hare-Niemeyer) angewendet.
(11) Ergibt sich bei der Zuteilung des letzten Sitzes in den Berechnungsverfahren nach den Absätzen 9 und 10 der gleiche Zahlenbruchteil, so entscheidet das vom Landeswahlleiter zu ziehende Los.
(12) Für den Fall, dass Parteien, politische Vereinigungen oder Listenvereinigungen ausschließlich bis zu zwei Sitze nach Absatz 7 erreicht haben, findet ein Verhältnisausgleich nach Absatz 8 nicht statt.
1. Abschnitt 4 § 36 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
§ 36 Stimmabgabe
(2) Der Wähler gibt
1. seine Erststimme in der Weise ab, dass er durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder auf andere Weise eindeutig kenntlich macht, welchem Bewerber sie gelten soll,
2. seine Zweitstimme in der Weise ab, dass er durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder auf andere Weise eindeutig kenntlich macht, welcher Landesliste sie gelten soll,
3. seine Ersatzstimme in der Weise ab, dass er durch ein auf den Stimmzettel gesetztes Kreuz oder auf andere Weise eindeutig kenntlich macht, welcher Landesliste sie gelten soll.
1. Abschnitt 4 § 37 wird wie folgt geändert:
§ 37 Ungültige Stimmen, Zurückweisung von Wahlbriefen, Auslegungsregeln
(1) Ungültig sind Stimmen, wenn der Stimmzettel
1. nicht amtlich hergestellt oder für einen anderen Wahlkreis gültig ist,
2. keine Kennzeichnung enthält,
3. den Willen des Wählers nicht zweifelsfrei erkennen lässt oder
4. einen Zusatz oder Vorbehalt enthält.
In den Fällen der Nummern 1 und 2 sind beide Stimmen ungültig.
(2) Enthält der Stimmzettel nur eine Stimmabgabe, so ist die nicht abgegebene Stimme ungültig.
(3) Wenn ein Wähler keine Zweitstimme, aber eine Ersatzstimme vergeben hat, dann erhält diese Landesliste die Zweitstimme.
(4) Wenn mehr als eine Ersatzstimme vergeben wurde, sind nur die Ersatzstimmen ungültig. Die Gültigkeit der Zweitstimme bleibt davon unberührt.
(5) Bei der Briefwahl sind Wahlbriefe zurückzuweisen, wenn
1. der Wahlbrief nicht rechtzeitig eingegangen ist,
2. der Wahlbriefumschlag keinen oder keinen gültigen Wahlschein enthält,
3. dem Wahlbriefumschlag kein Wahlumschlag beigefügt ist,
4. weder der Wahlbriefumschlag noch der Wahlumschlag verschlossen ist,
5. der Wahlbriefumschlag mehrere Wahlumschläge, aber nicht die gleiche Anzahl gültiger und mit der vorgeschriebenen Versicherung an Eides statt versehener Wahlscheine enthält,
6. der Wähler oder die Hilfsperson die vorgeschriebene Versicherung an Eides statt zur Briefwahl auf dem Wahlschein nicht unterschrieben hat,
7. kein amtlicher Wahlumschlag benutzt worden ist oder
8. ein Wahlumschlag benutzt worden ist, der offensichtlich in einer das Wahlgeheimnis gefährdeten Weise von den übrigen abweicht oder einen deutlich fühlbaren Gegenstand enthält.
Die Einsender zurückgewiesener Wahlbriefe werden nicht als Wähler gezählt; ihre Stimmen gelten als nicht abgegeben. Ein Grund für die Zurückweisung eines Wahlbriefes liegt nicht vor, wenn eine Person, die an der Briefwahl teilgenommen hat, vor dem oder am Wahltage verstorben ist, ihre Wohnung im Land aufgegeben oder sonst ihr Wahlrecht verloren hat.
5. Abschnitt 10 § 54 wird wie folgt geändert:
§ 54 Auszahlung staatlicher Mittel an Parteien
(1) Der Präsident des Landtages zahlt die staatlichen Mittel nach dem Parteiengesetz für die bei den Landtagswahlen erzielten gültigen Stimmen aus. Die Ersatzstimmen bleiben dabei unberücksichtigt.
(2) § 53 Absatz 2 und 4 gilt entsprechend.
Art. 2
Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung im Gesetz- und Verordnungsblatt für Brandenburg in Kraft."
Gerade kleinere Parteien sind durch unser Wahlrecht massiv benachteiligt. Sie müssen nicht nur die Parteieigenschaft nachweisen und einen hohen Aufwand betreiben, um Unterstützungsunterschriften zu sammeln, damit sie überhaupt an Wahlen teilnehmen können. Der letztendliche Genickbruch ist dann die sehr hohe 5%-Hürde. Häufig hört man im Wahlkampf den Satz: "Ich finde euch und eurer Programm ja gut, aber ich möchte meine Stimme nicht verschwenden." Eine selbsterfüllende Prophezeihung. Um dieser Problematik entgegenzutreten ohne die 5%-Hürde senken zu müssen, was aufgrund ihrer Verankerung in der Verfassung ohne eine breite Mehrheit der davon profitierenden Parteien kaum möglich ist, wäre eine Ersatzstimme in der oben genannten Form ein fairer Kompromiss. Sie würde kleinen Parteien auch ermöglichen zumindest die wichtige 1%-Hürde für die Parteienfinanzierung zu erreichen, um politische Arbeit wenigstens ein bisschen zu refinanzieren. Eine Ersatzstimme steigert den Anteil der Wählerstimmen, die im Parlament berücksichtigt werden und damit auch die Legitimität des Parlaments. Gerade die aktuelle Wahl im Saarland (27.3.2022) mit über 22% unberücksichtigter Stimmen sollte zu denken geben. Durch die Annahme dieses Positionspapier wäre eine Unterstützung eines eventuellen Volksbegehrens zu diesem Thema jederzeit möglich.