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WahleinspruchHVL: Unterschied zwischen den Versionen

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== Entwurf Bründung Zulassung der Berufung ==
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== Entwurf Begründung Zulassung der Berufung ==
  
  

Version vom 3. Juni 2015, 15:21 Uhr


Entwurf Begründung Zulassung der Berufung

Eine Berufung ist im Sinne des §124 VwGO zulässig, da 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 3. das Urteil in seiner Wirkung und Begründung der Entscheidung 2 BvK 01/07 des Bundesverfassungsgericht zu widerläuft, 4. das Verwaltungsgericht das verfassungsmäßige Gewicht der verletzten Grundrechte nicht gewürdigt hat.

Zur Begründung:

Das Verwaltungsgericht hätte die offensichtliche Verfassungswidrigkeit des Brandenburger Kommunalwahlgesetzes erkennen und einen entsprechenden Vorlagebeschluss zum Landesverfassungsgericht wegen Verstoß gegen Artikel 22 Abs.1 und Abs.3 Landesverfassung, sowie wegen Verstoß gegen den allgemeinen Wahlgrundsatz der Allgemeinheit und Gleichheit der Wahl, machen müssen. Alternativ wäre nur eine Vorlage zum Bundesverfassungsgericht wegen Verstoß gegen Art. 21 Abs.1 GG und Art. 28 Abs.1 GG denkbar.

zu 1.

  • Die Urteilsbegründung ist teilweise sachlich falsch. So behauptet das Verwaltungsgericht, dass die Klägerin die gesetzliche Vorgabe des § 28a Abs.2 BbgWahlG nach 30 Unterstützungsunterschriften je Wahlkreis unstreitig nicht erfüllt hat. Damit begibt sich das Verwaltungsgericht in Widerspruch zu dem im Urteil selbst zu Grunde gelegten Sachverhalt, denn dort heißt es korrekt: "Zudem wurden u.a. für die Wahlkreise 3 und 4 fristgerecht am 11. März 2014 jeweils 30 weitere Unterstützungsunterschriften, die im Rahmen von Straßensammlungen geleistet wurden, beim Kreiswahlleiter eingereicht. Für den Wahlkreis 1 wurden fristgerecht am 17. März 2014 30 im Rahmen von Straßensammlungen geleistete Unterschriften dem Kreiswahlleiter vorgelegt." Insofern das Verwaltungsgericht argumentiert, dass Unterstützungsunterschriften zur Sicherstellung der Ernsthaftigkeit eines Wahlvorschlages dienen, ist festzustellen, dass die Piratenpartei Havelland in den beklagten Wahlkreisen, auch im Sinne des § 28a Abs.2 BbgWahlG, ernsthafte Wahlvorschläge eingereicht hat. Darüber hinaus liefert die Tatsache, dass der dokumentierte Unterstützungswille in der Bevölkerung offensichtlich vorhanden ist, den Beweis dafür, dass der Gesetzgeber in der Ausgestaltung des § 28a Abs.4 BbgWahlG eine künstliche Hürde aufgebaut hat, welche im konkreten Fall einen ernsthaften und von der Bevölkerung unterstützen Wahlvorschlag verhindert hat.
  • Ernstliche Zweifel bestehen darüber hinaus an der pauschalen Feststellung des Verwaltungsgerichtes, dass technische Gründe für eine Einschrängung der formalen Gleichheit der Bürger und die Chancengleichheit aller Wahlvorschläge im gesamten Wahlverfahren sprechen. Das Verwaltungsgericht behauptet, ohne es näher darzulegen, dass bei unbeschränkter Zulassung auch kleinster Splittergruppen, die Wahlzettel völlig unübersichtlich und unhandlich und ihre Auswertung schwierig würde. Bei Kommunalwahlen reden wir über räumlich und von der Einwohnerzahl her stark beschränkte Wahlgebiete. Die Behauptung des Verwaltungsgerichtes lässt sich hinsichtlich der Gemeindevertretersammlungen und Ortsbeiräten nicht halten. Denn hinsichtlich der Städte und Landkreise ließe sich selbst mit einer gehöriger Portion Fantasie kaum ein Fall vorstellen, in dem dieses Argument tatsächlich greift. Europa- und Bundestagswahlen beweisen, dass Wahlzettel mit 30 verschiedenen Wahlvorschlägen technisch handhabbar sind und das zur Not hintendran noch hundert Einzelbewerber auf den Wahlzettel passen. Und selbst wenn eine Einschränkung des Gleichheitsgrundsatzes mit Blick auf eine Flut von Einzelbewerbern vorgenommen wird, ist unter Beachtung des Artikel 21 Abs.1 GG eine Zugangsbeschränkung hinsichtlich offiziell anerkannter Parteien weder notwendig noch zulässig.
  • Das Argument, dass das politische Gewicht eines Wahlvorschlages hinreichend bekannt sein müsse, läuft im konkreten Fall gleich doppelt ins Leere. Zum einen lagen, wenn auch teilweise unbeglaubigt, ausreichend Unterstützungsunterschriften vor, zum anderen hat die Piratenpartei Deutschland durch die Teilnahme an Bundestags-, Europa- und Landtagswahlen längst ihr politisches Gewicht, auch im Havelland, bewiesen. Der Stimmenanteil der Piratenpartei im Havelland bei jeder dieser Wahlen hätte ausgereicht mindestens ein Mandat im Kreistag zu erlangen.
  • Die weitere Argumentation des Verwaltungsgerichtes ist ebenfalls nicht tragfähig, denn das den Argumenten zu Grunde liegende Demokratieverständnis entspricht nur zum Teil den Grundsätzen einer freien und gleichen Wahl. So muss der Wähler nach Auffassung des Verwaltungsgericht vor sich selbst geschützt werden. Vermeintlich aussichtslose Wahlvorschläge dürfen gar nicht erst zur Wahl zugelassen werden, um das Stimmgewicht der einzelnen Stimme zu sichern. Hier verwechselt das Verwaltungsgericht das Stimmgewicht mit dem Erfolgswert einer Stimme, denn auch die Stimme für den aussichtslosesten Wahlvorschlag behält selbstverständlich ihr Stimmgewicht, selbst wenn sie die einzige ist, die auf einen Wahlvorschlag entfällt. Es ist das verfassungsmäßige Recht eines Bürgers die Partei oder Gruppierung zu wählen, von welcher er sich die beste Vertretung seiner Interessen verspricht. Die individuelle Entscheidung des Wählers muss weder von den anderen Wählern noch von den Behörden nachvollzogen werden können. Sie ist schlicht zu respektieren. Es gibt Bürger die ihre Stimme mit voller Absicht einem Wahlvorschlag geben wollen, der eigentlich chancenlos ist. Mitunter führt dies am Ende sogar zu einem Wahlerfolg, wie die Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiativen (PARTEI) zur Europawahl 2014 bewiesen hat, und das obwohl ihr erklärtes Wahlziel darin bestand, dass sich möglichst viele ihrer Kandidaten am System EU-Parlament persönlich bereichen können. Selbst Parteien, die über Jahrzehnte hinweg im 0,x% Bereich operieren, wie z.B. die MLPD, haben eine Stammwählerschaft, welche offensichtlich nach Auffassung des Verwaltungsgerichtes durch den Gesetzgeber bevormundet gehört. Abgesehen davon könnte man mit diesem Argument mehr oder weniger alle Wahlkreisvorschläge zu Landtags- und Bundestagswahlen untersagen, die nicht von SPD, CDU oder LINKE eingereicht werden. Der Wählerwille muss sich aus Sicht der Klägerin soweit wie irgendwie möglich frei herausbilden können. Niemand hat das Recht in diesen Prozess einzugreifen, solange keine gleichwertigen Rechtsgüter konkret in Gefahr geraten. Freie Wahlen oder doch eher gelenkte Demokratie, wie es unsere russischen Freunde nennen?
  • Und selbst wenn alle Argumente des Verwaltungsgerichtes vollumfänglich zuträfen, bleibt die Tatsache bestehen, dass die bereits im Landtag parlamentarisch Parteien auch dort keine Unterschriften brauchen, wo sie bislang nicht vertreten waren, bzw. angetreten sind und vom Wähler nicht gewählt wurden. Es gibt Ortsteile und Amtsgemeinden wo selbst die SPD, CDU und Linke gar nicht erst antreten oder mit 2% nach Hause geschickt werden. Trotzdem dürfen sie dort bei der nächsten Wahl wieder antreten, ohne das durch Nachweis von amtlichen Unterstützungsunterschriften die Vermutung abgeleitet werden muss, dass "hinter dem Wahlvorschlag eine mit Blick auf die _konkrete_ Wahl eine politisch ernstzunehmende Gruppe steht", oder das "ihr Wahlvorschlag mit den ernstlichen Absichten ihrer Wählergruppe übereinstimmt." Wenn die SPD bei Kommunalwahlen in einem Wahlgebiet zum _ersten_ Mal antritt, darf sie dass ohne amtlich beglaubigte Unterstützungsunterschriften tun. Mit welcher sachlichen Begründung?
  • Hinsichtlich der Höhe des Quorums bleibt festzustellen, dass alles eine Frage des Blickwinkels ist. Das Verwaltungsgericht spricht abstrakt von 1/1000 der Wahlberechtigten. Was im konkreten Fall der Piratenpartei Havelland bezogen auf die Erfolgsschwelle der Wahlvorschläge bei der Kreistagswahl bedeutet, dass sich 20% der für ein Mandat notwendigen Wähler vorab mit Personalausweis als Unterstützer einer Partei amtlich registrieren lassen müssen. In Worten: zwanzig Prozent. Letzter zugeteiler Sitz ca. 1800 Stimmen, was einem Stimmgeweicht von 600 Wählern entspricht. 120 beglaubigte Unterstützunterschriften wurden mindestens benötigt, um flächendeckend im gesamten Landkreis antreten zu können. Zum Vergleich: Landtagswahl Kreiswahlvorschlag 100 Unterstützer bei einer Erfolgsschwelle von ca. 10.000 Wählern (1%); Bundestagswahl Kreiswahlvorschlag 200 Unterstützer bei einer Erfolgsschwelle von ca. 40.000 Wählern (0,5%). Und diese Unterschriften müssen nicht beglaubigt sein. Gemessen an dem für einen Wahlerfolg notwendigen Wählern liegt das Quorum bei Kommunalwahlen 20-fach über dem bei Landtagswahlen und 40-fach über dem bei Bundestagswahlen. Verrechnet man den höheren Aufwand für das Erlangen einer beglaubigten Unterschrift im Vergleich zu einer frei gesammelten Unterschrift konservativ mit dem Faktor 10, ergibt sich bei Kommunalwahlen eine Zulassungshürde, die 20000% über der bei Landtagswahlen und 40000% über der bei Bundestagswahlen liegt. So sieht die Praxis aus und es erklärt sich warum wir die einen Hürden als Partei schaffen und die anderen Hürden oftmals reißen.
  • Hinsichtlich des Hauptklagepunktes nach der Unverhältnismäßigkeit, und damit Verfassungswidrigkeit, der amtlichen Unterschriftsleistung rühren ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils an den größtenteils falschen Behauptungen, die zur Legitimation des §28a Abs.4 BbgKWahlG herangezogen werden. Ziel der Vorschrift sei es, "auszuschließen, dass Unterschriften z.B. aus Gefälligkeit, also ohne ernsthaften Unterstützungswillen, abgegeben werden." Aus Gefälligkeit wird selbstverständlich auch auf den Ämtern unterschrieben, nur ist die Gefälligkeit hier bereits größer. "Ferner sollen Unterschriften von Personen ausgeschlossen werden, die sich über die Bedeutung und den Zweck ihrer Unterschrift nicht im klaren sind." Staatsbürgerkundeprüfung? Natürlich können die lokalen Verwaltungsmitarbeiter auch kleine Aufgaben zur Überprüfung der Ernsthaftigkeit des Unterstützungswillens stellen. Nur wer es sich wirklich nicht ausreden lässt, ist ein ernsthafter Unterstützer und darf unterschreiben. #sarkasmus off

Ebenso kann ein Unterstützer durch Bedrohung, Bestechung, Überredung etc. dazu gebracht werden die amtliche Unterstützungunterschrift zu leisten. 100€ pro Wahlberechtigten sollten binnen 1-2 Stunden die benötigten amtlichen Unterschriften zusammenbringen. Manipulationen an den amtlichen Listen sind technisch ebenfalls problemlos möglich, weil sie den Wahlvorschlagsträgern übergeben werden, da diese sie beim Wahlleiter einreichen müssen. Die Wahlberechtigung kann bei unbeglaubigten Listen nachträglich durch den Wahlleiter geprüft werden, wie er es z.B. bei Listen, welche von einem Notar eingereicht würden, auch tun müsste. Spätestens in der Summe begründen diese Scheinargumente ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Der Nutzen einer Vorschrift, welche sicherstellt, dass die Unterschrift tatsächlich vom jeweiligen Unterstützer stammt, ist weit geringer, als der Schaden den diese Vorschrift an unserer Demokratie anrichtet. Menschen wollen sich im Rahmen der kommunalen Selbstverwaltung engagieren. Wer möchte sie mit welchem Recht dabei behindern?

  • Die Behauptung des Verwaltungsgerichtes die von uns frei gesammelten Unterschriften entsprächen inhaltlich nicht den bei den Wahlbehörden hinterlegten Listen, wird von der Klägerin als sachlich falsch zurückgewiesen. Die von den Unterstützern erhobenen Daten sind deckungsgleich mit denen der amtlichen Vordrucke des Kreiswahlleiters. Wahl, Wahlkreis und Wahlvorschlagsträger sind eindeutig und zweifelsfrei genannt. Worin der angebliche inhaltliche Mangel bestehen soll, sagt das Verwaltungsgericht nicht.


zu 2.

  • Die Stärke der Demokratie ist ihre Fähigkeit sich von innen heraus zu erneuern. Das Bewerber und Parteien, welche bereits parlamentarisch Vertreten sind, im Brandenburger Kommunalwahlgesetz priviligiert werden ist offensichtlich. Ein Kartell der Macht versucht das entstehen von Alternativen an der politischen Basis unserer Gesellschaft, den Städten und Kommunen, zu behindern. Die Zustimmung zu den Altparteien insgesamt sinkt. Die Wahlbeteilung sinkt. Kein Gesetz, welches Parteien, Initiativen und Einzelpersonen die vor Ort Verwantwortung übernehmen wollen, behindert, sollte vor unserer Verfassung bestehen können. Die formale Verletzung eines Wahlgrundsatzes ist immer eine Angelegenheit von grundsetzlicher Bedeutung, welcher inhaltlich Anspruch auf rechtliche Überprüfung hat. "Ebenso hat jeder Richter das in einem Rechtsstreit erhebliche Landeswahlrecht auf seine Übereinstimmung mit den fünf Wahlrechtsgrundsätzen des Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG zu überprüfen und das Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen, wenn er der Auffassung ist, es entspreche diesen Grundsätzen nicht. Dabei handelt es sich sowohl bei der abstrakten als auch bei der konkreten Normenkontrolle um Verfahren, in denen allein zu klären ist, ob der Gesetzgeber den objektivrechtlichen Vorgaben der Verfassung genügt hat." - 2 BvR 1953/95 Ziffer 59
  • Die formalen Unterschiede im Wahlgesetz stehen im unstreitigen Widerspruch zum Wahlgrundsatz der Gleichheit der Wahl und dessen objektivrechtlichen Vorgaben. Argumente welche auf die Handlichkeit von Wahlzetteln zielen oder der Wunsch den Wähler vor seiner eigenen Entscheidung beschützen zu wollen, sind außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit im Vergleich zu den angegriffenen Grundrechten. Und das es keinen hinreichenden Grund gibt die Handlungsfähigkeit in Gefahr zu sehen, hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zu 2 BvK 01/07 deutlich gemacht.


zu 3.

  • Mit dem vom Verwaltungsgericht in der Urteilsbegründung erwähnten, und somit dem Gericht bekannten, Urteil 2 BvK 01/07 des Bundesverfassungsgerichts wird der Eingriff von Sperrklauseln bei Kommunalwahlen als verfassungswidrig abgeurteilt, da die Funktionsfähigkeit der kommunalen Selbstverwaltung durch ihre Struktur mit direkt vom Volk gewählten Landräten und Bürgermeistern gesichert ist, und die Vertretungen nur begrenzte Befugnisse haben und darüber hinaus einer Rechtsaufsicht unterliegen. Solange es keine mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartende Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit der kommunalen Vertretungsorgane gibt, hat der Gesetzgeber analog des Leitsatzes aus 2 BvK 01/07 kein Recht dazu einzugreifen. Es ist zu bezweifeln, dass selbst ein Dutzend unernster oder nicht nachhaltiger Wahlvorschläge zu solch einer Beeinträchtigung führen können, zumal diese Wahlvorschläge ja auch noch vor dem Wähler bestehen müssen.
  • Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichtes sollen Zulassungshürden auch erfolgversprechende Wahlvorschläge verhindern. Nachdem die Sperrklauseln bei Kommunalwahlen vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurden, sollen jetzt andere Hürden diese Aufgabe übernehmen, womit wieder genau solche Wahlvorschläge getroffen werden, denen das Bundesverfassungsgericht gerade bescheinigt hatte, dass ihr verstärkter Einzug in die Vertretungen durch den Wegfall der 5%-Sperrklausel keine entscheidene Beineinträchtigung der Funktionsfähigkeit der Vertretungsorgane erwarten lässt. Zulassungshürden greifen dem Wählerwillen vor und sind spätestens im Falle erfolgversprechender Wahlvorschläge, wie vorliegend, unzulässig.



zu 4.

  • Nach 2 BvK 01/07 Ziffer 95 sichert der Grundsatz der Gleichheit der Wahl "die vom Demokratieprinzip vorrausgesetze Egalität der Staatsbürger. Die Gleichbehandlung aller Staatsbürger bei der Ausübung des Wahlrechts ist eine der wesentlichen Grundlagen der Staatsordnung". Das im Falle des BbgKWahlG ausnahmsweise von diesem Grundsatz der Gleichheit aller Bürger vor dem Gesetz abgewichen wird ist offensichtlich, denn ein Bürger bekommt formal bei der SPD einen anderen Zugang zu Wahlen und Mandaten, als in der Piratenpartei oder als Einzelbewerber. Aufgrund dieser Grundrechtsverletzung hat die Klägerin die Wahl angefochten. Das Verwaltungsgericht erwähnt weder ausdrücklich das im Artikel 22 Landesverfassung Brandenburg verbriefte Recht der Bürger auf Teilnahme an Wahlen, noch das in Artikel 21 GG festgeschriebene Privileg der Parteien an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken und auch nicht die demokratische Verpflichtung auf ein neutrales Wahlverfahren. Hätte das Gericht die verletzten Grundrechte - den Eingriff in die an sich demokratische Staatsordnung - sachgerecht gewürdig und die Gründe für das Eingreifen konkret gegenübergestellt, hätte es auch die Unbilligkeit seiner eigenen Argumentation erkannt. Das Verwaltungsgericht hat der Klägerin die Prüfung ihres zentralen Klagepunktes verweigert.
  • Auf die beklagte Verletzung des Artikel 12 Abs.1 der Landesverfassung Brandenburg geht das Verwaltungsgericht nicht ein.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich. Jede Willkür und jede sachwidrige Ungleichbehandlung ist der öffentlichen Gewalt untersagt. Die Klägerin hat im Verfahren deutlich gemacht, dass Menschen, welche für die PIRATEN kandidieren, formal anders durch das Brandenburger Kommunalwahlgesetz behandelt werden, als Menschen, welche für die SPD kandidieren. Die Klägerin sieht darin die Willkür und den Machtmissbrauch, der an diesem Beschluss mitwirkenden Parteien, welche sich selbst unlautere Vorteile im politischen Wettkampf beschaffen. Auf Kosten der Demokratie!

  • Der Landesgesetzgeber behandelt Landtags- und Kommunalwahlen sachwidrig ungleich, wenn er den Zugang zu Kommunalwahlen schwieriger gestaltet als zu Landtagswahlen. Der Landtag hat im Gegensatz zu kommunalen Vertretungen Gesetzgebungskompetenz und muss eine Regierung wählen. Landkreise und kreisfreie Städte haben Hauptamtliche, direkt vom Volk gewählte Verwaltungsleiter, die auch ohne funktionsfähigen Kreistag handlungsfähig bleiben. Die Klägerin sieht gerade in den kommunalen Vertretungen vor Ort die konkrete Chance lokale Alternativen zu entwickeln und umzusetzen. Und vielleicht erwächst aus diesen vielen lokalen Gruppen irgendwann soetwas wie eine neue staatspolitische Verantwortung. Bei der Zulassung zur Wahlen von Gesetzgebungsorganen können eher strengere Maßstäbe angelegt werden als bei Wahlen zu kommunalen Vertretungen. Es geht um kommunale Selbstverwaltung! Warum sollten da Menschen mit Parteibuch Vorteile haben?